Hagen. Beim Kaltwalzunternehmen Bilstein werden 237 der 1350 Arbeitsplätze in Hagen abgebaut. Die meisten davon bis Ende 2021.

Das Kaltwalzunternehmen Bilstein aus Hagen wird 237 der rund 1350 Jobs in Deutschland abbauen. Der Wirtschaftseinbruch in der Coronakrise hat die Branche schwer erwischt. Allerdings ist dies nicht der einzige Grund für den massiven Personalabbau.

Die Details wurden den Beschäftigten am Donnerstag in einer virtuellen Belegschaftsversammlung von der Geschäftsführung mitgeteilt. „Ein weiter so wie bisher, kann es nicht geben. Die erhebliche Reduktion unserer Personalkosten, so wie beschlossen, ist leider alternativlos“, erklärte der Geschäftsführende Gesellschafter Marc T. Oehler am Nachmittag.

Marc T. Oehler, Geschäftsführender Gesellschafter der Bilstein-Gruppe, rechnet mit dauerhaft geringerer Auslastung der Werke: „Die erhebliche Reduktion unserer Personalkosten, so wie beschlossen, ist leider alternativlos“, sagt der Firmeninhaber.
Marc T. Oehler, Geschäftsführender Gesellschafter der Bilstein-Gruppe, rechnet mit dauerhaft geringerer Auslastung der Werke: „Die erhebliche Reduktion unserer Personalkosten, so wie beschlossen, ist leider alternativlos“, sagt der Firmeninhaber. © WP | Bilstein

Bilstein, immerhin Deutschlands zweitgrößtes Kaltwalzunternehmen, führt vor allem die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie als einen wesentlichen Grund an. Dies habe zu erheblichen Auftrags- und Umsatzrückgängen geführt. Auch wenn es im Spätsommer (August/September) eine leichte Erholung gegeben habe, sei völlig unklar auf welchem Niveau sich die Nachfrage nach Kaltband in den kommenden Monaten und Jahren einpendeln werde. Sicher sei aus Sicht des Bilstein-Chefs Oehler aber eines: „Wir müssen uns auf dauerhaft deutlich geringere Mengen einstellen.“

Innovationsmanagement und der Vertrieb werden neu sortiert

Das Unternehmen hatte in den vergangenen Jahren noch erhebliche Investitionen in die Zukunft getätigt. 2017 in Bowling Green in Kentucky wurde für 130 Millionen US-Dollar ein hochmodernes Werk in Betrieb genommen, um den Markt in Nord- und vor allem Mittelamerika bedienen zu können, wo viele Automobilhersteller und deren Zulieferer fertigen. 2019 wurde auch am Stammsitz in Hagen-Hohenlimburg viel Geld in die Hand genommen, um die gleiche Technik wie in den USA, die Überbreiten zulässt, auch für den europäischen Markt zu nutzen. Rund 70 Millionen Euro dürfte die von SMS gebaute Anlage samt neuer Halle im Werk II gekostet haben.

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Als im Frühjahr die Coronakrise ganze Branchen zwischenzeitlich lahm legte, traf dies das Unternehmen zu einem extrem ungünstigen Zeitpunkt. Das Unternehmen beantragte eine Landesbürgschaft in Höhe eines mittleren zweistelligen Millionenbetrags, um die Liquidität zu sichern.

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Ein Schwerpunkt von Bilstein ist die Produktion von Vormaterial für die Autobranche. Die Palette der Produkte, die aus dem kalt gewalzten Stahl gefertigt werden, ist vielfältig und reicht im Automotivebereich von Material für Sitzstrukturen und Lenksäulen, Sicherheitsgurte, Gehäuse für Airbagtreiber bis hin zu Zylinderkopfdichtungen oder Kupplungs- und Getriebeteile. Also durchaus auch Teile, deren zukünftige Verwendung in Abhängigkeit vom Verbrennungsmotor stehen.

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Bilstein hatte eine Unternehmensberatung im Haus, die nach Möglichkeiten suchen sollte, wie Kosten gesenkt werden könnten. Der Arbeitsplatzabbau soll im Wesentlichen im Overheadbereich stattfinden und hat bereits begonnen. Der Vertrieb und das Innovationsmanagement würden neu aufgestellt, heißt es von Bilstein.

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Rund einhundert Stellen können offenbar sozialverträglich über Altersteilzeitmodelle abgebaut werden. Zweidrittel der 237 Stellen sollen bis Ende 2021 entfallen. Die restlichen Jobs dann bis 2024. So hat es die Geschäftsführung im vergangenen Monat mit den Betriebsräten der drei betroffenen Gesellschaften – Bilstein GmbH, Hugo Vogelsang GmbH und Bilstein Service GmbH – verhandelt.

Betriebsbedingte Kündigungen soll es nach Möglichkeit nicht geben. „Wir waren uns sehr schnell einig, dass etwas getan werden muss. Aber die Umsetzung der Personalanpassung war natürlich im Detail sehr umstritten“, sagt Michael Ullrich, Geschäftsführer Technik.

Das Maßnahmenpaket setze sich aus mehreren Komponenten zusammen: Einem geschlossenen Freiwilligenprogramm und Rentenangeboten für ältere Mitarbeiter. Würden entsprechende Angebote von nicht angenommen, gebe es die Möglichkeit des Übergangs in eine Transfergesellschaft. Erst dann kämen betriebsbedingte Kündigungen ins Spiel.