Hagen. Geschäfte vielleicht ab 7. März wieder offen, Schulen sogar schon früher. Aber was ist mit der Gastronomie? Acht Betroffene reden Klartext.

Der Lockdown geht mindestens bis zum 7. März weiter. Grundschulkinder und Abschlussklassen sollen aber schon ab dem 22. Februar zurück in die Klassenzimmer. Friseure dürfen ab März wieder öffnen. Und Einzelhändler vielleicht ab 7. März – wenn die Sieben-Tage-Inzidenz bei 35 liegt. Gastronomen müssen dagegen mindestens bis zum Bund-Länder-Gipfel am 3. März warten, um Konkretes zu erfahren. Wie kommen die Beschlüsse bei den Menschen an, die sich in den Tiefen der Pandemie so sehr nach einer Perspektive sehnen?

Die Mutter

Katharina Lürbke aus Menden ist Mutter einer fast 14-jährigen Tochter. Sie ist froh, dass es jetzt wieder die Aussicht auf Präsenzunterricht gibt. 
Katharina Lürbke aus Menden ist Mutter einer fast 14-jährigen Tochter. Sie ist froh, dass es jetzt wieder die Aussicht auf Präsenzunterricht gibt.  © Lürbke | Privat

Bislang lief alles vergleichsweise gut mit dem Homeschooling, findet Katharina Lürbke aus Menden. „Sogar super“, sagt die 43-Jährige. Ihre fast 14-jährige Tochter geht auf das Walburgisgymnasium. „Dort war man wirklich gut vorbereitet auf das Homeschooling.“ Doch trotzdem empfindet sie jetzt Erleichterung, dass zumindest die Perspektive besteht, dass bald auch die weiterführende Schulen wieder öffnen: „Es wird Zeit, dass wir wieder in die Phase des Präsenzunterrichts reinkommen – und zwar möglichst schnell. Die Schüler haben teils Bildschirmzeiten, die höher sind als bei berufstätigen Erwachsenen. Und es ist in den vergangenen Wochen mehr weggefallen als nur der Präsenzunterricht. Sondern auch die sozialen Kontakte. Und das über lange Zeit. Meine Tochter sagt jetzt klar: ‚Ich freu mich wieder auf den Unterricht in der Schule.’“

Die Kosmetikerin

    Katrin Blanke betriebt ein Kosmetikstudio in Schwelm.
    Katrin Blanke betriebt ein Kosmetikstudio in Schwelm. © privat

Katrin Blanke ist ein durch und durch positiver Mensch. Und doch – nach nun bald zwei Monaten totalem Stillstand wartet die Kosmetikerin mit eigenem Studio in Schwelm sehnlichst darauf, dass es wieder losgeht. Dass Kundinnen in die Jugendstilvilla kommen, in der sie ihre Behandlungsräume hat. Wenn sie kommen. „Ich finde alle Maßnahmen und Regelungen richtig und gut: Gesundheit geht vor. Ich habe das Vertrauen, dass die Leute, die die Fäden ziehen, das richtig machen. Und doch habe ich Angst, dass wir Kunden deshalb verlieren werden, weil sie sich Alternativen gesucht haben. Weil sie es sich nicht mehr leisten können. Weil sie gesundheitliche Bedenken haben.“ Dabei sieht die 35-Jährige ihre Behandlungen unkritischer als etwa die Angebote bei Friseuren. „Ich gönne es den Friseuren wirklich, dass sie am 1. März wieder öffnen dürfen. Aber es ist nicht fair.“ Mit den staatlichen Hilfen konnte sie sich arrangieren und ihren Betrieb mit zwei Mitarbeiterinnen durch die Corona-Zeit bringen. Den 7. März – ein möglicher Wiedereröffnungstermin – sehnt sie herbei. „Wir wollen endlich arbeiten.“

Der Museumsdirektor

Dr. Tayfun Belgin könnte sofort loslegen. Drei fix und fertig aufgebaute Ausstellungen warten im Hagener Osthaus-Museum auf Publikum. Doch vor Mitte März rechnet Belgin nicht mit einer Öffnung seines Hauses. Dennoch: „Für mich ist 2021 das Hoffnungsjahr, weil wir mit den Impfungen zuversichtlich in die Zukunft blicken und unser lang ersehntes Programm verwirklichen können.“

Der Gastronom

Mark Wisseling ist Betriebsleiter des Restaurants
Mark Wisseling ist Betriebsleiter des Restaurants "Bootshaus Biggesee" in Olpe. © Westfalenpost | Privat

Mark Wisseling war durchaus optimistisch. Optimistisch, dass er das Restaurant „Bootshaus Biggesee“ in Olpe womöglich doch schon bald wieder öffnen könnte. „Aber in Wahrheit haben wir uns schon alle gedacht, dass das noch mindestens vier bis sechs harte Wochen für uns Gastronomen werden“, sagt der Betriebsleiter. Jeden Tag beobachte er den Inzidenzwert aufmerksam. Doch so richtig wisse er gar nicht, worauf genau er warte: „Uns wurde schon wieder kein klarer Weg aufgezeigt, wie genau es weitergehen soll. Im Gegensatz zu anderen Branchen – dafür habe ich wenig Verständnis.“ Er fühle sich vergessen in der Krise. Klare Ansagen seitens der Politik fehlten. „Und wer sagt uns, dass wir wirklich wieder öffnen dürfen, falls der Inzidenzwert bis Ende März deutlich gesunken ist?“ Abwarten. Etwas anderes könne er nicht tun.

Der Einzelhändler

Ralf Gundlach ist Geschäftsführer der Cruse Arnsberg GmbH.
Ralf Gundlach ist Geschäftsführer der Cruse Arnsberg GmbH. © Westfalenpost | Privat

An eine Öffnung glaubt Ralf Gundlach noch nicht so richtig. Er ist Geschäftsführer der Cruse Arnsberg GmbH, verkauft in seinem Geschäft Mode auf einer Fläche von 1200 Quadratmetern. „Wenn wieder ein Kunde pro 20 Quadratmeter zu uns darf, wäre das super“, sagt er. „Aber ich glaube erst daran, wenn ich wirklich höre: Ihr dürft öffnen.“ Gespannt habe er die jüngsten Corona-Beschlüsse abgewartet, doch nun sei die Ernüchterung groß. „Erst hieß es: Öffnung bei einem Inzidenzwert von 50, jetzt heißt es ab 35. Und bald sagen sie vielleicht: erst ab einem Wert von 10. Das ist einfach ein Hick-Hack.“ Die Mode sei schnelllebig, „um Ostern rum wird niemand mehr nach Winterkleidung fragen. Im Grunde haben wir verderbliche Ware“.

Der Fitnessstudio-Betreiber

Insgeheim gehofft hatte Philipp Richter schon, dass Licht am Ende des Tunnels zu sehen sein würde. Ist aber nicht. „An unserer Perspektive hat sich eigentlich nichts verändert“, sagt der 40-Jährige, der Inhaber von drei Fitnessstudios in Winterberg, Bad Berleburg und Bad Fredeburg ist. „Wir gehen weiter davon aus, dass sich vor Ostern für unsere Branche nichts tun wird.“

Philipp Richter ist Inhaber von drei Fitnessstudios in Winterberg, Bad Berleburg und Bad Fredeburg.
Philipp Richter ist Inhaber von drei Fitnessstudios in Winterberg, Bad Berleburg und Bad Fredeburg. © privat

Schwer genug das alles. „Wir sind finanziell am Anschlag“, sagt er. Im ersten Lockdown sei die Solidarität größer gewesen, nun sparten die Menschen. Es hagele Kündigungen und werde „sicher drei Jahre brauchen, bis wir bei den Mitgliederzahlen wieder auf dem Niveau sind, auf dem wir vor Corona waren.“

Die Berufsschülerin

Maja Tiegs (35) ist angehende Betriebswirtin – und der Blick in die Zukunft behagt ihr nicht. „Egal wie die Landesregierung auch entscheidet, ist das Corona-Management aus Schüler- und Schülerinnensicht immer noch eine absolute Katastrophe“, sagt die Ennepetalerin, die Vollzeit arbeitet und die Abendschule besucht.

Berufsschülerin Maja Tiegs aus Ennepetal.
Berufsschülerin Maja Tiegs aus Ennepetal. © privat

Ob sie demnächst wieder zum Präsenzunterricht in die Schule muss, weiß sie nicht. Abschlussklassen sollen wieder in die Klassenzimmer. In diesem Fall komme es aber vermutlich „auf die Auslegung meiner Schule an, weil ich erst im November mein Examen mache. Ich bin also im Abschlussjahrgang, aber mache den Abschluss erst im nächsten Schuljahr. Wie alles, was in dieser Pandemie mit Schule zu tun hat, erfahren es die, die es betrifft, wohl erst wieder kurz vor knapp.“ Was sie aber weiß: Sie will noch nicht wieder mit 20 anderen in einem Raum sitzen möchte.

Die Schulleiterin

Als Christiane Lohmann am Donnerstagmorgen über Video zu ihrer Klasse 4c spricht, haben die Kinder Fragen. Viele Fragen. Du, Frau Lohmann, wann sehen wir uns denn jetzt genau wieder? Wer kommt mit wem in eine Gruppe? Und wer sucht die Gruppen aus? Es herrscht Aufregung vor der Rückkehr in die Schule.

Christiane Lohmann, Schulleiterin der Albert-Schweitzer-Schule Lahrfeld, in Menden
Christiane Lohmann, Schulleiterin der Albert-Schweitzer-Schule Lahrfeld, in Menden © Thomas Hagemann

„Wir freuen uns, dass jetzt der nächste Schritt gemacht wird“, sagt die Schulleiterin der Albert-Schweitzer-Grundschule in Menden, die ab dem 22. Februar wieder für feste, aber sich abwechselnde Gruppen öffnen wird. Eltern hätten nun wieder ein sicheres Fundament für Planungen und würden entlastet. „Und für die Kinder ist wichtig, dass sie sich endlich wiedersehen.“