Hagen. 2G/3G? Die Weihnachtsmärkte in Hagen und Dortmund öffnen mit Corona-Auflagen. Wie das klappt und wie die Soester Kirmes ohne Katastrophe endete.

Am Tag, an dem die Worte von RKI-Chef Lothar Wieler zur Corona-Lage („Die Prognosen sind superdüster“) diskutiert werden, drehen sich erstmals die Riesenräder und öffnen die Glühweinstände auf den Weihnachtsmärkten in Hagen und Dortmund. Ein Widerspruch? Ein Wahnsinn? Oder doch mit Auflagen vertretbar?

Für Karola Henschel ist es vertretbar. „Schmeckt super“, sagt sie, nachdem sie aus dem Becher Feuerzangenbowle einen Schluck getrunken hat. Mit ihren beiden Freundinnen hat sich die Hohenlimburgerin gleich am ersten Tag auf dem Hagener Weihnachtsmarkt getroffen. „Wir haben lange darauf gewartet.“

Die drei Frauen befürworten, dass der Weihnachtsmarkt trotz steigender­ Inzidenzen möglich ist, gerade für die Betreiber sei das wichtig. Für die geltenden Corona-Regeln haben sie aber ebenso absolutes Verständnis. „Die Regeln sind gut“, sagt Karola Henschel und hält ihr Armbändchen hoch, das sie am Stand erhalten hat. Denn ähnlich wie auf der Soester Allerheiligenkirmes werden auch in Hagen solche Armbänder benötigt, um zu zeigen, dass man geimpft, genesen oder getestet ist.

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Eben jene Soester Kirmes vom 3. bis 7. November war so etwas wie ein Feldversuch im Großformat für die Weihnachtsmärkte, die jetzt starten: 3G-Bedingungen (nur Geimpfte, Genesene oder Getestete zugelassen), mitten in der Stadt, mit Tausenden Besuchern – und ohne eine Umzäunung, mit der man den Einlass kontrollieren könnte.

Inzidenz in Soest ist nach der Kirmes nicht explodiert

Schaut man knapp zwei Wochen nach Ende der Kirmes auf die Zahlen, dann scheint der Feldversuch nicht in der Katastrophe geendet zu sein. Am 3. November lag die Sieben-Tage-Inzidenz der Neuinfektionen im Kreis Soest bei 85,4. 14 Tage später bei 126,6. Immerhin ein Plus von 41,2. Allerdings: im benachbarten Hochsauerlandkreis lag das Plus bei 42, im weiter entfernten Kreis Siegen-Wittgenstein bei 57,7 und in ganz NRW sogar bei 88. Ein Kirmes-Effekt ist zumindest nach diesen Zahlen nicht direkt nachweisbar. Und selbst NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst hat noch am Mittwoch im Landtag den Soester Kirmes-Plan als „kreatives Konzept“ gelobt, mit dem Großveranstaltungen möglich seien.

Wie hat das geklappt? Für Thorsten Bottin von der Stadt Soest spielen die Bändchen eine nicht unerhebliche Rolle. Ein solches hatte jeder Besucher bekommen, der von den je vierköpfigen Teams aus Ordnungsamt und privaten Sicherheitskräften auf Impf- oder Genesungsstatus beziehungsweise einen aktuellen Negativ-Corona-Test kontrolliert wurde. „Die waren total beliebt bei den Besuchern“, sagt Thorsten Bottin. „Viele wollten sie auch als Erinnerung an die Kirmes.“

In Soest werden nur wenige 3G-Sünder erwischt

Entsprechend hatten die Kontrollteams auch wenig Schwierigkeiten: „Von Auseinandersetzungen ist uns nichts bekannt.“ Und das bei immerhin rund 75.000 Bändchen, die bei Kontrollen und in den Schnelltest-Stationen auf dem Kirmesgelände verteilt wurden – jeweils farblich unterschiedlich für jeden Tag. „Wir hatten in diesem Jahr zwar nur etwa zwei Drittel der üblichen Besucher“, so Thorsten Bottin. „Aber immerhin 750.000 waren es. Bei etwa zehn Prozent haben wir also den Nachweis, dass sie die 3-G-Regel eingehalten haben.“

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Das sei eben mehr als nur eine kleine Stichprobe. Auch wenn man natürlich nicht garantieren könne, dass man alle „Sünder“ erwischt habe, die Quote unter den Kontrollierten sei gering gewesen: Gerade einmal fünf Verstöße gegen die 3-G-Regel, die mit Bußgelder geahndet werden mussten, wurden registriert. Bei 4400 Schnelltests wurden zudem zwei Positiv-Fälle erkannt.

250 Euro für Besucher werden bei Verstößen fällig

Die Bändchen-Verteilung in Hagen erfolgt nicht durch die Stadt, die auch nicht Organisatorin des Weihnachtsmarktes ist. Sie ist vielmehr aus Eigeninitiative der Betreiber erstanden, erklärt Alex Talash, Sprecher des Hagener Weihnachtsmarktes. „Die Betreiber haben sich da abgesprochen. Zum Beispiel am Stand der Feuerzangenbowle oder bei der Westfalenschänke erhalten die Besucher Kontrollbändchen, nachdem sie ihren Nachweis vorgezeigt haben.“ Das mache die Kontrolle deutlich einfacher. Bis jetzt gilt im Außenbereich des Marktes noch die 3G-Regel, sobald es jedoch konkrete Vorgaben vom Land für 2G (nur noch Geimpfte oder Genesene) gebe, sollen diese direkt umgesetzt werden. In den Sitz- und Innenbereichen der einzelnen Stände gilt auch schon jetzt 2G.

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Das werde am ersten Tag auch gut angenommen, erzählt Schaustellerin Helga Schapals. „Die Besucher zeigen sofort ihre Bändchen oder den Nachweis“, sagt die Betreiberin der Skihütte. Für die Kontrolle an den Buden seien die Aussteller zuständig, erklärt Talash. Auf dem Gelände hat außerdem das Ordnungsamt massive Kontrollen angekündigt. Wer sich nicht an die Regeln hält, der müsse mit empfindlichen Bußgeldern rechnen. 250 Euro werden für Gäste fällig, für Betreiber, die die Kontrollen nicht einhalten, 500 Euro.

Wie die Prüfung von 2G und 3G generell gehandhabt wird, das sei bei einer Mitgliederversammlung allen Beteiligten erklärt worden. Eine direkte Schulung, um zum Beispiel Impfnachweise auf die Gültigkeit zu prüfen, habe es allerdings nicht gegeben. „Das ist auch schwer zu erkennen, ob ein Ausweis gefälscht ist. Dafür sind wir auch nicht zuständig“, sagt Alex Talash.

>> INFO: Dortmund setzt von Beginn an auf 2G

  • Der ebenfalls seit Donnerstag laufende Dortmunder Weihnachtsmarkt setzt von Beginn an komplett auf 2G. Wer an einem Stand etwas ansehen, kaufen, essen oder trinken möchte, muss einen 2G-Nachweis erbringen und erhält im Anschluss ein fälschungssicheres Bändchen ums Handgelenk.
  • Wer keinen Nachweis erbringen kann, muss mit einem Bußgeld von 250 Euro rechnen.