Hagen. Ein nur drei Monate alter Säugling stirbt. Der Vater bekommt nur eine Bewährungsstrafe. Jetzt wird der Fall am Landgericht Hagen neu aufgerollt.

Es war eine Tat, die in Bielefeld für großes Aufsehen gesorgt hatte: Der qualvolle Tod eines drei Monate alten Säuglings, der seinem Vater gleich zweimal vom Arm gefallen war, mit seinem Gesichtchen auf dem Boden aufschlug und zusätzlich noch getreten wurde. Das Landgericht Bielefeld verhängte dafür nur eine 15-monatige Bewährungsstrafe. Doch der Bundesgerichtshof (BGH) zerpflückte im August 2017 das Urteil und hob es auf. Jetzt muss das Schwurgericht Hagen den Fall neu verhandeln.

Mit den Köpfchen zusammengeprallt

Auf der Anklagebank sitzt scheinbar unberührt ein Mann (36) mit lichtem Haar und dunkler Hornbrille. Mehr als vier Jahre liegt der Tod seines kleinen Sohnes jetzt zurück. In der Nacht vom 13. auf den 14. November 2015 soll der Angeklagte – nach dem Konsum von Cannabis und LSD – gegen fünf Uhr morgens seine beiden drei Monate alten Zwillinge, ein Junge und ein Mädchen, gleichzeitig aus ihrem Gitterbett gehoben haben. Dabei fielen ihm die beiden Säuglinge aus dem Arm und auf den Boden: Der Junge prallte direkt aufs Gesicht und wurde, so der Vorwurf, vom Vater dann auch noch getreten.

Als er die Babys zurück ins Bett legen wollte, rutschten diese ihm nacheinander wieder aus dem Arm und schlugen dabei mit ihren Köpfchen gegeneinander. Ohne sich weiter um die verletzten Säuglinge zu kümmern, habe sich der Angeklagte wieder schlafen gelegt.

Vorwurf: Den Tod billigend in Kauf genommen

Dabei sei ihm die Möglichkeit, dass die Kinder aufgrund ihrer Verletzungen sterben könnten, bewusst gewesen. Dies habe er billigend in Kauf genommen.

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Als die Mutter gegen acht Uhr morgens aufwachte, lag einer der beiden Zwillinge blau angelaufen im Bett. Die Notärztin (39) und die Rettungsassistenten der Feuerwehr Bielefeld, die erst gegen neun Uhr morgens hinzugerufen worden waren, fanden eine unaufgeräumte Wohnung vor, die mit zugezogenen Gardinen abgedunkelt war und in der mehrere TV-Geräte liefen. Und der schwer verletzte Säugling lag da, völlig unbeachtet, fest in eine Decke eingewickelt, wie ein lebloses Bündel – schilderten die Rettungskräfte der Berufsfeuerwehr Bielefeld als Zeugen. Ein Rettungsassistent (44): „Eine Kollegin reanimierte das Baby minutenlang. Wir haben streng nach der Weisung der Notärztin gearbeitet, aber bereits gesehen, dass es ein kritischer Verlauf wird.“

Im Krankenhaus ist der kleine Junge dann kurz darauf verstorben. Bei der späteren Obduktion waren mehrere Knochenbrüche festgestellt worden, der Schädel des Säuglings war an zwei Stellen geborsten, im Hirn fanden sich Unterblutungen. Sowohl bei dem toten Baby als auch bei der Zwillingsschwester, die heute in einer Pflegefamilie lebt, waren ältere und frische Knochenbrüche diagnostiziert worden, die auf Misshandlungen hindeuteten.

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Totschlag-Verurteilung möglich

Als Todesursache hatten die Rechtsmediziner jedoch eine Lungenentzündung ausgemacht, die zu massiven Organversagen geführt hatte. Das Bielefelder Landgericht hatte deshalb verneint, dass die Verletzungen des Babys dem Angeklagten zugerechnet werden konnten und eine Bewährungsstrafe verhängt.

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„Es ist nicht unsere Aufgabe hier, das Urteil der Bielefelder Kollegen zu bewerten“, sagte die Vorsitzende des Hagener Schwurgerichts, Heike Hartmann-Garschagen, deutlich. Sie erteilte jedoch den rechtlichen Hinweis, dass diesmal auch eine Verurteilung wegen Totschlags erfolgen könnte.