Bödefeld/Winterberg. Der Wald ist durch Wildverbiss gefährdet - auch in Schmallenberg und Winterberg. Projekt erforscht Auswirkungen und präsentiert Lösungsideen.

Vor dem Hintergrund der sehr besorgniserregenden Waldgesundheit hat das Thema „Wildverbiss“ plötzlich eine besonders große Bedeutung bekommen. Die „Arbeitsgemeinschaft Naturgemäße Waldwirtschaft“, Träger des BioWild-Projektes, hatte jetzt zu einer Halbzeitveranstaltung eingeladen: Wissenschaftler präsentierten erste Ergebnisse.

Denn mit dem Projekt soll der Einfluss des Schalenwildes auf die Vegetation in bundesweit fünf Pilotregionen erfasst werden - darunter auch die Pilotregion NRW zwischen Bödefeld und Winterberg. Aus den Ergebnissen wollen Waldbesitzer und Jäger Konsequenzen für die Bewirtschaftung ziehen.

Schwierigste Pilotregion

Alle Teilnehmer waren sich einig, dass man die Wildbestände weiter reduzieren müsse, wenn sich ein zukunftsfähiger Mischwald ohne Zäune entwickeln soll. Hans von der Goltz, Leiter des Projektes: „Wir haben hier aufgrund sehr unterschiedlicher Waldbesitzerverhältnisse und dem Vorkommen mehrerer Schalenwildarten die schwierigste Pilotregion. Daher freue ich mich, dass sich engagierte Waldbesitzer und Jäger intensiv einbringen und wie z. B. der Markenverband Winterberg, kürzlich eine drastische Reduktion des Rotwildbestandes beschlossen haben.“

Forstdirektor Frank Rosenkranz, Leiter des Regionalforstamtes Oberes Sauerland dazu: „Wir müssen dafür sorgen, dass wir jetzt eine neue Waldgeneration schaffen, die mit Stürmen, Käfern, Trockenheit und Hitze besser fertig wird. Hierfür müssen Maßnahmen konsequent durchgesetzt werden, so auch die Wilddichte.“

Waldbegang der Versuchsflächen

Nach einem Waldbegang zu einer der 248 Versuchsflächen stellten die Wissenschaftler erste Ergebnisse vor. Dr. Torsten Vor von der Universität Göttingen stellte fest, dass sich die Vegetation sowohl bei den krautigen Pflanzenarten, als auch bei den Gehölzen innerhalb und außerhalb der Zäune vor allem dort unterschiedlich zu entwickeln beginnt, wo die Wilddichte dem örtlichen natürlichen Nahrungsangebot nicht angepasst ist.

Sträucher, Kräuter und Moose profitieren bisher nicht vom Zaunschutz. Bei den jungen Bäumchen sehe es dagegen anders aus. Bei den über 50 Zentimeter hohen Jungpflanzen haben die Rehe, Hirsche und Mufflons bereits die seltenen Arten herausgefressen.

Wald erkennbar gefährdet

Das bedeutet, dass der angestrebte Mischwald erkennbar gefährdet ist. Auf den meisten Waldflächen sei es möglich, mit jagdlichen Mitteln angepasste Wildbestände herzustellen und auf diese Weise Naturverjüngungen zu gewährleisten, so Claudia Jordan-Fragstein von der Technischen Universität Dresden. Über 3 verschiedene Jagdregime können unterschiedlich hohe Wildbestände und somit auch Einflüsse auf die Pflanzenwelt erzeugt werden.

Erste Ergebnisse zeigen, dass eine der drei Varianten mit alternativen Jagdzeiten, aber auch totalen Jagdruhezeiten genutzt und die Jagd durch Synchronisation der Jagdzeiten effizienter wird. Es wird mehr Wild in kürzerer Zeit erlegt. Heißt: das Wild wird über das Jahr gesehen weniger beunruhigt.

Gemeinsamer Einsatz für den Wald gefordert

In einer abschließenden Diskussion war man sich einig, dass der Wald im Klimawandel besonderen Belastungen ausgesetzt ist und für seine Stabilisierung einer hohen Biodiversität und gemischten Verjüngung besondere Bedeutung zukommt. Wild hat hierauf einen entscheidenden Einfluss.

„Konsequentes Jagen zur Vermeidung der Entmischung und naturnahe Waldwirtschaft führen erkennbar zum Erfolg. Eine arten- und strukturreiche neue Waldgeneration wächst heran. Hierbei ist es besonders wichtig, dass Waldbesitzer und Jäger sich abstimmen und gemeinsam Verantwortung für den Erfolg des Waldumbaus übernehmen“, so Hans von der Goltz.