Hagen. Der Soester Nils Teichmann ist einer von 160 Wasser-Sommeliers in Deutschland. Welches Wasser zu welchen Menschen und zu welchem Essen passt.

Lediglich 160 zertifizierte Wasser-Sommeliers gibt es in Deutschland. Der Soester Nils Teichmann ist einer von ihnen. Der 28-Jährige, der hauptberuflich für einen Mineralbrunnen-Betrieb arbeitet, spricht über den Geschmack von Wasser und welches zu welchem Essen passt.

Herr Teichmann, wie ist das bei Ihnen zu Hause? Trinken Sie das Wasser aus dem Hahn oder kaufen Sie Mineralwasser?

Ich trinke zu Hause ausschließlich Mineralwasser aus der Flasche, weil ich dem Wasser aus der Leitung als Trinkwasser nicht hundertprozentig vertraue. Die Stadt stellt es in hoher Qualität zur Verfügung – aber eben nur bis zum Hausanschluss. Da ich nicht weiß, wie es in den Leitungen im Haus aussieht, könnte ich es nicht mit reinem Gewissen trinken. Nicht einmal, wenn ich in einem neueren Haus mit neueren Leitungen wohnen würde.

Würde es Ihnen denn schmecken?

Eher weniger. Hinzu kommt, dass die Werte des Leitungswassers an sich in Ordnung sind, aber beim Nitrat zum Beispiel erreicht das Soester Wasser exakt den Grenzwert. Das ist in ländlichen Gegenden, in denen viel Gülle auf die Felder kommt, keine Seltenheit. Das Nitrat landet früher oder später im Grundwasser und dann in den Leitungen. Das hat – im wahrsten Sinne – einen bitteren Beigeschmack.

Wo liegt der Unterschied zwischen Mineralwasser und Leitungswasser?

Mineralwasser ist ein unbehandeltes Naturprodukt aus einer regenerativen Tiefenquelle etwa 300 Meter unter der Erde. Nur Eisen darf ihm entzogen werden. Leitungs- und Tafelwasser sind chemisch aufbereitet, können zum Beispiel Medikamentenrückstände enthalten. Und: Dieses Wasser ist höchstwahrscheinlich bereits durch eine andere Harnröhre gelaufen.

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Worauf achten Sie beim Wasser?

Ich achte darauf, dass mein Wasser eine hohe Mineralisierung hat. Die drei wichtigsten Mineralien, auf die man beim Wasser wert legt, sind Kalzium, Magnesium und Natrium. Sie bestimmen auch über den Geschmack des Wassers. Magnesium ist ein echter Mehrwert für den Körper, für die Muskeln – und je mehr davon im Wasser enthalten ist, desto süßlicher wird es wahrgenommen.

Viel hilft viel?

Bei Natrium wäre ich vorsichtiger, dieses Mineral nimmt der Mensch schon sehr viel über die Nahrung auf, vor allem über Fleisch, von dem er zu viel isst. Deswegen würde ich eher zu natriumarmen Wasser raten. Ausnahme: Wenn man viel Sport treibt, dann schwitzt man viel davon wieder aus. Kalzium wiederum ist gut für den Knochenaufbau. Über das Wasser kann man dem Körper viel geben.

Auch über Leitungswasser?

Im Leitungswasser stecken die Mineralien in deutlich geringerem Maße.

Wie verkosten Sie Wasser?

Das sieht im Grunde ähnlich aus, wie man es vom Wein kennt: Man beginnt mit dem Aussehen. Kann man die Karbonisierung sehen und den Gehalt an Kohlensäure erkennen? Es gibt Wasser, das im Glas – ähnlich wie Wein – einen öligen Film hinterlässt. Auch der Geruch kann sich unterscheiden: Manche riechen leicht erdig.

Wie schmeckt man Unterschiede?

Die süße des Magnesiums kann zum Beispiel an der Zungenspitze ins Bittere kippen, Kalzium ein leicht trockenes Gefühl auf dem Zungenende Richtung Gaumen hinterlassen. Natrium ist für jeden am leichtesten herauszuschmecken, weil es salzig schmeckt.

Wenn ich Ihnen nun ein aufgesprudeltes Leitungswasser und ein Mineralwasser jeweils im Glas hinstelle: Erkennen Sie den Unterschied?

Ich denke ja. Zum Abschluss der Ausbildung haben wir genau das gemacht: Bei einer Blindverkostung hat man uns sechs neutrale Wasser hingestellt, die wir auf die sechs Etiketten verteilen sollten.

Welche Temperatur empfiehlt der Sommelier fürs Wasser?

Da hat jeder seine eigenen Vorlieben, aber um den Geschmack zu ergründen eignet sich Zimmer-Temperatur am besten.

Warum wird man Wasser-Sommelier?

Die Ausbildung im vergangenen Jahr hat mir das Naturprodukt Mineralwasser mit allen Sinnen näher gebracht. Zudem kann ich jetzt zum Beispiel Hotels und Restaurants bei der Zusammenstellung einer Wasser-Karte beraten und ihnen erklären welches Wasser zu welchen Speisen idealerweise gereicht wird.

Zum Beispiel?

Zu einem stark gewürzten Essen wie einem Wildragout würde ich zum Beispiel immer ein eher flaches, also neutrales Wasser reichen.

>> INFO 1: Wasser-Somelier

  • Die Ausbildung zum zertifizierten Wasser-Sommelier dauert zwei Wochen und kostet etwa 1500 Euro. Sie wird an der Doemens Academie in Gräfelfing absolviert.
  • Ein internationaler Berufsverband, die Wasser-Sommelier-Union, mit Mitgliedern aus mehr als 25 Ländern bietet Veranstaltungen und Weiterbildungsseminare.

>> INFO 2: Wasser ist nicht gleich Wasser

  • Natürliches Mineralwasser muss laut Verbraucherzentrale von ursprünglicher Reinheit sein. Es stammt aus unterirdischen, vor Verunreinigung geschützten Vorkommen. Abgefüllt wird direkt vor Ort. Mineralwasser zeichnet sich durch seinen typischen Gehalt an Mineralstoffen, Spurenelementen oder auch Kohlensäure aus.
  • Quellwasser stammt aus unterirdischen Quellen. Es muss nicht amtlich anerkannt werden und muss keine gleich bleibende Menge an Mineralstoffen enthalten. An Quellwasser werden nicht dieselben hohen Reinheitsanforderungen gestellt wie an Mineralwasser.
  • Tafelwasser ist meist ein aufbereitetes Trinkwasser, es kann mit Mineralstoffen und Kohlensäure versetzt werden. Im Gegensatz zu Heil-, Quell- und Mineralwasser darf es aus Zapfanlagen angeboten werden.
  • Heilwasser gilt als Arzneimittel und unterliegt dem Arzneimittelgesetz. Es muss durch Studien nachweisen, dass es aufgrund seiner natürlichen Zusammensetzung an Mineralstoffen vorbeugende, lindernde oder heilende Eigenschaften besitzt.