Hagen. Im Rockerkrieg ermittelt die Staatsanwaltschaft Hagen gegen Größen der Bandidos. Die Anklagen geben Einblicke in die Führung der Rocker.
Für neun führende Mitglieder der Rockervereinigung Bandidos aus NRW könnten ungemütliche Zeiten bevorstehen. Wie die Staatsanwaltschaft Hagen am Donnerstag bestätigte, wurden soeben in zwei unterschiedlichen Verfahren Anklagen gegen insgesamt neun Vertreter der mittleren und oberen Führungsebene der Bandidos beim Landgericht Hagen eingereicht.
Wie Hagener Oberstaatsanwalt Gerhard Pauli bestätigte, wurden vier Bandidos-Mitglieder im Zusammenhang mit den Schüssen auf das Kölner Café Joker’s wegen versuchten Mordes und Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz angeklagt. In dem anderen Verfahren wird fünf führenden Köpfen der Bandidos die Bildung einer kriminellen Vereinigung, versuchter Mord in mehreren Fällen, Waffendelikte sowie gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Zu dem Quintett sollen nach Informationen dieser Redaktion Ruhrgebiets-Rockergrößen wie Peter M. aus Gelsenkirchen, Leslav H. aus Herne sowie Bandidos-“Sicherheits-Chef“ Selahettin E. und Björn B. vom Chapter Unna/Schwerte zählen.
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Hintergrund sind Rockerkriege in Hagen (Bandidos gegen Freeway Riders) und Köln (Bandidos und Hells Angels). „Es geht um Revierkämpfe, um massive wirtschaftliche Interessen in den Bereichen Schutzgelder, Prostitution sowie Waffen- und Drogenhandel“, so Pauli.
Racheaktion im Rockermilieu
Es waren mehr als zwölf Schüsse, die am 4. Januar 2019 um kurz nach 22 Uhr auf das Café Joker’s in Köln-Buchheim abgefeuert wurden. Die Gäste in dem bekannten Hells-Angel-Treff hätten friedlich Karten gespielt, so berichtete der Betreiber hinterher, als die Kugel-Salve losging. Eine Überwachungskamera hielt fest, wie Männer blitzschnell zu Boden gingen, um Schutz zu suchen.
Es grenzte an ein Wunder, dass niemand bei der mutmaßlichen Vergeltungsaktion von Bandidos verletzt wurde. Der Kölner Polizeipräsident Uwe Jacob drückte seine Verachtung für die Schießereien in dem sich zuvor immer weiter hochschaukelnden Konflikt zwischen den Rockerbanden Bandidos und Hells Angels mit markigen Worten aus: „Als wären wir hier im Wilden Westen, wird hier rumgeballert.“
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Der Angriff auf das Kölner Café ist nach Überzeugung des ermittelnden Hagener Polizei-Kommissariats für Organisierte Kriminalität und der dortigen Staatsanwaltschaft im Clubhaus des Bandidos-Chapters in Schwerte geplant worden. „Mitglieder des Schwerter Chapters wurden als personelle Verstärkung in der Auseinandersetzung der Bandidos mit den Hells Angels nach Köln abkommandiert“, so Staatsanwaltschafts-Sprecher Pauli.
„Bandidos sind streng hierarchisch organisiert“
Der personelle Austausch im Kölner und Hagener Rockerkrieg sowie der Gedankenaustausch über Vorgehensweisen - zum Beispiel Attacken auf verfeindete Rockergruppen - seien allerdings „ohne das Wissen und die Billigung der Leitungsebene der Bandidos“ nicht vorstellbar gewesen, so Pauli weiter: „Ohne die Bandidos-Führungsebene ,West Central’ geht da nichts.“
Der Machtbereich des West Central soll sich neben dem Ruhrgebiet und dem Rheinland auch auf Teile der Benelux-Staaten erstrecken. Pauli: „Die Bandidos sind streng hierarchisch organisiert. Oben wird entschieden, Aufträge werden nach unten delegiert.“
Anwalt eines Angeklagten spricht von einer „kühnen Anklage“
Der Anwalt der Bandidos-Führungskraft Peter M., Reinhard Peters, nannte im Gespräch mit dieser Zeitung die Anklage gegen seinen Mandanten „kühn“ - insbesondere den Vorwurf, strafrechtlich relevante Aktionen gegen andere Rockergruppen angeordnet zu haben. Er sei sich „ziemlich sicher“, so der Jurist aus Bochum, dass ein mögliches Verfahren vor dem Landgericht Hagen mit einem Freispruch für den Angeklagten aus Gelsenkirchen enden würde. „Die rechtlichen Voraussetzungen für eine Verurteilung unter dem Vorwurf der Bildung einer kriminellen Vereinigung sind enorm.“