Hagen/Menden. Ab jetzt ist Ernstfall: Wie Familien in der Region damit umgehen, dass die Kinder nun zuhause sind. Für Alleinerziehende ist es doppelt schwer.
Wer jetzt in der engen Wohnung im Mehrfamilienhaus in der Stadt die Zeit mit den Kindern verbringen muss, der könnte neidisch werden. Denn Verena Venemann und ihr Mann Marcel haben ein Haus im Grünen. In Menden-Brockhausen, „mitten in den Feldern“, wie sie sagt. In diesen Zeiten ein Paradies für das Paar und und seine 4 und 8 Jahre alten Söhne Hendrik und Leonhard.
Da es nur ein junges Paar als Nachbarn gibt, kann sich die Familie ziemlich frei bewegen. Und zwar ohne das selbst von der Bundeskanzlerin ausgesprochene Gebot zu verletzen, dass man Sozialkontakte möglichst meiden sollte, um die Ausbreitung des Coronavirus’ zu stoppen.
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Die Venemanns sind eine von Tausenden Familien in der Region, für die seit gestern nichts mehr ist wie zuvor. Schule und Kindergarten sind geschlossen. „Am Montag waren wir mit den beiden Jungs noch einmal beim Sport“, sagt die Mendenerin. „Aber damit ist jetzt auch Schluss.“ Angst hat sie nicht vor den kommenden Wochen. „Aber Respekt.“
Denn die Kinder wollen beschäftigt werden, und gleichzeitig müssen beide Elternteile auch noch ihren Berufen nachgehen. Was in ihrem Fall klappt. „Mein Mann ist als Graffiti-Künstler selbstständig – er darf zum Glück auch noch arbeite“, sagt Verena Venemann. „Und ich bin im Metallbetrieb meines Vaters beschäftigt.“ Ein Kleinbetrieb, in dem sie sich die Arbeit einteilen kann. So können die beiden sich die Betreuungszeiten aufteilen.
„Oder die Oma springt ein.“ Die Oma? Sollten diese Kontakte nicht eigentlich unterlassen werden. Ja, sagt die Mendenerin, wie in vielen andere Familien sei das im Alltag dann doch nur schwer zu machen. „Aber meine Mutter ist auch erst 57 Jahre alt, hat keine Vorerkrankung die gehört nicht wirklich zur Risikogruppe.“ Aber auch bei der Uroma mit 80 Jahre sagen die Enkelkinder natürlich Hallo. „Aber wenn sie reinkommen, waschen und desinfiziere sie sich gleich die Hände.“
Und: Auch mit Freunden würden sich die Söhne in den nächsten Tagen und Wochen sicherlich treffen. Das hat man auch mit deren Eltern schon besprochen. Ansonsten wollen die Venemanns viel gemeinsam spielen, basteln. „Und sicher werden die Kinder in der nächsten Zeit auch mal öfter auf dem Tablet etwas schauen dürfen“, sagt Verena Venemann. Aber der älteste Sohn, der ins zweite Schuljahr geht, wird auch lernen müssen, trotz Schulausfalls: „Da war die Grundschule am Freitag wirklich super vorbereitet, die Lehrer haben viele Aufgaben mitgegeben.“
Stress für Verkäuferinnen
Und wie sieht es in andere Familien aus? „Na wir machen jetzt einfach das Beste aus der Situation“, sagt etwa Nadine Schmidt aus Olpe. „Spiele haben wir. Lernen für die Schule, gemeinsam kochen und backen.“ Stefanie Nöcker sieht das schon kritischer: „Ich muss im Einzelhandel wie immer arbeiten -- auf uns nimmt niemand Rücksicht. Homeoffice ist da nicht. Unsere Kinder haben Aufgaben bekommen und ich hoffe, dass meine Eltern sich trotz allem kümmern.“
Désirée Christin ist in der gleichen Situation: „Mein Tag sieht nicht anders aus als sonst. Ich bin Verkäuferin im Lebensmitteleinzelhandel. Ich habe für mein Kind keine Betreuung, da auch mein Lebensgefährte arbeiten ist. Das heißt: Mein zwölfjähriges Kind ist den halben Tag alleine Zuhause. Eine ziemlich beschissene Situation.“
Ähnlich geht es Natascha Kröhne aus Arnsberg: „So lange ich arbeiten gehen muss, überlege ich täglich auf‘s Neue, wohin ich mein Kind bringe oder ob es mit zur Arbeit muss. Dort darf es sich dann langweilen. Nachmittags wird dann das Beste aus der Situation gemacht. Raus, basteln, spielen, Fahrradfahren oder Schulaufgaben. Irgendwie schaffen wir das schon. Ist eine Zwangs-Entschleunigung. Kann ja auch nicht schaden.“
Ilka Schneider sieht es noch recht locker: „Homeoffice während mein Sohn mittags und abends schläft. In der Zwischenzeit werden bei gutem Wetter die Wälder und der Garten unsicher gemacht.“
Jessi Müller aus Hagen ist alleinerziehend: Für sie ist die Corona-Zwangspause eine Herausforderung: „Meine Kinder sind 7 und 3. Der Große muss drei Stunden Unterricht am Tag machen mit mir. Mein Problem ist da eher, wie ich in der Zeit beiden gerecht werde. Eine Dreijährige kann sich so lange nicht alleine beschäftigen. Dann ist da auch noch die Arbeit, der Hund und der Alltag, den man sonst in der Abwesenheit der Kinder erledigt, um nachmittags Zeit für sie zu haben. Oma und Opa sind komplett raus. Leicht wird diese Zeit nicht.“