Hagen. Corona-Tests sind wichtig. Aber sie werden von Arzt zu Arzt anders ausgeführt. Was richtig ist und was bei einem Virologen Verwunderung auslöst.

Die Frau, die namentlich nicht genannt werden möchte, arbeitet als Erzieherin in Hagen. Als solche darf sie sich kostenfrei auf das Coronavirus testen lassen. Der Hausarzt erklärte sich bereit und vergab einen Termin im Anschluss an die Sprechstunde. Doch dann tauchte er nicht auf. Der Patientin wurde vom Personal lediglich ein Röhrchen gereicht mit der Bitte, den Rachenabstrich selbst vorzunehmen. Ist das zulässig? Kann das ein Laie zweifelsfrei? Und wieso nur im Rachen? Im Corona-Testzentrum des Dortmunder Flughafens werden die Reiserückkehrer aus Risikogebieten aus Rachen UND Nase abgestrichen. Was ist denn eigentlich nun richtig bei den so wichtigen Tests? Welche Standards gibt es und welche Empfehlungen?

Corona-Selbsttest? Virologe reagiert irritiert

„Maßgeblich sind die Empfehlungen des Robert Koch-Instituts, auf die wir die Ärzteschaft stets verweisen“, sagt Vanessa Pudlo, Sprecherin der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL). In denen heißt es: „Bei Verdacht auf das Vorliegen einer Infektion mit dem neuartigen Coronavirus sollten je nach klinischer Situation möglichst Proben parallel aus den oberen und den tiefen Atemwegen entnommen werden.“

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Warum das so ist, erklärt Dr. Rolf Kaiser, Leiter der molekularen Diagnostik am Institut für Virologie der Uni-Klinik in Köln. „Es kann den einen oder anderen Fall geben, den man übersieht, wenn man nicht beides macht, denn das Virus wandert im Laufe des Infektionsgeschehen von der Nase herunter in die Lunge. Es kann also sein, dass in einem frühen Stadium der Erkrankung das Virus in der Nase nachweisbar ist, im Rachen aber noch nicht.“ Unterschiede in den Ergebnisse seien aber eher selten. „Es ist auch zu einem späteren Zeitpunkt biologisch möglich, dass das Virus weder in Nase noch im Rachen, sondern nur noch in der Lunge nachweisbar ist. Diese Patienten sind in der Regel aber bereits jene, die deutliche Symptome aufweisen.“

Schutzausrüstung fehlte

Irritiert ist der Mediziner über die Tatsache, dass Patienten gebeten werden, den Abstrich selbst vorzunehmen. „Wenn es Ärzte gibt, die das von ihren Patienten verlangen, dann bin ich darüber verwundert. Ich kann nicht einen Rachenabstrich haben wollen und einem Laien sagen: Dann mach mal! Ich finde nicht, dass man den Patienten damit alleinlassen sollte.“

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Laut KVWL sei dieses Vorgehen zu Beginn der Pandemie durchaus nicht unüblich gewesen, „da zu diesem Zeitpunkt nicht überall ausreichend persönliche Schutzausrüstung zur Verfügung stand“, sagt Vanessa Pudlo. „Mittlerweile haben die niedergelassenen Ärzte ausreichend persönliche Schutzausrüstung zur Verfügung, um die Tests in den Praxen durchzuführen. Hierbei sollte – neben den üblichen Hygiene- und Abstandsregelungen – beachtet werden, dass die Test-Patienten von den regulären Patienten einer Praxis räumlich bzw. zeitlich getrennt werden. Ein Selbstabstrich durch den Patienten ist damit nicht mehr nötig.“

Speichelproben möglicherweise ausreichend

In Zukunft könnten womöglich sogar einfache Speichelproben ausreichen. „Wir sind der Meinung, dass Speichelproben aus der Wange geeignet sind, um das Virus ausreichend gut nachweisen zu können. Wir führen dazu gerade ein Projekt durch, dessen Ergebnisse noch ausstehen. Die Speichelprobe hat den Vorteil, dass sie jeder zu Hause vornehmen kann. Das ist erstens angenehmer und würde die Organisation deutlich vereinfachen“, sagt Virologe Kaiser.

Kleine Einschränkung: „Der Speicheltest ist weniger empfindlich. Ob man dadurch aber Patienten in bedeutender Anzahl übersieht, ist fraglich. Die Virusmenge ist bei den meisten Patienten hoch genug zum Nachweis im Speichel. Bei Patienten mit Krankheitszeichen sollte man sorgfältigerweise einen Rachenabstrich durch geschulte Personen abnehmen.“