Hagen/Düsseldorf. Die Zahl der Gruppen von Bandidos und Hells Angels sind zuletzt gewachsen. Warum die NRW-Regierung trotzdem ihren Rocker-Kurs bestätigt sieht.

Die Landesregierung sieht sich trotz einer steigenden Zahl von örtlichen Rocker-Gruppierungen in Nordrhein-Westfalen in ihrem Kurs gegen Bandidos, Hells Angels, Freeway Riders und Co. bestätigt. Die Zahl sei „statistischen Schwankungen“ unterworfen. Eine Neu-Gründung sei zudem zunächst nicht zu verhindern, insofern nicht offensichtlich gegen Recht und Gesetz verstoßen werde.

Es greife in solchen Fällen aber sofort der „administrative Ansatz“ an: Mit Bekanntwerden der (Neu-)-Eröffnung eines Chapters werde behördenübergreifend geprüft, ob alle gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden. Das geht bis zu Schankerlaubnissen in Clubhäusern. Selbst hier würden Verstöße konsequent verfolgt und geahndet.

Neugründungen bei Bandidos und Hells Angels

Das geht aus einer Antwort der Landesregierung auf die Anfrage eines AfD- Landtagsabgeordneten hervor. Der bezieht sich unter anderem auf einen Artikel unserer Zeitung, in dem Anfang des Jahres über die Entwicklung der Rockerszene berichtet worden war. Demnach war zwar die Gesamtzahl der Mitglieder in den so genannten Outlaw Motorcycle Gangs (OMGs) im Jahresvergleich ziemlich gleich geblieben, insbesondere bei den Bandidos (plus sieben) und bei den Hells Angels (plus drei) waren aber Neugründungen von örtlichen Gruppierungen zu verzeichnen gewesen.

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Das Landeskriminalamt (LKA) hatte das gegenüber unserer Zeitung als Ausweitung des selbst definierten Machtanspruchs der Rocker-Gruppen gewertet. Generell sieht das NRW-Innenministerium aber offensichtlich keine verschärfte Sicherheits-Lage in der Rockerszene, wie nun aus der Antwort auf die Anfrage im Landtag hervorgeht. Insbesondere bei den Freeway Riders, die durch den so genannten r zuletzt in die Schlagzeilen geraten waren, scheint es eine Beruhigung zu geben.

Bei Freeway Riders im Jahr 2019 keine massiven Straftaten

Mitglieder des 1974 gegründeten Rockerclubs, der seinen Hauptsitz in Hagen hat, hatten sich im Jahr 2018 mit den Bandidos einen zum Teil blutigen Kampf geliefert. Die Bandidos hatten mit der Neugründung eines Chapters offensichtlich versucht, in Hagen Fuß zu fassen. Die Freeway Riders wehrten sich dagegen, erst Ende April war ein führendes Freeways-Mitglied wegen Schüssen auf einen Bandido im Oktober 2018 zu einer fünfeinhalbjährigen Haftstrafe verurteilt worden.

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Nach diversen, teils massiven Polizeiaktionen scheint nun aber tatsächlich Ruhe eingekehrt zu sein. So verzeichnete das Landeskriminalamt für das Jahr 2019 für die Freeway Riders – auch in den knapp 30 anderen örtlichen Gliederungen – keine massiven Straftaten wie (versuchte) Tötungsdelikte, Körperverletzungen oder auch Verstöße gegen das Vereinsgesetz. Allerdings sind noch nicht alle Vorfälle aus der Zeit vor 2019 strafrechtlich aufgearbeitet. Und der derzeit vor dem Landgericht Hagen verhandelte Fall, in dem zwei Freeway-Riders-Anhänger einen Mann entführt haben sollen, um Schulden aus Drogen Geschäften zu erpressen, fand erst im Januar dieses Jahres statt, er fällt also zum Beispiel nicht in die Statistik.

Innenministerium sieht keine gezielte Unterwanderung durch arabische Clans

Zudem: Es gab es im Jahr 2019 insgesamt 18 polizeiliche Kontrollaktionen gegen die Freeway Riders, mit denen die Behörden Druck auf die Szene ausüben. Bei den Bandidos waren es im gleichen Zeitraum 20 Kontrollaktionen und bei den Hells Angels elf, sechs weitere gab es bei anderen Rockerclubs. Insgesamt also 55 Aktionen. Bei letzteren beiden Rocker-Gruppen gab es im Gegensatz zu den Freeway Riders, die inzwischen zumindest offiziell ihr Hagener Chapter aufgelöst haben, auch erhebliche Straftaten, wegen derer ermittelt wird. So werden den Bandidos 32 Straftaten im Jahr 2019 vom LKA zugeordnet, darunter ein versuchtes Tötungsdelikt. Bei den Hells Angels sind es 25, darunter sogar drei versuchte Tötungsdelikte.

Eine Handhabe, bei einer der Rockergruppierungen – ob Bandidos, Freeway Riders, Hells Angels, Gremium MC, Outlaws MC oder Brothers MC – örtliche Gruppierungen zu verbieten, hatte das Innenministerium im Jahr 2019 allerdings nicht. Das Landeskriminalamt prüfe aber halbjährlich, ob dies möglich sei.

Und dass Rockergruppen gezielt durch arabische Clans unterwandert werden, sieht das NRW-Innenministerium nicht. Dafür gebe es nach Rückmeldungen aus den Generalstaatsanwaltschaften des Landes keine Hinweise. Lediglich in Duisburg, so die dortige Staatsanwaltschaft gebe es Anzeichen, dass es Kontakte zwischen Gruppierungen gebe, die aber wohl mehr auf eine Koexistenz hindeuteten. In Dortmund war es zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen den Bandidos und einem dort ansässigen Clan gekommen.