Olpe/Hagen. Waldbrände wüten nicht nur in Wenden und Gummersbach. Das hat auch mit dem Coronavirus zu tun. Entwarnung ist in Sachen Wetter nicht in Sicht.

Im Kreis Olpe brannten in der Nacht zu Dienstag 30.000 Quadratmeter Wald, 400 Rettungskräfte waren im Einsatz, sogar Löschfahrzeuge vom Flughafen Köln/Bonn wurden angefordert. Etwa 600.000 Quadratmeter standen fast gleichzeitig unweit von Wenden in Gummersbach in Flammen. Und auch in Wetter im Ennepe-Ruhr-Kreis und im Grenzgebiet zu den Niederlanden fraß sich Feuer durch die Bäume. Der Wald in NRW brennt. Ist das Zufall? Nimmt die Gefahr zu? Das sagt...

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... der Wald-Experte

"So viele so große Waldbrände sind tatsächlich ungewöhnlich", sagt Michael Blaschke, Sprecher des Landesbetriebs Wald und Holz. "Die Waldbrandgefahr ist im April zwar immer besonders hoch", sagt der Experte. Grund: Die Vegetation ist noch nicht so ausgeprägt wie im Sommer, die Sonne scheint bis auf den Waldboden hinab.

Doch in diesem Jahr "ist die Waldbrand-Gefahr besonders groß", sagt Blaschke und nennt die potenziellen Risikofaktoren: Die seit Wochen herrschende große Dürre, den ungewöhnlich starken Wind, der das Feuer anfacht und verbreitet sowie das viele tote und trockene Holz, das wegen der Borkenkäferproblematik im Wald liegt und schnell Feuer fängt. "Und Fakt ist, dass derzeit doppelt so viele Menschen im Wald unterwegs sind wie sonst", sagt Blaschke. "95 Prozent aller Waldbrände haben keine natürliche Ursache."

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Je mehr Menschen, desto größer das Risiko, dass eine weggeworfene Zigarette ein Feuer entfacht. Oder die Scherben einer unrechtmäßig entsorgten Flasche in Kombination mit dem Sonnenlicht. Oder ein Auto, das aufgeheizt ist und zu nah am hohen Gras parkt.

Der Waldbrandgefahren-Index NRW, der täglich morgens aktualisiert wird, weist Gefahrenstufe 3 von 5 aus. "Aber das ist eine trügerische Sicherheit. Denn der Index wird für eine große Fläche berechnet. Das heißt nicht, dass er nicht an manchen Stellen 5 betragen kann", sagt Blaschke. Besonders gefährdet ist der Wald grundsätzlich dort, "wo es am wärmsten und am trockensten ist, also eher in den niederen Lagen".

Besonders schlimm sei, dass es sich zum Beispiel in Gummersbach um einen Vollbrand handelte, das heißt, dass die Bäume bis in die Spitzen brennen. "Danach sind sie tot. Einen Bodenbrand kann der Wald vertragen, dann ist er nach zwei Jahren wieder frisch", sagt Blaschke und warnt: "Wir müssen uns Sorgen machen um den Wald."

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... der Wetter-Experte

Das derzeitige Wetter trägt seinen Teil zur Risiko-Lage bei. "Es war seit Mitte März in weiten Teilen von NRW sehr, sehr trocken", sagt Malte Witt, Meteorologe vom Deutschen Wetterdienst (DWD) in Essen. "Aber das kam in den vergangenen Jahren durchaus schon vor." Ein Trend also? Es gäbe, räumt er ein, die Theorie, dass der Jetstream aufgrund des Klimawandels mittlerweile einen Bogen um Mitteleuropa macht und sich daher blockierende Wetterlagen häuften.

Aber Witt ist eher der Mann für den Blick in die nahe Zukunft. Und die gibt keinen Grund zur Entwarnung - und das gilt überall in NRW gleichermaßen. "In den kommenden fünf Tagen wird es kaum regnen. Bis Freitag haben wir sehr viel Sonne und auch am Mittwoch noch einen ordentlichen Wind. Keine Entspannung der Lage also", sagt Witt, der aber dann doch noch zumindest Hoffnung hat, dass es in der kommenden Woche etwas regnerischer werden könnte: "Wir sehen Signale, dass in der nächsten Woche feuchtere Luftmassen herangeführt werde könnten."

Aus dem Konjunktiv wagt er sich aber nicht heraus. Ob der Mai nach dem voraussichtlich sehr trockenen April mehr Niederschlag bringt, lasse sich zurzeit noch nicht abschätzen. „Nach zu trockenen Aprilmonaten traten in der Vergangenheit trockene und nasse Mai-Monate etwa gleich häufig auf“, sagt Tobias Fuchs, Vorstand Klima und Umwelt des DWD.

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... der Feuer-Experte

Es war bereits nach Mitternacht, als Uwe Wiedenbeck in der Nacht zu Dienstag einen Anruf von der Bezirksregierung Arnsberg erhielt. Der Winterberger ist Bezirksbrandmeister - ranghöchstes Feuerwehrmitglied im Regierungsbezirk Arnsberg - und unterstützt die Behörde ehrenamtlich bei der Aufsicht über die Freiwilligen Feuerwehren und über die Pflichtfeuerwehren in Gemeinden ohne Berufsfeuerwehr. Inhalt des Gesprächs: Großer Waldbrand mit über 100 Einsatzkräften. Der Brand in Wenden war ein meldepflichtiges Ereignis, das den Aufsichtsbehörden mitzuteilen ist und mit jenem Anruf bei Wiedenbeck einhergeht.

Der Ablauf im Notfall ist klar vorgegeben: Zunächst ist die örtliche Feuerwehr für den Brand zuständig. Bedarf es weiterer Kräfte aus Nachbarstädten, schaltet sich der Kreisbrandmeister ein und koordiniert den Einsatz. Reicht auch dies nicht, wird das der Alarmierungsleitstelle in Dortmund gemeldet, die dann wiederum die Feuerbereitschaften losschickt. Fünf dieser Art gibt es im Regierungsbezirk. Eine davon setzt sich aus den Feuerwehren im Märkischen Kreis und derer in Hagen zusammen.

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"90 Prozent meiner Arbeit ist es, gut vorbereitet zu sein auf den Ernstfall. Die Alarmwege sind klar definiert. Wir können uns auf dieses Gebilde verlassen", sagt Wiedenbeck. "Selbst wenn wir es mit drei Großbränden in Gummersbach, Wenden und in den Niederlanden zu tun gehabt hätten, hätten wir das geschafft." Der personellen Ausstattung der Freiwilligen Feuerwehren gereicht die Corona-Krise laut Wiedenbeck derzeit gar zum Vorteil: Tagsüber stehen die Mitglieder wegen Kurzarbeit oder Home-Office schneller und zahlreicher zur Verfügung.

Weil der Regen vorerst ausbleibt, rechnet Wiedenbeck mit weiteren Waldbränden in der Region. "Es wird vermutlich wieder brennen", sagt er, "wie stark und auf welcher Fläche, bleibt abzuwarten. Aber wir sind bereit."