Hagen. Warum der Filialist Thalia seine IT-Kompetenz jetzt auch dem inhabergeführten Buchhandel anbietet
Der Filialist Thalia mit Sitz in Hagen will zur führenden IT-Plattform für den Buchhandel im deutschsprachigen Raum werden. Das teilte Michael Busch, CEO und geschäftsführender Gesellschafter von Thalia, gestern mit. „Amazon ist kein Schicksal“, so Busch. „Wir bauen jetzt gemeinsam mit anderen die bessere Plattform.“ 470 Buchhandlungen sind bereits auf der Plattform vernetzt, Ende 2022 sollen es mindestens 500 Standorte sein. Die IT-Infrastruktur von Thalia nutzen nicht nur die insgesamt 69 Osiander-Buchhandlungen, sondern zum Beispiel neuerdings auch die Buchhandlungen Dreimann und Hachmann in Olpe. Michael Busch: „Unser Ziel ist, dass jeder Buchhändler die Möglichkeit hat, mit seinem Digitalgeschäft auf die Thalia-Plattform zu gehen. Im Land der Dichter und Denker wird es nicht passieren, dass internationale Händler nationale Buchhandels-Unternehmen plattmachen.“
E-Commerce steigt um 40 Prozent
Mit dem Ergebnis des Geschäftsjahres 2020/21 ist Michael Busch naturgemäß nicht zufrieden. Der Umsatz erhöhte sich zwar trotz Corona um 7 Prozent auf mehr als 1,1 Milliarden Euro und stieg vor allem beim E-Commerce auf rund 40 Prozent. Im stationären Geschäft jedoch sank der Umsatz pandemiebedingt um rund 16 Prozent. Thalia sei durch die „Zwangsschließungen unserer Buchhandlungen“ ein Schaden von rund 65 Millionen Euro entstanden. Davon wolle der Staat nur 18 Millionen Euro erstatten. „Das ist zu wenig. Ich sage halbe-halbe. Den Rest müssen wir über Kredite finanzieren.“
Einkaufen auf allen Vertriebs-Kanälen
Die Verzahnung von stationärem und digitalem Geschäft habe jedoch entscheidend dazu beigetragen, die Corona-Krise zu meistern, vor allem das Omni-Channel-Geschäftsmodell sei weiter vorangetrieben worden. „Die Kunden können sehr unkompliziert über alle Kanäle im Ökosystem Thalia wechseln.“
Der Marktanteil von Amazons E-Reader Kindle in Großbritannien beträgt 95 Prozent. Dem steht in Deutschland die Tolino-Allianz gegenüber, ein Zusammenschluss von Filialisten und inhabergeführten Buchhändlern, die das Lesegerät Tolino als Alternative zum Kindle entwickelt haben. Die Tolino-Allianz konnte ihren Marktanteil auf 44 Prozent ausbauen; „das zeigt, was für eine besondere unternehmerische Leistung die Tolino-Allianz ist, es sind über 2000 kleinere und mittlere Unternehmen dabei.“
Plattform Shop daheim
Das Thema Netzwerke und Bündnisse spiegelt ebenfalls die von Thalia initiierte Plattform Shop daheim, mit der kleineren und mittleren Händlern die Möglichkeit gegeben werden soll, im E-Commerce sichtbar zu werden. „Das ist ein wichtiger Bestandteil beim Wiederaufbau der Innenstädte“, so Busch.
Branchenübergreifende Netzwerke pflegt Thalia unter anderem mit dem neuen Engagement im Systemhandel. Damit kommen bis zu 3600 weitere Sortiments- und Aktionsflächen im Lebensmitteleinzelhandel zum Thalia-Portfolio hinzu. Beim Sortiment bestätigt sich der Siegeszug des Kinderbuchs auch in der Coronakrise. Zuwächse gibt es zudem bei der englischsprachigen Literatur und auf dem Spielwarensektor; Spielwaren machen inzwischen über 10 Prozent des Umsatzes aus.
Bei allen digitalen Netzwerk-Plänen bleibt die stationäre Präsenz für Thalia unverzichtbar. Michael Busch: „Die persönliche Beratung bleibt die wichtigste Kompetenz und die lokale Buchhandlung ist der Ort für Inspiration, Bildung und Kulturveranstaltungen.“