Marsberg. Das Land leitet Untersuchungen gegen einen Waldbesitzer ein, der einen alten Buchenbestand fällte. Warum der Marsberger sich im Recht fühlt.

Nach dem Kahlschlag eines mehr als einhundert Jahre alten Buchenwaldes in Schmallenberg untersucht die Landesforstbehörde nun erneut die Rodung eines großen Waldgebietes in Nordrhein-Westfalen. Auch dieses befindet sich in Südwestfalen: In Heddinghausen bei Marsberg hat ein privater Waldbesitzer nach Angaben des NRW-Umweltministeriums 28,1 Hektar Buchenwald gefällt. Einige Einschlagsflächen seien größer als zwei Hektar gewesen, womit die forstrechtlich zulässige Kahlschlaggröße überschritten worden sei, kritisiert die Behörde. Das Land hat ein Verfahren eingeleitet.

Zuletzt hatte ein großes Holzunternehmen aus dem Sauerland für Unmut unter Naturschützern gesorgt, weil es im Raum Schmallenberg auf etwa 30 Hektar Fläche einen einhundert Jahre alten Buchenwald gefällt hatte, um dort Fichten anzupflanzen. Diese Baumart gilt als nicht mehr klimafest. Zudem ordnet die Forstwissenschaft Hainsimsen-Buchenwälder als besonders schützenswert ein.

Forstbehörde leitet Untersuchung ein

„Naturschutz- und Forstbehörden sind in das Verfahren eingestiegen“, sagte Hubert Kaiser, Leiter der Landesforstbehörde, dieser Zeitung zur Rodung in Marsberg. Entscheidend sei dabei, ob noch von einer ordnungsgemäßen Forstwirtschaft ausgegangen werden könne. „Das ist wahrscheinlich nicht der Fall.“ Je nach Ausgang der Untersuchungen könnten auf den Waldbesitzer hohe Kosten zukommen.

Der Eigentümer des Waldstückes bei Marsberg kann die Vorwürfe nicht nachvollziehen. Die Buchen seien 140 bis 160 Jahre alt, sagte Alexander von Elverfeldt (62) dieser Zeitung. „Die wären bald von selber umgefallen. Ich habe sie geschlagen, um sie überhaupt noch nutzen zu können.“ 20 Prozent seiner Waldfläche stünden ohnehin unter Naturschutz oder seien FFH-Gebiet, dort könne er seinen Wald schon nicht mehr nach eigenen Vorstellungen nutzen. Zudem seien die Einschlagflächen nur minimal größer gewesen als zwei Hektar. Jetzt habe er auf lediglich fünf Prozent seines gesamten Waldbesitzes Fichte und Douglasie neu angepflanzt, weil diese Baumarten für die dortige Fläche besser geeignet seien als die Buche.

Forderung: Verbot von Kahlschlägen

Buchenwald-Experte Norbert Panek vom Verband Naturschutzinitiative (NI) fordert ein komplettes Verbot von Kahlschlägen per Gesetz unabhängig von der Flächengröße. Panek hat im Fall der Rodung in Schmallenberg sogar Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) angeschrieben, wartet aber seit mehr als zwei Monaten auf eine Reaktion.

Laschets Umweltministerium konnte keinen Verstoß feststellen, weil „der Waldbesitzer die Einschlagmaßnahmen der letzten Jahre zeitlich und örtlich so geplant und durchgeführt hat, dass er die forstgesetzlichen Spielräume der geltenden Kahlhiebsregelung durch Unterschreiten der maximal vorgesehenen Fläche von zwei Hektar (…) noch gewahrt hat“. Das sei skandalös, sagte Panek. Für ihn ist „die desaströse Kahlschlag-Forstpolitik in NRW (…) mitverantwortlich für die Schwere der kürzlichen Hochwasserkatastrophe“.

Landesforstchef Kaiser hält Gesetzesänderungen für schwierig: „Eine Verschärfung des Forstrechtes würde zehntausende Waldbesitzer treffen, die mit dem Holz ihren Lebensunterhalt bestreiten und die die geltenden Rechtsnormen beachten“, sagte er.

Land gibt Untersuchung zu Abholzung in Auftrag

Gleichwohl habe das Land eine Untersuchung in Auftrag gegeben, um zu ermitteln, ob es größere Einschlagmaßnahmen in alten Buchenwäldern gibt, oder ob es sich in Schmallenberg und Marsberg um Einzelfälle handelt. Der Landesbetrieb Wald und Holz habe Geldmittel erhalten, um entsprechende Satellitendaten auswerten zu können.

Waldbesitzer von Elverfeldt kann das alles nicht nachvollziehen. Zu einer Ortsbegehung auf seinem eigenen Grundstück habe ihn die Forstbehörde noch nicht einmal eingeladen. „Dort hätten wir viele Fragen sofort klären können, und alle hätten gesehen, dass die Buchen in einem schlechten Zustand sind“, sagte Elverfeldt. Er verdiene mit dem Wald seinen Lebensunterhalt und trage für sein Eigentum das wirtschaftliche Risiko. Wenn er auf seinem eigenen Grund und Boden nicht mehr entscheiden dürfe, könne er den Wald ja gleich dem Staat überschreiben. Elverfeldt: „Ich pflanze jeden Baum für meinen Enkel; mir fehlende Nachhaltigkeit vorzuwerfen, ist eine Unverschämtheit.