Dortmund. Berufstätige Mütter verzweifeln oft an ihren eigenen Ansprüchen. Zum Muttertag haben wir uns gefragt, woher eigentlich dieser Druck kommt.
Mutter bin ich seit drei Jahren. Redakteurin schon viel länger. Ich liebe mein Kind. Ich liebe meinen Beruf. Beides verdient meine volle Aufmerksamkeit. Das ist der Anspruch, den vor allem ich selbst an mich stelle. Und an dem ich oft genug scheitere.
Dann jongliere ich Prioritäten wie Bälle, versuche leicht atemlos alle gleichzeitig in der Luft zu halten. Die Präsentation muss vorbereitet werden, das Kind zum Musikkurs, der Kuchen am besten selbst gebacken, schnell noch die Mails checken, damit bloß niemand auf Antwort warten muss. Ich eile aus dem Büro zur Kita, vom Spielplatz zum Supermarkt, gehe auf dem Weg im Kopf noch ein Konzept durch - und falle abends todmüde ins Bett.
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Wer eine Familie mit kleinen Kindern hat, der weiß: Die kleinste Erschütterung genügt jetzt, um das sorgfältig geplante Gefüge aus dem Gleichgewicht zu bringen. Eine heiße Kinderstirn am Morgen, das Meeting dauert unerwartet länger, die Tagesmutter fällt aus: Sofort muss ein Plan B geschmiedet werden. Und sogar wenn alles glatt läuft, nagt ständig das schlechte Gewissen, irgendwie zu wenig geleistet zu haben.
Den Stress mache ich mir oft selbst
Aber woher kommt dieser Druck eigentlich? Wenn ich ehrlich bin: Den größten Stress mache ich mir oft selbst.
Wir sind es heute gewohnt, immer Vollgas zu geben. Brennen für den Job, geben alles beim Sport, feiern bis zum Morgen, reisen um die ganze Welt. Wenn dann ein Baby kommt, wird das Leben auf den Kopf gestellt. Alles muss neu geordnet werden, denn im Mittelpunkt steht plötzlich ein hilfloser kleiner Mensch.
Genau an dieser Stelle ist es mit der Gleichberechtigung in vielen Familien plötzlich vorbei. Die Mutter verabschiedet sich in die Elternzeit. Selbstverständlich. Neun Monate, ein Jahr, vielleicht auch länger. Der Mann nimmt die obligatorischen Partnermonate fürs Elterngeld. Dass Frauen wenige Wochen nach der Geburt wieder am Schreibtisch sitzen, steht eigentlich nicht mal zur Debatte. Die Frau bleibt natürlich beim Baby, sie ist ja schließlich die Mutter. Ich habe lange überlegt, ich kenne wirklich viele Familien, aber ich kann die Gegenbeispiele an einer Hand abzählen.
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Also sitzen wir nachmittags auf dem Spielplatz: Die gefragte Projektmanagerin baut eine Sandburg mit Wassergraben. Die erfolgreiche Finanzberaterin wechselt auf der Wiese Windeln. Und die promovierte Juristin packt die zuckerfreien Kekse aus, die sie am Vorabend gebacken hat. Die Väter arbeiten derweil. Vollzeit natürlich. Sie sind im Job schließlich unentbehrlich.
Rollenbilder wie aus den 60er Jahren
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Und so schleichen sie sich noch immer in unser emanzipiertes selbstbewusstes Leben: die Rollenbilder aus den 60er Jahren. Die Mutti kümmert sich um die Arzttermine, kauft die neuen Strumpfhosen für den Winter, besucht den Elternabend, organisiert das Geschenk für die nette Leiterin der Krabbelgruppe. Die Väter sind dabei höchstens in cc. Wenn das Kind krank wird, sind es meistens die Mütter, die ihre Termine absagen und zuhause bleiben.
Verstärkend kommt hinzu, dass die gefilterte Welt auf Instagram, in Zeitschriften und Blogs uns heute ständig den Spiegel vorhält und zeigt, wie perfekt andere Familien angeblich ihren Alltag auf die Reihe bekommen. Da wird die Messlatte hoch gelegt: Zuckersüße Babys schlummern selig in sündhaft teuren Designer-Bettchen (während das eigene Kind gerade in einem Wutanfall die klebrigen Schoko-Finger an der Tapete abschmiert). Alle tragen Weiß, niemand hier hat Augenringe, ständig stehen frische Blumen auf dem Tisch.
Am besten immer ein bisschen mehr
Spätestens wenn es zurück in den Beruf geht, kollidieren unsere hohen Ansprüche an uns selbst. Wir wollen im Job wie früher 100 Prozent geben, immer zuverlässig und gut vorbereitet sein, wenn möglich ständig noch eine Schippe drauflegen. In vorauseilendem Gehorsam möchten wir beweisen, dass wir genauso viel leisten können wie die anderen Kollegen, am besten immer ein bisschen mehr.
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Gleichzeitig soll es dem Kind natürlich an nichts fehlen. Dazu kommt die Familien-Organisation, vielleicht ein wenig Sport, die Freunde hat man auch seit drei Wochen nicht mehr gesehen. Und zum Schluss soll bitte alles inklusive der Mutter noch hübsch, sauber und entspannt aussehen. Das kann doch nicht funktionieren.