Hagen. Mit einer Prämie sollte die Arbeit der Pflegekräfte in der Corona-Krise gefördert werden. Doch nicht alle profitieren von ihr. Woran das liegt:

Mit einem sogenannten Pflegebonus sollen all die Beschäftigten in Krankenhäusern belohnt werden, die besonders bei der schwierigen Versorgung von Covid-19-Patienten belastet waren. Doch nur die Mitarbeiter von acht Kliniken bzw. Klinikverbünden in der Region kommen in den Genuss dieser Corona-Prämien. Das geht aus einer Übersicht hervor, die das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) veröffentlicht hat.

Corona-Prämie: Acht Krankenhäuser in der Region bekommen Gelder

Demnach gehen Gelder an acht Krankenhäuser von insgesamt rund 50 Krankenhäusern in der Region:

Fachkrankenhaus Kloster Grafschaft, Schmallenberg : 128.678,75 Euro

St.-Martinus-Hospital Olpe (Katholische Hospitalgesellschaft Südwestfalen): 223.393,25 Euro

Kreisklinikum Siegen : 242.833,11 Euro

Helios Klinik Attendorn : 83.401,76 Euro

Agaplesion Allgemeines Krankenhaus Hagen : 237.526,08 Euro

Klinikum Dortmund : 523.447,60 Euro

Katholische Kliniken im Märkischen Kreis Iserlohn : 141.361,75 Euro.

Marienkrankenhaus Schwerte : 98.310,95 Euro

Die Einrichtungen müssen entscheiden, wie die Gelder an die Beschäftigten verteilt werden. Dass eine ganze Reihe von Krankenhäusern ganz leer ausgeht, obwohl dort auch Covid-19-Patienten behandelt wurden und teils ganze Abteilungen vorgehalten wurden, stößt auf Kritik. Und ebenso, dass nur die Situation zu Beginn der Pandemie im Frühjahr als Berechnungsgrundlage dient und nicht die aktuelle, zum Teil viel heftigere Belastung in der „zweiten Welle“.

Corona-Prämie: Krankenhausfinanzierungsgesetz regelt Verteilung

Nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz gelten als „besonders belastete Krankenhäuser“ nur die, die im Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Mai bei weniger als 500 Betten mindestens 20 mit dem Coronavirus infizierte Patienten behandelt haben oder bei mehr als 500 Betten mindestens 50.

Corona-Prämie: Bundesregierung hält sich mit Äußerung zurück

Die Regelung kam durch eine Einigung zwischen dem Bund der Krankenkassen und der Deutschen Krankenhausgesellschaft zustande. Insgesamt werden deutschlandweit 100 Millionen Euro verteilt. Das Bundesgesundheitsministerium in Berlin betont zwar, dass die Einigung auf Initiative von Minister Jens Spahn zustande gekommen sei. Eine Bewertung, ob die Regelung zu einem fairen Ergebnis für alle Beschäftigten im Krankenhauswesen geführt hat, mag das Ministerium trotz mehrfacher Nachfrage unserer Zeitung nicht äußern.

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Auch auf die Frage, ob und wie die Beschäftigten der Krankenhäuser jetzt in der „zweiten Welle“ der Corona-Pandemie , in der die Kriterien aus dem Frühjahr erfüllt würden, von einer neuerlichen Corona-Prämien profitieren könnten, gibt es lediglich eine allgemeine und eher ausweichende Antwort: Die für die Krankenhäuser verpflichtende Anordnung „zur Freihaltung bestimmter Behandlungskapazitäten wird vom jeweiligen Land getroffen – nicht vom Bund. Die Länder entscheiden hierüber entsprechend der Situation im jeweiligen Land“. Es sei sichergestellt worden, „dass Krankenhäuser in Landkreisen oder kreisfreien Städten mit einer hohen 7-Tage-Inzidenz Ausgleichszahlungen für freigehaltene Krankenhausbetten erhalten, wenn sie vom Land hierfür bestimmt werden“.

Pflegebonus: Kliniken äußern Unverständnis über die Regelung

Dass die Bundesregierung weiter an der Prämien-Regelung festhält, stößt auf Unverständnis. „Die ausgewählten Kriterien sind aus unserer Sicht nicht realitätsnah“, sagt Thomas Wülle, Geschäftsführer der Katholischen Kliniken (KKH). Schon ein einziger Covid-Fall belaste die diensthabenden Mitarbeiter in gleicher Weise. „Zudem ist im angesprochenen Zeitraum eine Regelung getroffen worden, die erwartete Welle zunächst auf einen Standort zu konzentrieren.“

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Abgesehen davon sei es schade, dass im Gegensatz zu Altenheimen, wo alle Mitarbeiter eine Prämie erhielten, im Krankenhaus eine Grenze von mindestens 50 Patienten gezogen wurde. Die KKH beschäftigen an den drei Hagener Standorten St.-Josefs-Hospital, St.-Johannes-Hospital und dem Zentrum für Seelische Gesundheit Elsey rund 1460 Mitarbeiter. In dem Zeitraum bis Mai wurden 14 Covid-Patienten versorgt. Bis heute hat sich diese Zahl mehr als verachtfacht.

Corona-Prämie: Gewerkschaft Verdi hält sie für „absolut unzureichend“

Auch die Gewerkschaft Verdi fordert bei der Corona-Prämie massive Nachbesserungen. Die Regelung sei „absolut unzureichend, lässt viele Beschäftigte, die ebenfalls Sonderbelastungen hatten, außen vor und spaltet damit die Belegschaften“, sagt Gewerkschaftssekretär Jan von Hagen, bei Verdi zuständig für die Krankenhäuser in NRW. „Die Bundesregierung hat versäumt, das gleiche Signal der Anerkennung, wie es den Beschäftigten der Seniorenzentren zugute gekommen ist, auch in die Belegschaften der Krankenhäuser zu senden.“

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Viele Krankenhäuser, die kein Geld bekommen, schaffen daher eigene Mitarbeiter-Prämien, wie zum Beispiel das evangelische Krankenhaus in Haspe . „Als Mitglied des Diakonischen Werkes zahlt das Krankenhaus eine eigene Corona-Prämie aus. Die Einmalzahlung für Pflege- und Funktionskräfte wird im Dezember mit dem Gehalt überwiesen. Die Höhe der Prämie richtet sich nach der Tätigkeit und liegt zwischen 300 und 600 Euro. Dabei bekommen kleinere Gehaltsgruppen die höchste Summe“, so Sprecherin Astrid Nonn.

Pflegebonus: Auch die Begünstigten hinterfragen die Prämien-Regelung

Doch wie gehen nun die vor, die tatsächlich von der Corona-Prämie profitieren? Das ist in vielen Fällen noch nicht entschieden. Im Kreisklinikum Siegen ist die Verteilung „derzeit noch in Klärung“. Auch in der Helios Klinik Attendorn laufen noch Gespräche, heißt es seitens des Krankenhauses. Das St. Martinus-Hospital Olpe ist da schon weiter: „Wir haben ein Konzept erstellt, welche Mitarbeiter in welcher Höhe davon profitieren werden“, sagt Sarah Victoria Scholz-Klapp von der Katholischen Hospitalgesellschaft Südwestfalen.

Nur das Allgemeine Krankenhaus Hagen (AKH) hat bisher einen genauen Plan: „Da es sich um eine ,Pflegeprämie’ handelt, standen unsere Mitarbeiter des Pflegedienstes im Mittelpunkt unserer Überlegungen. So haben wir uns entschieden, eine Prämie den Teams der Stationen, des Kreißsaals und der Zentralen Notfallambulanz zuzuweisen“, erklärt die AKH-Geschäftsführung, ohne über die Höhe der Prämien Auskunft zu geben.

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Doch auch die Begünstigten hinterfragen die Corona-Regelung: „Generell halten wir es schon für richtig, dass primär diejenigen Pflegekräfte belohnt werden, in deren Klinik eine Versorgung von Covid-19 Patienten stattgefunden hat“, heißt es seitens des Kreisklinikums Siegen. Jedoch sei es schwierig zu entscheiden, bei welcher Patienten- und Bettenanzahl hier eine Grenze gezogen werden sollte.

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Corona-Prämie: Besonders belastete Pflegekräfte sollen profitieren

>> Profitieren von den Prämien sollen vor allem die belasteten Pflegekräfte in der „ Pflege am Bett “. Daneben sind die Krankenhäuser ausdrücklich aufgefordert, auch anderen Krankenhausbeschäftigten eine Prämie zu zahlen, sofern diese ebenfalls durch die Corona-Pandemie besonders belastet waren.

>> In der Gesetzesbegründung zum Paragrafen 26 a des Krankenhausfinanzierungsgesetzes werden hierzu beispielhaft die Reinigungskräfte und die Beschäftigten in der Notaufnahme aufgeführt.