Sauerland. An den Badeseen in der Region tummelten sich am Wochenende viele Badegäste, die keinen Platz mehr im Freibad bekommen haben.
Möhne-, Sorpe-, Biggesee und Listertalsperre – Seen im Sauerland lockten – wenig überraschend – Tausende zu den Badestellen. Darunter etliche „Ausgesperrte“ aus dem Ruhrgebiet und den Städten, in denen es Einlass ins Freibad nur mit Reservierung gab.
Auflauf vor Freibad
Die Freibadbetreiber in Hagen hatten erneut echte Probleme mit der Einhaltung der Corona-Regeln. Nachdem es vor ein paar Tagen bereits im Freibad am Hengsteysee zu einem regelrechten Massenauflauf vor der Kasse gekommen war, spielten sich ähnliche Szenen am Wochenende im anderen Freibad (Hestert) ab.
Die städtischen Betreiber drohten in diesem Zusammenhang bereits mit Schließung. Im Ruhrgebiet scheint das Problem vielerorts über Vorbuchung gelöst worden zu sein.
Am Sonntagmorgen um 8 Uhr startete die fünfjährige Zuzanna Zabiega mit ihrer Mama und deren Freunden Anna und Kacper in Hamm. „Wir hatten Angst, dass wir keinen Platz bekommen“, sagt Anna. Eineinhalb Stunden saßen sie im Auto. Dafür stand das Quartett schließlich glücklich in der ersten Reihe im Seebad am Sonderner Kopf.
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Ganz schöner Aufwand. „Bei uns in der Region musste man überall reservieren, aber am Montag ging schon nichts mehr“, sagt Kacper, leicht genervt von Corona und den Konsequenzen: „Der einzige Vorteil ist, es ist nicht so voll.“
Maximaler Ansturm am Samstag
2000 Gäste hat der Kreis Olpe den Betreibern des Seebades erlaubt. „Die waren am Samstag maximal erreicht“, sagt Lars Harsveldt, Juniorchef des Ensembles, zu dem auch ein Campingplatz, Gastronomien und eine Paintballanlage gehören. Im vergangenen Jahr, am 30. Juni, tummelten sich 4500 Leute im Bad am Biggesee, das mit Europas größter Badeinsel und noch vielem mehr wirbt.
Die Badeinsel liegt mittlerweile zu einem Drittel auf dem Trockenen, weil der Wasserpegel in den vergangenen heißen Tagen um einige Meter gesunken ist. Und das Mehr gibt es wegen Corona vorerst gar nicht mehr. „Wir haben wegen der Hygiene alle Spielgeräte aus dem Wasser geholt und den Blob abgebaut“, bedauert Harsveldt. Der Blob, das ist ein überdimensionales Luftkissen im See, von dem aus sich spektakuläre Sprünge ins Wasser machen lassen. Um es abzubauen, mussten sogar Taucher angefordert werden, um im See die Ketten zu lösen, mit denen der Blob befestigt war. Riesen Aufwand für die Betreiber statt riesen Spaß für alle.
Aber an solchen Hundstagen wie Samstag und Sonntag sind die Gäste vor allem auf Abkühlung aus. „Alle sind diszipliniert und halten sich an die Regeln“, sagt Rafal. Der 21-jährige Student aus Breslau hat Semesterferien, ist seit Juli für drei Monate im Sauerland und nennt sich „Oberrettungsschwimmer hier“. Im Baywatch-Stil beobachtet er das Treiben im Wasser. „Am Samstag war es schon echt anstrengend“, sagt Rafal. An diesem Sonntagvormittag, kurz nach Start des Badespaßes, ist es noch überschaubar.
Ein bisschen aufgeregter geht es an den Kassen zu, an denen sich schon um kurz nach 10 Uhr Schlangen gebildet hatten. Zwei an der Zahl. Eine kürzere, für diejenigen, mit aus dem Internet heruntergeladenen, ausgefüllten Kontaktdaten-Zetteln – und die deutlich längere für die Zettellosen.
So manchem gehen die Nerven durch
Gegen Mittag nimmt der Stress zu. Für alle, die es noch nicht zum Ufer geschafft haben. Ziemlich alle Haltemöglichkeiten in Nähe der Badestellen rund um Biggesee- und Listertalsperre sind besetzt. Erste Staus auf der Landstraße 563, auch auf der L13 stockt es. Die Polizei patrouilliert – und blitzt.
Mit der Hitze, mittlerweile sind es locker 35 Grad, und der vergeblichen Suche, lässt auch die Disziplin mancher Autofahrer nach. Sie geben ruckartig Gas in der Hoffnung, vielleicht doch noch den letzten Parkplatz ergattern zu können. Die Nummernschilder, GE, DO, EN, UN, aber auch WW für Westerwald und SI (Siegen) reihen sich aneinander. OE für den Kreis Olpe sieht man eher weniger.
Die Einheimischen kennen vielleicht doch noch andere Plätze oder gehen morgens ganz früh oder abends, wenn der Rummel nachgelassen hat. Das erspart auch die Frage, wie gut oder schlecht denn die Corona-Hygieneregeln bei einem Massenansturm von Badegästen überhaupt einzuhalten sind.
Die Wenigsten tragen eine Maske
Den Abstand in den Schlangen an der Kasse bestimmen bestenfalls Schlauchboote oder wenigstens rosa Gummiringe. Sonst wird es vielfach deutlich enger als es nach Corona-Regeln ratsam wäre. Nur die Wenigsten tragen eine Maske im Getümmel.
Immerhin ist genug Platz rund ums Wasser, um sich mit Handtuch und Decke nicht wie eine Ölsardine in die letzte Lücke quetschen zu müssen - ob im Seebad oder an den freien Liegeplätzen.
„Es hat sich ganz gut eingependelt, am Anfang der Saison war es schwieriger“, sagt Badbetreiber Lars Harsveldt: „Manche Leute sind schon genervt, wenn sie bei 36 Grad mit einer Maske herumlaufen sollen, auch wenn es nur im Sanitärgebäude ist. Aber im Großen und Ganzen akzeptieren die Gäste die Regeln.“ Das ist dem 25-jährigen Geschäftsmann natürlich wichtig, denn beim Blick auf die steigenden Zahlen des Robert Koch-Instituts „ist die Sorge vor einem erneuten Lockdown schon groß.“ Schließlich: Wenn die Unvorsicht weiter wächst wie zuletzt, sind am Ende alle wieder „Ausgesperrte“.