Hagen. Landräte aus der Region und Hagens OB sprechen sich mehrheitlich für eine Impfpflicht aus. Was sie jetzt von Bund und Ländern erwarten.

Das ist ziemlich eindeutig: Die politischen Spitzen der Landkreise in Südwestfalen sowie der größten Stadt der Region sprechen sich mehrheitlich für die Einführung einer Corona-Impfpflicht aus. Das ergab eine Umfrageder WESTFALENPOST bei den Landräten und beim Hagener Oberbürgermeister.

„Eine Impfpflicht ist unabdingbar. Es ist schon viel zu lange darüber geredet worden“, sagt etwa Karl Schneider (CDU), Landrat des Hochsauerlandkreises. „Das ist eine Pandemie der Ungeimpften.“

Appelle wenig erfolgreich

Die Impfung schütze in hohem Maße vor schweren Erkrankungen und damit die Krankenhäuser vor Überlastung, betont auch Theo Melcher (CDU; Kreis Olpe). „Wer sich nicht impfen lässt, verlangt von anderen ein Opfer“, sagt er. „Die ohnehin oft überlasteten Pflegekräfte müssen sich um diese Ungeimpften kümmern und diese nehmen zusätzlich anderweitig schwer Erkrankten oder Verunfallten das Intensivbett weg.“ Bisher seien weder Appelle noch 3G- und 2G-Maßnahmen bundesweit erfolgreich gewesen.

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Bemerkenswert: In einigen der ländlichen Kreisen der Region wie Olpe oder HSK liegt die Impfquote mit über 80 Prozent deutlich über dem Bundesdurchschnitt.

Hagens Oberbürgermeister mit uneingeschränktem Ja zur Impfpflicht

„Uneingeschränkt: Ja“, antwortet auch Hagens Oberbürgermeister Erik O. Schulz (parteilos) auf unsere Frage und versieht seine Aussage noch mit einem Ausrufezeichen. Eine Pflicht sei die einzige Chance, „dass nicht weiterhin abertausende Menschen dieser Pandemie zum Opfer fallen. Und weil wir damit am besten verhindern, dass es weitere Lockdowns, die Schließung von Kindergärten und Schulen oder die Absage von Veranstaltungen gibt. Kurz: Eine Rückkehr zu einer auch nur ansatzweisen Normalität kann es in meinen Augen nur geben, wenn möglichst alle Bürgerinnen und Bürger einen ausreichenden Impfschutz haben.“

Olaf Schade (SPD; Ennepe-Ruhr-Kreis) sagt: „Der Nutzen der Impfung zur Verringerung der Krankheitsfolgen ist belegt. Eine Überforderung des Gesundheitssystems trifft alle, nicht nur die Verweigerer.“

MK-Landrat Marco Voge zurückhaltend

Etwas zurückhaltender äußern sich Marco Voge (CDU; Märkischer Kreis und Andreas Müller (SPD; Siegen-Wittgenstein). „Grundsätzlich würde ich mir mutigere Entscheidungen wünschen, um eine höhere Impfquote zu erreichen“, sagte Voge. „Ob dieses durch schärfere Restriktionen, wie beispielsweise die nun auf den Weg gebrachten Zugangsbeschränkungen, oder durch andere Wege erreicht wird, ist zweitrangig.“ Das Wort Pflicht nimmt er nicht in den Mund.

Müller verweist auf Bund und Land: „Eine möglichst hohe Impfquote ist der einzige Weg raus aus der Pandemie. Ob eine Impfpflicht der richtige Weg ist, muss aber der Gesetzgeber entscheiden.“

Fast einstimmig fordern die befragten kommunalen Spitzenpolitiker klare Ansagen von Bund und Land. „Das Hin und Her, zum Beispiel Impfzentren zu, Impfzentren auf, Testen einstellen, Testen wieder einführen, bin ich jedenfalls leid“, kritisiert Melcher. Bundes- und Landesregierungen sollten schneller und zielgerichteter entscheiden und nicht erst, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist, fordert Schneider. Schulz wünscht sich „ein konsequentes Handeln jenseits politischen Taktierens“ und bundeseinheitliche Regelungen.

EN-Landrat fordert: „Landeskrisenstab einberufen“

Olaf Schade appelliert an Düsseldorf, endlich den Landeskrisenstab einzuberufen. Im Frühjahr seien an der Inzidenz orientierte Maßnahmenbündel zur Beschränkung von Kontakten eingeführt worden. „Auch wenn die damaligen Werte wegen der Impfungen nicht mehr angemessen sind, sollten verbindliche kreisbezogene Schwellenwerte festgelegt werden“, fordert er nun.

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„Unterschiedliche Äußerungen in kurzen Abständen“ hätten in der Vergangenheit zu einer Verunsicherung in der Bevölkerung geführt, kritisiert Voge. „Die Menschen wünschen sich transparente, nachvollziehbare und verständliche Entscheidungen.“

Aus dem Kreis Soest gibt es keine Reaktion: Landrätin Eva Irrgang sei derzeit nicht im Dienst.