Kreuztal. Noch steht er hinter Laschets Jamaika-Plan, aber der NRW-Chef der JU, Johannes Winkel aus Kreuztal, fordert Konsequenzen aus dem Wahl-Debakel.

Wenn nur zehn Prozent der Erstwähler ihr Kreuz bei CDU oder CSU machen, dann schmerzt das einen Politiker in Nordrhein-Westfalen ganz besonders: den Vorsitzenden der Jungen Union. Johannes Winkel aus Kreuztal, 29 Jahre alt, hat in den vergangenen drei Tagen schon ziemlich oft erklärt, welche Fehler seine Partei im Bundestagswahlkampf gemacht hat. Es waren wohl eine Menge, jedenfalls „Fehler auf vielen Ebenen“, sagt er.

Dass der Parteitag wegen der Pandemie zweimal verschoben werden musste (erstens), dafür könne niemand etwas. Für den nervenaufreibenden Streit mit der CSU (zweitens) schon eher, für das sehr spät veröffentlichte Parteiprogramm (drittens) auf jeden Fall und für die Fehlzündung der Kampagne angesichts eines lange Zeit nicht feststehenden Spitzenkandidaten (viertens) sowieso. Das alles habe so viel Energie und Nerven gekostet, dass die Union schon angeschlagen in den Wahlkampf gegangen sei.

Landtagswahl steht nächstes Jahr an

„Diese Fehler dürfen wir in NRW auf keinen Fall wiederholen“, sagt Winkel. Wer Nachfolger von Armin Laschet als Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen werden soll, müsse deshalb „in den kommenden Tagen, also sehr deutlich vor dem Landesparteitag am 23. Oktober“ geklärt werden. Auf keinen Fall dürfe die CDU mit einer Kampfkandidatur in den Landesparteitag gehen. „Wir müssen uns auf die Landtagswahl im kommenden Jahr konzentrieren“, fordert der Siegerländer. Winkel spricht sich wie auch der CDU-Landesvorstand für Hendrik Wüst als kommenden Regierungschef aus.

Und dann wird er grundsätzlich: „Die Leute fragen doch völlig zurecht: Wofür steht diese Union inhaltlich eigentlich?“ Die „inhaltliche Entkernung“ hat Winkel schon kurz nach seinem Amtsantritt als JU-Chef vor zwei Jahren kritisiert; seitdem hat sich an seinem Befund nichts geändert. Er höre in diesen Tagen bei FDP und Grünen viel von „roten Linien“, „aber wo sind eigentlich die roten Linien der Union?“, fragt er.

Beispiel Verteidigungspolitik. Die Union sei die Partei der Bundeswehr gewesen, habe dieses Grundsatzthema dann aber lange vernachlässigt. Als das Thema dann wegen der Ereignisse in Afghanistan auf einen Schlag die Debatte bestimmt hat, „waren wir nicht gut vorbereitet. Wir dürfen nicht immer nur auf den Zug aufspringen, wenn Themen gerade angesagt zu sein scheinen, wir müssen vielmehr unsere Grundorientierungen ständig vermitteln“, fordert Winkel.

Besondere Verantwortung

Die Junge Union stehe dabei in einer besonderen Verantwortung, sagt Winkel. „Nach 16 Jahren asymmetrischer Demobilisierung und einer weitgehenden inhaltlichen Entkernung muss meine Generation die ganz grundsätzliche Frage beantworten: „Wofür steht diese Union?“

Noch stärkt der Chef des größten JU-Landesverbandes dem Parteivorsitzenden Armin Laschet öffentlich den Rücken. Er müsse die Möglichkeit bekommen, Sondierungsgespräche für eine Jamaika-Koalition zu führen. „In einer Dreierkonstellation ist mir eine Regierung lieber, die von zwei bürgerlichen Parteien geführt wird, als eine, an deren Spitze zwei linke Parteien stehen. Machterhalt muss aber einem Gestaltungswillen dienen und nicht zum Selbstzweck verkommen. Ein Jamaika-Koalitionsvertrag muss eine klare Handschrift der Union tragen.“