Lennestadt. . Jetzt reiten sie wieder bei den Karl-May-Festspielen in Elspe. Wir haben schon einmal in einer Probe entdeckt, was in Winnetou III passiert.

Acht Pferde müssen in den Tunnel. Das Publikum sieht eine spannende Szene, perfekt getimt; die Zuschauer zittern angesichts des Verrats, der sich hier anbahnt. Doch noch üben sie in Elspe. Welches Pferd geht zuerst hinein? Bleibt der Rappe des Apachenhäuptlings draußen? Stehen im Tunnel genug Pferdehalter bereit? In einer Woche ist Premiere beim Elspe-Festival. Dann reitet Winnetou auf der spektakulären Naturbühne mitten im Sauerland zu seinem letzten Kampf.

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„Winnetou III“ ist das am seltensten gespielte Stück in Elspe und deshalb für Darsteller und Besucher etwas Besonderes. 1997 war es zum letzten Mal zu sehen. Festivalchef Jochen Bludau hat die Handlung nach dem Roman von Karl May für die Bühne eingerichtet und führt Regie. Keiner kann das Bühnenpanorama mit seinen 96 Metern Breite, 34 Metern Tiefe und dem Höhenunterschied von 25 Metern so gut bespielen wie Bludau. In diesem Jahr ist die Szenerie noch einmal in die Höhe erweitert worden. Oben auf dem Felsen thront jetzt eine kleine Holzkirche, wie sie typisch ist für die frühen Siedlerjahre im Wilden Westen.

Choreographie mit Pferden

„Wo ist der Kai? Da ist er falsch.“ Kai, das ist Kai Noll, der Old Shatterhand von Elspe. Er ist bei der Probe schon im Kostüm, ebenso wie Jean Marc Birkholz als Winnetou, aber noch ohne Maske. In diesem Kapitel bringen die Banditen, die Hounds, den gefangenen Häuptling in die Siedlung, um ihm den Prozess zu machen. Sam Hawkens will zu seinen Gunsten aussagen. Old Shatterhand soll sich auf der oberen Spielebene verstecken, damit er rechtzeitig eingreifen kann. Jochen Bludau weist die Darsteller ein: „Kein einziger Hound darf nach oben gucken können. Stellt Euch bitte so auf, dass ihr auch an der Seite nicht nach oben sehen könnt.“

Benjamin Armbruster, 24 Jahre lang der Winnetou in Elspe und hoch geachteter Bühnenschauspieler in Bielefeld, unterstützt Bludau als Co-Regisseur. In einem normalen Theaterbetrieb ist es schon schwer genug, die Darsteller von rechts nach links zu bewegen, Aufgänge und Abgänge zu koordinieren. Kommen Pferde ins Spiel, wird die Choreographie sehr viel kniffeliger. Die Tiere müssen sich zudem erst an die Bühne, an den Feuerrauch und das Knallen der Gewehre gewöhnen.

Theater für alle Sinne

„RTL hat versucht, die Karl-May-Charaktere nach Heute zu schreiben“, analysiert Jochen Bludau. Das ist nichts für Elspe. „Ich war immer ein Freund von Märchen. Karl Mays Figuren sind zeitlose Typen.“ Auch der Humor kommt in Winnetou III nicht zu kurz. Der spiegelt sich zum Beispiel in einem Auswandererpärchen, das der tödlichen Dynamik des Wilden Westens mit erschütternder Naivität begegnet. „Aber man darf die komischen Figuren nicht so zeichnen, dass sie eingeschränkt wirken. Sam Hawkens zum Beispiel ist skurril, aber auch pfiffig“, betont Jochen Bludau.

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Elspe ist Theater für alle Sinne. Die Pferdehufe wirbeln Staub auf, der Pulverdampf kitzelt in der Nase. Hinter der reibungslosen Natürlichkeit der Szenen steckt höchste Professionalität. Nur durch Übung kommt man in den Wilden Westen mitten im Sauerland. „Die Pferdehalter müssen immer in der richtigen Position sein. Die halten wir uns nicht extra, sondern das sind die Cowboys und Indianer, die gerade nichts zu tun haben“, erläutert Bludau und unterbricht die Probe. Denn die Reiter kommen eben nicht wie vorgesehen zu Fuß aus dem Tunnel zurück ins Dorf, um die Indianer anzugreifen. Timing ist alles in Elspe. Die Übergänge zwischen den Szenen und die Einsätze müssen sitzen. Bis zur Premiere werden die Abläufe und Stichworte wie am Schnürchen funktionieren. Auch wie man ein Indianerzelt in Brand setzt, muss geübt werden. Denn so einfach ist das gar nicht.

Schlüsselrolle für ein Mädchen

Ein kleines Mädchen spielt die Schlüsselrolle in Winnetous letztem Kampf. Sie ist die einzige überlebende Zeugin des Massakers, das die Hounds an weißen Siedlern ausgeführt haben.

Es geht um Gold. Der Siegener Schauspieler Sebastian Kolb ist als Winnetous Gegenspieler Doc Plummer ein undurchschaubarer Mann. Er ist der Kopf der Gangster, gleichzeitig vertritt er Recht und Gesetz und wickelt Weiße sowie Indianer um den kleinen Finger. Und nichts will er mehr, als das Mädchen in die Finger zu kriegen. Die Kleine wird von Old Schatterhand und Winnetou beschützt.

Ganz großes Theater

Winnetou III ist ganz großes Theater um Verrat und Niedertracht und Mut und Herzenswärme. Wie die Handlung ausgeht, muss hier nicht erwähnt werden. Winnetou III ist schließlich das einzige Buch von Karl May, das keiner zweimal liest.

Dass Gefühle auch im Breitband-Format der Naturbühne Elspe funktionieren, erstaunt und fasziniert selbst Jochen Bludau immer wieder: „Man meint, die Leute würden nur auf Action anspringen. Aber das ist gar nicht so. Diese Geschichte ist voller Emotionen, und sie nimmt viele Zuschauer emotional richtig mit.“

Alle Infos und Karten: www.elspe.de