Hagen/Sauerland. Nächste Woche sollen die Corona-Impfzentren einsatzbereit sein. Warum sie viele aber nie von innen sehen werden und wie die Terminvergabe läuft.
Wann bin ich dran? Werde ich „aufgerufen“ oder muss ich mich anmelden? In der kommenden Woche sollen die Corona-Impfzentren in der Region startklar sein – auch wenn bislang der Impfstoff noch nicht einmal zugelassen ist. Das alles wirft eine Menge Fragen auf. Hier gibt es auf einen Teil von ihnen Antworten.
1. Wie viele Impfzentren gibt es in Nordrhein-Westfalen?
53 Impfzentren sind für das gesamte Land vorgesehen. In der Regel wird es eines pro Landkreis oder Großstadt geben. Ausnahmen gibt es: So wird der einwohnerstarke Märkische Kreis nicht nur in Lüdenscheid sondern auch in Iserlohn ein Impfzentrum einrichten (siehe Übersicht). Die Zentren sind unterschiedlich groß. Die Faustregel lautet: Pro 70.000 Einwohner soll es eine „Impfstraße“ geben, die jeder Impfwillige durchläuft.
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Eingerichtet werden die Impfzentren an ganz unterschiedlichen Orten: In Hagen ist es die Stadt- und Kongresshalle, im Kreis Olpe eine alte Industriehalle, im Ennepe-Ruhr-Kreis ein alter Aldi-Markt und in Siegen-Wittgenstein ein leerstehender Baumarkt. Dort laufen derzeit auch die Umbauarbeiten. „Von morgens früh bis in die Abendstunden“, so Kreissprecher Torsten Manges. „Boden verlegen, Malerarbeiten, Trockenbau, Elektronik und Netzwerktechnik – das alles ist nötig.“ Am 15. Dezember sollen die Impfzentren alle startklar sein.
2. Wird jeder Impfwillige solch ein Impfzentrum besuchen?
Nein, große Teile der Bevölkerung werden diese Impfzentren wohl nie von innen sehen, weil sie erst spät an der Reihe sind. Und dann in der Phase der Massenimpfung – so ist jedenfalls die Hoffnung des NRW-Gesundheitsministeriums – werden es vor allem die Hausärzte in ihre eigenen Praxen und die Betriebsärzte sein, die die Spritze setzen. Doch das wird laut Ministerium wohl erst „je nach Impfstoffverfügbarkeit“ ab Mitte 2021 der Fall sein.
Nicht in die Impfzentren müssen wohl auch die Bewohner von Alten- und Pflegeheimen sowie Patienten in Krankenhäusern. Sie sollen durch mobile Impfteams vor Ort versorgt werden. Dort soll dann auch in größerem Maße das Personal geimpft werden. Bis April wird die Phase wohl dauern.
In den Impfzentren wird der Stoff dann wohl auch schon parallel verabreicht, richtig geschäftig wird es dort voraussichtlich aber erst von März bis Juli werden, wenn die so genannte „erweiterte Frühphase“ kommt und mit mehr verfügbarem Impfstoff auch das ambulant tätige medizinisch-pflegerische Personal und Beschäftigte der „kritischen Infrastruktur“ (insbesondere auch Polizei und Feuerwehr) an der Reihe sein sollen, genauso wie die Über-80-Jährigen. Wie lange die Impfzentren dann aufrecht erhalten werden müssen und ob das Geschehen irgendwann ganz in die Hausarztpraxen verlagert wird, ist noch unklar.
3. Wie komme ich an einen Impftermin?
Ob irgendwann im kommenden Jahr die breite Masse der Bevölkerung einen Brief bekommt, dass man nun an der Reihe sei, oder ob man selbst schauen muss, wie weit die „Impfpriorisierung“ vorangeschritten ist und ob nun auch jüngere Altersgruppen dran sind – das konnte ein Ministeriumssprecher gestern noch nicht abschließend beantworten: „Dazu gibt es noch keine neuen Erkenntnisse.“
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Klar ist aber jetzt schon: Die Impftermine werden zentral von der Kassenärztlichen Vereinigung vergeben. Und zwar über die bekannte hausärztliche Notfallrufnummer 116 117, deren Kapazität deutlich ausgeweitet wird, oder über eine spezielle Smartphone-App beziehungsweise die Internetseite. Dort als 40-Jähriger schon in den kommenden Wochen anzurufen oder zu versuchen, den eigenen Hausarzt zu einem Termin zu überreden, dürfte also zwecklos sein.
Bewohner von Alten- und Pflegeheimen und wohl auch das medizinisch-pflegerische Personal in Einrichtungen müssen sich nach dem derzeitigen Stand nicht selbst um einen Termin kümmern. Stattdessen muss der Kreis bzw. die Stadt die Einrichtungen an das Impfzentrum melden, das dann mobile Teams schickt.
Wer zu den „vulnerablen“, sprich: durch (chronische ) Krankheiten besonders gefährdeten Gruppen gehört, aber zuhause lebt, kann sich vom Hausarzt an das Impfzentrum überweisen lassen. Wenn es später darum geht, dass Mitarbeiter der kritischen Infrastruktur (dazu können dann auch Lehrer gehören) geimpft werden, sollen diese eine entsprechende Bescheinigung der Behörde bekommen.
4. Wie lange dauert der Impfvorgang pro Person?
„Das Impfen an sich dauert nur wenige Minuten“, so Jana Elbert, Sprecherin der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL). „Hinzu kommen aber noch die Registrierung, Aufklärung und Nachbetreuung. Insgesamt werden sich die Geimpften voraussichtlich etwa 30 bis 60 Minuten in dem Impfzentrum aufhalten.“
5. An machen Orten gibt es Kritik an der Lage der Impfzentren: Die seien zu schlecht zu erreichen. Wird es Extra-Transportmöglichkeiten dorthin geben?
Nein, sagt ein Ministeriumssprecher: „Während mobile Teams die Alten- und Pflegeheime aufsuchen werden, um dort zu impfen, wird angenommen, dass diejenigen, die sich in einem Impfzentrum impfen lassen wollen und entsprechend priorisiert sind, selbst anreisen.“
6. Wie viele Menschen werden in NRW in der ersten Phase geimpft?
Noch ist unklar, wieviele der etwa 18 Millionen Bürger in NRW in der der ersten Impfphase versorgt werden müssen. Das hängt von der Impfwilligkeit ab – und davon, wieviele Menschen als vulnerabel, also durch Krankheit oder Alter gefährdet gelten. Allein Ärzte, Pflege- und Krankenhauspersonal sowie Pflegebedürftige bergen ein Potenzial von rund 780.000 Menschen. In NRW leben derzeit aber auch etwa zwei Millionen Bürger, die 75 Jahre und älter sind. Wie viele als vulnerabel gelten, ist offen.
>> HINTERGRUND: Medizinisches Personal wird gesucht
- Für den Aufbau und Betrieb der Impfzentren sind die Kreise und Städte zuständig. Für die eigentliche Impfung aber die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen Lippe (KVWL). Und die sucht nun dringend nach medizinischem Personal. Auf der Internetseite www.karriere-kvwl.de/jobs kann man sich seit dem 30. November bewerben. „Bisher haben wir rund 7000 Registrierungen erhalten. Die ersten Verträge werden im Moment verschickt“, so Sprecherin Jana Elbert.
- Das Personal muss über eine Impfqualifikation verfügen. Das können neben Ärzten auch Medizinische Fachangestellte, Gesundheits- und Krankenpfleger, Medizinstudenten im klinischen Semester, Notfall- oder Rettungssanitäter sein. „Es können sich auch Ärzte zur Unterstützung in den Impfzentren melden, die derzeit im Ruhestand oder in Elternzeit sind“, sagt Jana Elbert. Das gleiche gelte für das medizinische Fachpersonal.
- Um den Personalbedarf zu erahnen: Derzeit rechnet die KVWL pro Impfzentrum mit einem ärztlichen Standortleiter sowie einem Arzt und ein bis zwei medizinischen Fachkräften pro Impfstraße in einer Schicht. Geplant ist zu Spitzenzeiten ein Zweischicht-Betrieb an sieben Tagen in der Woche.