Hagen. Der Präsident des Landesjagdverbandes NRW erklärt die Haltung der Jäger zur Forderung der Waldbauern, die Abschussquote von Wild zu verdoppeln
Die Waldbauern in NRW halten eine Aufforstung des geschädigten Waldes nur für möglich, wenn die Abschussquote für Rot- und Rehwild verdoppelt wird. Ralph Müller-Schallenberg, Präsident des Landesjagdverbandes NRW, erklärt im Interview mit der WP die Haltung des Jagdverbandes zu dieser Forderung und warum der Waldumbau mit dem Jagdgewehr alleine nicht funktionieren wird.
Wie steht der Landesjagdverband zu „Wald vor Wild“?
Der Landesjagdverband Nordrhein-Westfalen hat seine 65.000 Mitglieder zur Solidarität mit den Waldbauern aufgerufen. Wir jagen intensiv, aber tierschutzkonform und waidgerecht. Wir Jäger sind gesetzlich verpflichtet, für einen gesunden und artenreichen Wildbestand zu sorgen. Bereits nach dem verheerenden Kyrill-Sturm vor einem Jahrzehnt konnten wir den Verbissdruck auf gefährdete Verjüngungsflächen durch intensive Jagd senken. Die meisten Kyrill-Flächen stehen heute grün und vollbestockt da. Etliche Baumarten brauchen in der jungen Wachstumsphase aber immer technischen Schutz wie Zäune. Wir stehen also für „Wald und Wild“. „Wald vor Wild“ lehnen wir ebenso ab wie einen Totalabschuss. Nach meinem Eindruck sehen das die meisten Menschen auch so, die sich freuen, wenn sie ein Reh am Waldrand erblicken und den Wald mit Wild lieben.
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Wieviel Schalenwild wird in NRW pro Jahr erlegt? Lassen sich die Zahlen weiter aufschlüsseln (Rehe, Hirsche etc.)?
Darüber gibt die offizielle Streckenstatistik Auskunft. Für das Jagdjahr 2018/19 (30. März) liegt noch kein Ergebnis vor. Trotz extrem gestiegener Strecken in den vergangenen vier Jahrzehnten hat sich das Waldbild kaum verändert. Von 1970 bis 2018 stieg in Deutschland allein der Abschuss von Rehwild um über 88 Prozent auf knapp 1,2 Millionen. Beim Rotwild betrug die Steigerung sogar 108 Prozent mit 76.794 erlegten Tieren im Jahr 2018. Nach wie vor dominieren allerdings die besonders anfälligen Arten Fichte und Kiefer den Wald. Insgesamt machen Nadelbäume immer noch 56 Prozent des Gesamtbestandes aus - die erwünschte Mischung hin zu mehr Laubbäumen ist nur marginal erfolgt. Waldumbau mit dem Jagdgewehr wird allein nicht funktionieren.
Können die Jäger eine Verdoppelung des Abschusses überhaupt leisten?
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Die Jäger leisten schon viel. Angesichts des Verbreitungsrisikos der Afrikanischen Schweinepest wurden im statistisch zuletzt ausgewerteten Jagdjahr 2017/2018 (30. März) in Deutschland mehr als 820.000 Wildschweine erlegt – so viele wie noch nie in einer Jagdsaison, 66.000 davon in NRW. Das war ein Streckenrekord, den auch die nordrhein-westfälische Jägerschaft zustande gebracht hat. Wir fordern Bund und Länder auf, in ihren Wäldern, die etwa die Hälfte der Waldfläche Deutschlands ausmachen, ihrer Vorbildfunktion für den Waldumbau gerecht zu werden und wissenschaftliche Lösungen aufzuzeigen. Die Definition von Artenvielfalt im Wald darf sich nicht auf wenige, zumeist wirtschaftlich interessante Baumarten beschränken. Sie muss Sträucher und Krautpflanzen ebenso einschließen wie Tierarten. Wälder müssen geeignete Lebensräume für Wildtiere sein.
Gibt es einen Markt für das zusätzlich erlegte Wild?
Schwierig. Wir haben schon mit der stark intensivierten Schwarzwildjagd einen Preisverfall beim Fleisch von Wildschweinen hinnehmen müssen. Aber Wild ist gesund, überaus schmackhaft und vom heimischen Jäger immer aus regionaler Herkunft. Dafür werben wir stark mit unserer Initiative „Wildgenuss NRW“.