Hagen/Düsseldorf. Je weniger Regen, desto schlimmer die Lage im Wald. Wir haben mit Landesumweltministerin Ursula Heinen Esser (CDU) gesprochen.

Je weniger Regen, desto schlimmer die Lage im Wald. Wir haben mit Landesumweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) über den Borkenkäfer und die Wünsche der Forstwirtschaft gesprochen.

Die Waldbauern sagen: Wir haben den Kampf gegen den Borkenkäfer verloren. Ist die Lage des Waldes wirklich so schlimm?

Heinen-Esser: Die Situation ist in der Tat besorgniserregend. Besonders in den Fichten-Beständen befinden wir uns mitten in einer Borkenkäfer-Massenvermehrung, die noch nicht abgeschlossen ist. Die Hauptnahrung, die Fichte, ist reichlich vorhanden. Derzeit kämpfen die Waldbauern und Forstleute mit der Beseitigung der Schäden. Gleichzeitig hat der Käferflug durch den warmen und trockenen April sehr früh eingesetzt. Mangels Feuchtigkeit im Boden fehlt der Harzdruck, um sich gegen den Borkenkäfer zu wehren. Mit weiteren hohen Schäden ist zu rechnen.

Mammutaufgabe der nächsten Jahre

Das Land NRW arbeitet gerade an einer Anpassung der Extremwetter-Förderrichtlinie. Welche zentralen Änderungen sind geplant?

Neben der akuten Schadensbekämpfung ist die Wiederbewaldung die Mammutaufgabe der nächsten Jahre. Sie soll fester Bestandteil der Extremwetter-Förderrichtlinien werden. Hier stellen wir insgesamt 21 Millionen Euro in diesem Jahr bereit, hinzu kommen rund 5 Millionen Euro aus der regulären Forstförderung. Seit 2019 haben die Waldbesitzenden über die Extremwetterrichtlinien Hilfen von insgesamt rund 16 Millionen Euro beantragt, von denen bereits rund 14 Millionen Euro bewilligt wurden. Künftig soll neben der Anhebung verschiedener Fördersätze auch die Förderung der bestands- und bodenschonenden Räumung und Vorbereitung von Schadflächen für die Wiederbewaldung möglich sein. Mit den Verbänden sprechen wir derzeit über die Ausgestaltung.

Corona macht die Preise kaputt

Wie kommt die Wiederaufforstung aus Ihrer Sicht voran? Geht das nicht alles viel zu langsam? Und bremst Corona?

Leider hat Corona auch Auswirkungen auf die Bewirtschaftung der Wälder, zum Beispiel weil die Holznachfrage und der Export zurückgegangen sind. Aufgrund der Arbeit in freier Natur sind Einschränkungen im direkten Arbeitsablauf vor Ort aber eher gering. Problematisch sind die trockenen Böden, die Aufforstungen erheblich erschweren. Aber sie werden sukzessive zunehmen. In die Wiederbewaldung wird auch die Naturverjüngung einbezogen. Grundlage der Wiederbewaldung ist das Waldbaukonzept Nordrhein-Westfalen, das je nach Standort angepasste Empfehlungen gibt. Die Landesregierung hat zugesagt, in den nächsten zehn Jahren insgesamt 100 Millionen Euro für die Wiederbewaldung bereitzustellen.

Wie sehen Sie den Wald der Zukunft? Die Fichte ist ja so gut wie tot. Macht Sie die Entwicklung traurig?

Die verbrannte Erde, auf der ich nach dem Waldbrand in Gummersbach stand, hat mich traurig gemacht. Der Anblick hat mich darin bekräftigt, wie richtig und wichtig es ist, dass wir vielfältige und klimastabile Mischwälder fordern und fördern. Diese sind nicht nur ökologisch bedeutsam, sondern auch weniger gefährdet durch Stürme, Trockenheit, Borkenkäfer und Waldbrände.

Heimische Arten pflanzen

Im Zentrum der Wiederbewaldung stehen heimische Baumarten, die um weitere Arten ergänzt werden können. Das Baumartenportfolio soll mit Blick auf den Klimawandel Schritt für Schritt vergrößert werden. Dabei müssen wir Naturschutz und Waldwirtschaft einen, nachwachsende Ressourcen fördern und zugleich den Wert der Wälder als „Hot-Spots“ der Biodiversität sichern.

Die deutschen Waldbesitzer fordern die Baumprämie. Wann kommt sie?

Die Baumprämie geht zurück auf einen Vorschlag von Ministerpräsident Armin Laschet. Unsere Wälder erbringen für uns alle vielfältige und wertvolle Leistungen. Das muss besser gewürdigt und honoriert werden. Dort, wo CO2 gebunden wird – nämlich in unseren Wäldern – muss das Geld aus dem Emissionshandel ankommen. Wir haben uns auf Bundesebene für dieses Thema stark gemacht. In der Zwischenzeit wurde hierzu eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die Möglichkeiten ausarbeitet. Zudem prüft die Landesregierung die Einrichtung eines „NRW-Waldfonds“ als regionales Instrument zur Honorierung der Leistungen des Waldes. In dem Fonds könnten öffentliche Mittel und freiwillige Kompensationsbeiträge von Unternehmen und Privatpersonen zu Gunsten des Waldes gebündelt werden.