Ennepetal. Nach Betrugs-Verdacht: Wieviel Tests es schon in den einzelnen Kreis gab. Und warum ein Betreiber sagt: Testzentren sind keine Goldgruben.
Der Mitbewerber, der jetzt so ins Gerede gekommen ist, betreibt seine „Filiale“ in Ennepetal in nur 100 Meter Entfernung. Jene Bochumer MediCan GmbH steht im Verdacht, massenweise Corona-Tests angegeben zu haben, die gar nicht stattgefunden haben. Die Staatsanwaltschaft ermittelt jetzt, es gab Durchsuchungen. Die Schlagzeilen ärgern Marec-Leon Hasenbeck von MDB Medizin und Brandschutz in Ennepetal. „Das ist ein Schlag für alle die, die viel Kraft und Energie hinein gesteckt haben, um eine qualitativ hochwertige Teststruktur aufzubauen“, sagt er, der mit Marcel Zenker drei Testzentren in Ennepetal, ein weiteres in Hattingen und ab dem 3. Juni auch einen mobilen Test-Bus betreibt. „Am Ende fällt das doch auf alle zurück.“
Noch haben diese Schlagzeilen seinem eigenen Geschäft aber keinen Abbruch getan. „Am Wochenende war der Zulauf groß“, sagt Hasenbeck. Im Ennepe-Ruhr-Kreis und auch sonst vielerorts sind die Tests zwar nicht mehr im Einzelhandel vorgeschrieben, wohl aber in der Außengastronomie. Die nutzten bei schönem Wetter viele, entsprechend groß war die Nachfrage.
2,7 Millionen Tests gab es bislang allein im Regierungsbezirk Arnsberg
Wie groß tatsächlich das Geschäftsvolumen bei den Schnelltests ist, zeigt allein der Blick auf den Regierungsbezirk Arnsberg. Seit 8. März sind die für die Bürgerinnen und Bürger kostenlosen „Bürgertests“ möglich. Und in den gut zwei Monaten bis Mitte Mai sind in den zwölf Landkreisen und kreisfreien Städten mit ihren etwa 3,5 Millionen Einwohnern 2,7 Millionen „Bürgertests“ durchgeführt worden. Die Anbieter können jeweils 18 Euro bei der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) pro Test abrechnen – bestehend aus 12 Euro für die Testung und sechs Euro Materialkosten. Die KVWL holt sich das Geld vom Bund und damit vom Steuerzahler zurück. Allein im Regierungsbezirk Arnsberg sind so bis Mitte Mai Kosten von gut 49 Millionen Euro angefallen.
Ein sattes Geschäft also für die Betreiber der Testzentren? Das sieht Marec-Leon Hasenbeck keinesfalls so: Es seien keine Goldgruben. Aussagen, dass allein die sechs Euro Materialkosten einen dicken Gewinn garantierten, weil die Tests für Groß-Abnehmer auf dem Markt inzwischen viel günstiger zu bekommen seien, weist er für MBD zurück: „Wir verwenden nur Tests von Koch Biotechnologie. Die dürfen nur durch medizinisches Fachpersonal durchgeführt werden, die Auswertung geht schneller, er ist zu 99,8 Prozent aussagekräftig – und kostet fast das Dreifache des billigsten Tests, der auf dem Markt ist.“ 5,50 Euro plus Steuern zahle er pro Test – hier gebe es keine Gewinne.
Auch die Personalkosten seien ein großer Faktor. Mittlerweile arbeiten acht feste Mitarbeiter für die vier MBD-Testzentren, dazu kommen weitere 450-Euro-Kräfte – der Personalaufwand sei mit mindestens vier Mitarbeitern pro Teststelle nicht zu unterschätzen. „Vor allem, weil wir uns entschieden haben, nur mit medizinischem Fachpersonal zu arbeiten“, so Hasenbeck. Und das sei knapp. „Entsprechend gut müssen wir bezahlen.“
1000 Euro gab es zwar noch pauschal vom Land für die Einrichtung der Teststellen, aber grundsätzlich, so Hasenbeck, bleibe der Betrieb wirtschaftlich „schwierig“. Wieso? Die Materialkosten für die Tests zum Beispiel bekommt er zwar von der KVWL erstattet, zuvor müssen Hasenbeck und Zenkner allerdings in Vorkasse gehen. Bei 1000 Tests pro Tag eine finanzielle Belastung: „Wir sind eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, das heißt, wir haften mit unserem Privatvermögen.“
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Das jetzige System möge ja anfällig für Manipulationen sein: „Wir als MDB gehen bei unseren Testzentren aber über die vorgeschriebenen Regelungen hinaus. Wir lassen uns von den zu Testenden Einverständniserklärungen geben, dass wir gewisse Daten abspeichern können. Wir könnten jederzeit nachweisen, wer tatsächlich bei uns getestet worden ist.“
Dass nun viele branchenfremde Anbieter die Tests anbieten und dafür nur eine Online-Schulung benötigen, sieht Hasenbeck kritisch: „Aber vielleicht war das anders nicht möglich, um schnell eine so große Infrastruktur aufzubauen.“
>> HINTERGRUND: So viele Bürgertests gab es bislang in der Region
Laut NRW-Gesundheitsministerium wurden seit Beginn der Bürgertests am 8. März bis zum Stichtag 17. Mai in den zwölf Landkreisen und kreisfreien Städten des Regierungsbezirks so viele Tests durchgeführt:
- 1. Dortmund: 377.805
- 2. Ennepe-Ruhr-Kreis: 313.059
- 3. Kreis Soest: 311.364
- 4. Kreis Unna: 284.621
- 5. Bochum: 278.205
- 6. Märkischer Kreis: 256.675
- 7. Kreis Siegen-Wittgenstein: 229.656
- 8. Hochsauerlandkreis: 214.142
- 9. Herne: 129.004
- 10. Hagen: 114.351
- 11. Kreis Olpe: 113.145
- 12. Hamm: 110.641
- Gesamt Regierungsbezirk Arnsberg: 2.732.668 Bürgertests
>> INFO: Das verdient man bei Impfungen
IMPFZENTRUM:
- Arzt im Impfzentrum: 150 Euro/Stunde
- medizinisches Personal: 38,50 Euro/Stunde
- Impfzentrum mit 5 Impfstraßen von 8 bis 20 Uhr: Personalkosten: 13.620 Euro
ARZT-PRAXIS:
- 20 Euro je Impfung (inklusive Beratung und ggf. Untersuchung)
- 10 Euro nur Beratung (wenn Impfung letztlich nicht zustande kommt)
- 35 Euro Impfung bei Hausbesuch
>> INFO: Das verdient man beim Testen
TESTZENTRUM/APOTHEKEN:
- 12 Euro pro Abstrich und Auswertung
- 6 Euro Materialkosten pro Test (erstattet KVWL)
ARZTPRAXIS:
- 15 Euro pro Test
- 6 Euro Materialkosten