Lennestadt. Ab ins Meer! Wer nicht nach Mallorca fliegt, kann in Lennestadt die Tiefsee in einer Mitmach-Ausstellung erkunden.

Die Aufgabe ist doch einfach, denkt der Besucher arglos. Er soll Sedimentationsröhren mit Kies, Sand und Schlick kippen, um den Zusammenhang zwischen Korngröße und Sinkgeschwindigkeit zu testen. Am langsamsten wird der Schlick sinken, wegen der vielen Schwebeteilchen, davon ist man überzeugt. Tatsächlich jedoch sinkt der feine Quarzsand am langsamsten. In der interaktiven Ausstellung „MeerErleben“ im Galileo-Park in Lennestadt-Meggen werden die Gäste zu Meeresforschern. Sie wagen Expeditionen in die Tiefsee. Bis zum 30. Januar 2022 ist die große Präsentation zu sehen.

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Der Galileo-Park in den Sauerland-Pyramiden will die Welt im Sinne des Wortes begreifbar machen. Wissensvermittlung steht im Zentrum des Ausstellungskonzeptes; angesprochen sind vor allem Familien und Schulklassen, denn es gibt neben den klassischen Schaukästen und Infotafeln viele Mitmach-Erlebnisstationen, an denen die Besucher selber experimentieren können. Aber natürlich vertiefen auch Erwachsene ihr Wissen auf diese spielerische Weise gerne.

Die Besucher werden zu Meeresforschern

Die aktuelle Ausstellung „Meer Erleben“ kommt vom Marum, dem Zentrum für marine Umweltwissenschaften an der Universität Bremen. Sie ist mit doppeltem Ziel konzipiert: Das Publikum erfährt viel Spannendes über die komplexe Beziehung von Mensch und Meer, über Steine, Sand und Sedimente, die Dynamik der Erde, über Medusenhäupter und Kontinentaldrift, über Vielfalt und Evolution. Gleichzeitig, und das macht den Rundgang spannend, begleitet man die Meereswissenschaftler bei einer Expedition in die Tiefsee und wird so selbst zum Forscher.

Im Mittelpunkt steht das unverzichtbare Werkzeug der modernen Meeres- und Umweltwissenschaften, der Tauchroboter Marum-Quest. In Lennestadt schwebt der kleine Bruder von Quest in einem zylindrischen 2500-Liter-Aquarium und kann von den Besuchern selbst gesteuert werden. Das ist viel komplizierter, als man annehmen möchte, selbst Profis an der Spielkonsole geraten dabei an ihre Grenzen. Auf Monitoren wird gezeigt, was die optischen Sensoren des Roboters erfassen.

Tauchroboter steuern

Tauchroboter sind für die Meeresforschung unverzichtbare Werkzeuge. Sie können mit verschiedenen Greifarmen ausgerüstet werden, die von harten Gesteinen bis lebenden Organismen Proben bis in 4000 Meter Tiefe bergen können. Allerdings ist der Einsatz von Marum-Quest eine logistische Herausforderung für jedes Expeditionsschiff, denn er wiegt inklusive Winde, Kontroll- und Werkstattcontainer 45 Tonnen.

In der Abteilung „Tauchfahrt in die Tiefsee“ befinden sich die Besucher selbst an Bord des Forschungsschiffs und erkunden wie im Kino über Monitore, was draußen im Wasser passiert. Diese Ökosysteme sind zum größten Teil erst kürzlich entdeckt worden, eben weil bisher die Mittel fehlten, diesen Teil der Erde zu erkunden. Das wimmelnde Leben, das sich an Schwarzen Rauchern tummelt, hätte sich Jules Vernes Kapitän Nemo nicht einmal ausdenken können. Es gibt sogar Fotos von Ozeanbewohnern, die bisher nicht identifiziert werden konnten.

Mit digitaler Technik Schlammvulkane am Meeresgrund erkunden

Kaltwasserkorallenhügel, Schwarze Raucher und Schlammvulkane als unterschiedliche Unterwasserlandschaften des Ozeanbodens werden in einer weiteren virtuellen Installation vorgestellt. Wegen der Corona-Pandemie ist der ursprünglich vorgesehene Einsatz von VR-Brillen nicht möglich. Die Tiefseewelten können per Satellit oder vom Forschungsschiff aus nur grob erfasst werden. Wer sie erkunden will, muss abtauchen. Dafür werden Hybrid-Tauchroboter auf Rädern eingesetzt. Mit ihnen gehen die Gäste auf Tauchfahrt und verfolgen die Erkundungen auf Monitoren.

Die Wissenschaftler des Marum‘ möchten die ganze Vielfalt der Bezüge von Mensch und Meer, Land und Meer vermitteln. Dazu gehören Deichbau und Kontinentaldrift, aber auch Physik, zum Beispiel kann man die Entstehung und die Ausbreitung von Wasserwellen mit Hilfe eines Wellenbeckens selbst in Gang setzen und sogar versuchen, aus einer Welle einen Brecher zu machen.

Fühlbare Gesteine

Wer lieber die Sinne anregen möchte, kehrt zum Kreislauf der Gesteine zurück. Neben den Sedimentationsröhren befindet sich eine Fühlbar. Beim tastenden Griff in Vulkan- und Karbonatsand wird Forschung zur Herausforderung für die Vorstellungskraft. Wer hätte gedacht, dass jeder Berg irgendwann zum Sandhaufen wird und jeder Sand irgendwann wieder zu festem Gestein.

www.galileo-park.de