Winterberg. Für Niederländer ist Winterberg Urlaubsziel Nummer eins. Dass das Land Hochrisikogebiet ist, macht die Lage nun kompliziert – für beide Seiten.

Endlich. Die Skitouristen in Winterberg können aufatmen. Seit Mittwochmorgen liegt wieder Naturschnee in dem Wintersportort im Sauerland. Die Parkplätze vor den Skiliften sind voll. Wohin das Augen reicht, stechen besonders die gelben Autokennzeichen hervor. Trotz der grassierenden Corona-Pandemie und Lockdown in Holland - die niederländischen Besucher sind fast genau so zahlreich da wie in den vergangenen Vor-Corona-Jahren auch. Für die lokalen Behörden, Hoteliers, Einzelhändler und Gastronomen ist das einerseits erfreulich, andererseits machen die vielen ausländischen Touristen einigen Winterbergern auch Sorgen.

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Schließlich steigen in den Niederlanden trotz eines harten Lockdowns die Infektionszahlen wieder an. So gab es in den vergangenen sieben Tagen etwa 35 Prozent mehr positive Testergebnisse, ließ das zuständige Gesundheitsinstitut verlauten. Als Grund nennen die Experten die sich schnell verbreitende Omikron-Variante. Stand 5. Januar liegt die Sieben-Tage-Inzidenz dort bei 664,1 Neuinfektionen. Zum Vergleich: In Deutschland sind es aktuell 258,6 Fälle und im HSK 161.

Beherbergungsverbot für Ungeimpfte

Die Winterberger Touristik und Wirtschaft machte am Neujahrstag gegenüber den Tourismusunternehmen in ihrem Newsletter eindeutige Angaben: „Die Einreiseregeln des Bundes lassen in Kombination mit den Coronaregeln des Landes NRW eine Beherbergung von nicht geimpften oder genesenen Personen aus Hochrisikogebieten nicht zu. Insofern besteht hier ein spezielles Beherbergungsverbot.“ Und weiter: „Für die Beherbergung gelten in NRW besondere Regeln. Es gilt aktuell ein touristisches Beherbergungsverbot für Menschen, die nicht geimpft oder genesen sind.

Die 2G-Regel gilt in allen Skigebieten rund um Winterberg.
Die 2G-Regel gilt in allen Skigebieten rund um Winterberg. © Rita Maurer | Rita Maurer

Personen, die erst in eine Quarantäne gehen müssen, erfüllen diese Voraussetzungen nicht. Damit ist es aktuell nicht möglich, Personen zum Beispiel aus den Niederlanden oder Belgien zu beherbergen, wenn diese nicht geimpft oder genesen sind. Die Quarantäne kann in der Beherbergung nicht erfolgen. Das gilt für nicht immunisierte Personen jeden Alters. Die Corona-Einreiseverordnung des Bundes sieht diesbezüglich keine Ausnahmen vor.“

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Online-Registrierung ist vorgeschrieben

Dabei ist aber zwingend vorgeschrieben, dass alle Einreisende sich online mit ihren Daten und Impfnachweisen bei den Behörden registrieren lassen. Diese Daten werden dann an die zuständigen Gesundheitsbehörden weitergegeben. So in der Theorie.

Doch viele Anmeldungen scheint das Gesundheitsamt des Hochsauerlandkreises nicht zu erreichen, berichtet dessen Sprecher Martin Reuter auf WP-Anfrage. „Bei uns sind bisher nur wenige Registrierungen von Niederländern eingegangen“, sagt Reuter, ohne genaue Zahlen zu nennen. Dem nachzugehen sei aber nur schwer machbar. „Wenn die Leute sich nicht anmelden, kann man das auch nicht kontrollieren“, so Reuter.

Was laut der Verordnung des Bundes auch keine Pflicht ist. Denn dort heißt es wortwörtlich unter dem Punkt E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung: „Durch diese Verordnung werden den Gesundheitsämtern und den sonstigen zuständigen Behörden keine Verpflichtungen auferlegt. Die Verordnung dient vielmehr der Verwaltungserleichterung und Entlastung der Gesundheitsämter und der sonstigen zuständigen Behörden.“

Kein Datenzugriff für Winterberg

Das bedeutet, dass die von den holländischen Gästen einzureichenden Einreisedaten beim Gesundheitsamt des HSK landet, aber die Stadt Winterberg vom Status der Einreisenden keinerlei Kenntnis hat. Das Ordnungsamt führe aber stichprobenartig Kontrollen nach der Coronaschutzverordnung des Landes NRW beispielsweise in Übernachtungs- und Freizeitbetrieben durch, sagt die Pressesprecherin der Stadt Winterberg, Rabea Kappen. Man würde sich aber bezüglich des Datenabgleichs der Touristen klarerer Regelungen wünschen, so die Pressesprecherin.

Außerdem gebe es vereinzelt Hinweise von Bürgern, denen die Stadt beziehungsweise die Polizei dann auch unmittelbar nachginge. „Grundsätzlich sind unsere ausländischen Gäste dankbar für die Möglichkeit, ein paar Urlaubstage in Deutschland verbringen zu können. Auf die Maskenpflicht im Einzelhandel müssen sie allerdings häufiger hingewiesen werden“, sagt Kappen.

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Die Corona-Maske öfter mal unter der Nase und dem Kinn

Das kann auch der Leiter des Rewe-Marktes in der Poststraße in Winterberg, Songzhan Han, bestätigen. Natürlich freue er sich über jeden Kunden. Winterberg habe schließlich besonders im vergangenen Lockdown gelitten. Doch einige holländische Gäste würden sich teilweise nicht an die Maskenpflicht halten und den Schutz nicht korrekt tragen. Da würde die Coronamaske öfters mal unter der Nase oder dem Kinn hängen. „Wir machen die dann sofort darauf aufmerksam. Trotzdem ziehen einige die dann im nächsten Gang einfach wieder runter“, sagt er. Außerdem finde er es auch ein wenig „skurril“, dass in den Niederlanden ein Lockdown herrsche, es aber für die Holländer augenscheinlich ohne große Einschränkungen möglich sei in großer Zahl nach Winterberg zu reisen.

Die Mehrheit hält sich an die Regeln, aber...

Und auch der Besitzer des „The Blackwater Irish Pub“ in Winterberg, Dan Corcoran, hat in den vergangenen Wochen ein paar schlechte Erfahrungen mit holländischen Gästen gemacht. Natürlich sei es sehr gut, dass die Holländer da seien. Die Mehrheit sei auch freundlich und halte sich an die Regeln. Trotzdem fielen bei ihm besonders junge Niederländer negativ auf. „Die Leute trinken aktuell mehr als sonst“, sagt Corcoran, der mittlerweile Sicherheitsleute an seiner Tür postiert habe. „Ich verstehe ja, dass die feiern wollen. Die müssen sich aber an die Regeln halten“, sagt er. Seine Toleranzgrenze sei mittlerweile auch sehr niedrig. Eine Verwarnung stehe Jedem zu. Bei der Zweiten müsse der Gast das Lokal verlassen. „Ich habe bei der Situation momentan echt ein komisches Gefühl“, sagt er.

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Dagegen ist die Stimmung von Wendy, Michel und Pearl aus Den Haag bestens. Urlaub halt. Insgesamt seien sie zu sechst nach Winterberg gereist, sagt die 52-jährige Wendy, die ihren Nachnamen nicht veröffentlicht sehen will. Sie könne nicht verstehen, warum einige Winterberger sich um die aus dem Hochrisikogebiet kommenden Holländern Sorge mache.

Sie und ihre Mitreisenden hielten sich schließlich an alle Regeln, sie seien geimpft, getestet und hätten sich registriert. In den Niederlanden seien die Regeln aktuell einfach zu streng, sagt sie. „Außerdem ist der Schnee hier in Winterberg so schön. In Holland ist immer nur Regen.“