Büren. . Der Geschäftsführer des Flughafens Paderborn/Lippstadt hat ein Angebot der Ryanair-Tochter Laudamotion abgelehent. Nun nennt er die Gründe.
Der Paderborn/Lippstadt Airport sorgte kürzlich für einen Paukenschlag, weil er ein Angebot der Ryanair-Tochter Laudamotion ablehnte. Flughafen-Chef Marc Cezanne über Turbulenzen im deutschen Luftverkehr und Wachstumspotenziale des heimischen Airports.
Sind Sie nach der Absage an Laudamotion als einer der letzten Aufrechten im Kampf gegen einen ruinösen Wettbewerb der Fluggesellschaften gefeiert worden oder sind Sie gefragt worden, ob Ihr Airport so gut dasteht, dass er sich leisten kann, einem Garanten für hohe Passagierzahlen abzusagen?
Marc Cezanne: Von den Fluggesellschaften, die bereits am Paderborn-Lippstadt Airport starten und kostendeckende Entgelte an uns zahlen, haben wir viel Zuspruch erhalten. Eine Rabattschlacht kann nicht im Interesse nachhaltig wirtschaftender Fluglinien sein. Und auch Airports, die ein gutes Jahresergebnis vorlegen wollen, können kein Wachstum um jeden Preis mit Hilfe von Subventionen und künstlich in die Höhe getriebenen Passagierzahlen betreiben.
Vergangene Woche hat Ryanair Winterflüge nach Mallorca für 1,99 Euro und in die USA für 268 Euro pro Strecke angeboten. Fühlen Sie sich in Ihrem Handeln bestärkt, wenn Sie von solchen Preisen hören?
Das sind Lockangebote, wie es sie immer mal wieder gibt. Der Großteil der Ryanair-Passagiere zahlt deutlich mehr. Man kann der Fluglinie nicht verdenken, Kunden mit günstigen Preisen anzulocken und dabei hohe Gewinne zu erwirtschaften – auch weil Sie nach wie vor Flughäfen findet, die ihr mit nicht kostendeckenden Entgelten entgegen kommen. Aus meiner Sicht ist das insbesondere dann ein Problem, wenn es sich hierbei um Airports handelt, die vom Steuerzahler finanziert werden. Und lassen Sie mich noch einen Aspekt in die Diskussion bringen: Wenn man ein Produkt – in diesem Fall Flugreisen – unter Herstellungskosten verkauft und somit künstliche Nachfrage schafft, so ist das ökologisch bedenklich.
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Sie hatten mit Small Planet Airlines einen Ferienflieger am Start, der mit attraktiven Preisen unterwegs war. Als die Linie vor zwei Jahren den Erstflug bei Ihnen absolvierte, sagten Sie: „Es ist ein ganz besonderer Tag für uns.“ Jetzt ist das Unternehmen insolvent, den Sommer über hat es mit Flugausfällen und -verspätungen für Negativschlagzeilen gesorgt. Hat das Image Ihres Airports Schaden genommen?
Das glaube ich nicht. Alle Fluggesellschaften in Deutschland hatten in diesem Sommer Probleme. Im Nachgang der Air Berlin-Pleite wollten viele Airlines trotz eines Piloten- und Flugzeugmangels die Märkte besetzen und sogenannte Slots an den großen Flughäfen für sich sichern. Es wurde gegenüber anderen Jahren auf einen Teil der Reserven, die den Flugplan trotz Störungen stabil halten, verzichtet, um möglichst viele Flüge anbieten zu können. Gleichzeitig war fast den ganzen Sommer über in Europa und in Nordafrika kein Ersatzflugzeug zur kurzfristigen Abdeckung von ausgefallenen Flugzeugen zu bekommen. Verspätungen, die beispielsweise durch Engpässe der europäischen Flugsicherungen entstanden sind, konnten so nicht mehr kompensiert werden. Ein relativ junges Unternehmen hat es bei solchen Turbulenzen viel schwerer, die operativen und finanziellen Konsequenzen zu bewältigen, als ein etabliertes.
Mit TUIfly ist eine der großen Ferienfluglinien zurückgekehrt. Stärkt das den Standort?
Unbedingt. Es unterstreicht den hohen Stellenwert unseres Standortes für den größten europäischen Reiseveranstalter TUI, der seit 2016 ein eigenes Flugangebot bei uns hat. Die TUI-Tochter TUIfly führt seit Ende Oktober die Flüge im Auftrag der TUI durch. Für uns steht im Touristikverkehr der Reiseveranstalter im Vordergrund, denn er entscheidet, von wo und wohin geflogen wird.
Mit dem Winterflugplan steuert die slowenische Fluggesellschaft Adria Airways die Ziele London, Wien und Zürich an. Wie wichtig ist die neue Airline für Sie?
Sehr wichtig. Wir verbessern die Anbindung der Region deutlich, und wir können den Reisebedarf der heimischen Wirtschaft ein weiteres Stück absichern. Adria Airways ist langjähriger Partner der Lufthansa und erfüllt damit deren sehr hohe Sicherheitsstandards. Die Fluglinie ist operativ zuverlässig und eine der wenigen, die auch kleinere Flugzeuge mit einer Kapazität ab 50 Sitzplätzen kostengünstig betreibt. Diese passen perfekt für den Einsatz auf unseren neuen Strecken.
Sie sind seit fünf Jahren Flughafen-Chef in Büren-Ahden. Haben Sie Ihre Ziele bislang erreicht?
Uns ist gelungen, ein neues Fundament zu bauen. Unser Lufthansa-Drehkreuz in München läuft mittlerweile sehr gut, die Anbindung an Frankfurt hat sich sehr positiv entwickelt und hat noch Potenzial. Touristisch haben wir einen kompletten Wandel vollzogen: Früher hatten wir mit Air Berlin einen Anbieter mit sehr hohem Marktanteil in Paderborn, und es ist immer ein gewisses Risiko, von einer großen Linie abhängig zu sein. In der Zwischenzeit haben wir Reiseveranstalter wie Thomas Cook, Schauinsland und eben TUI für uns gewonnen. Dies hat uns auch neue Wachstumsperspektiven eröffnet.
Was muss besser werden?
Die Unterstützung seitens der Landes- und Bundespolitik. Natürlich war es wichtig, dass wir im Landesentwicklungsplan wieder als „landesbedeutsam“ eingestuft sind. Aber insbesondere bei den Kosten für Luftsicherheit und Flugsicherung sind kleinere Flughäfen gegenüber großen benachteiligt. Darüber hinaus sehen wir beim Thema „Verkehrsrechte“ – bei unseren langwierigen Bemühungen um eine Moskau-Verbindung –, dass kleinere Airports offenbar nicht immer ernst genommen werden. Bedenkt man, dass die großen deutschen Flughäfen kaum noch Wachstumspotenzial haben, verstehe ich nicht, warum man nicht mit einem dezentralen Verkehrskonzept die Regionalflughäfen stärkt. Im übrigen: Ist es sinnvoll, aus unserer Region zwei Stunden durch ganz NRW zu fahren, um einen zweistündigen Flug nach Mallorca anzutreten, weil dieser dort aufgrund des Verdrängungswettbewerbs der Airlines ein paar Euro günstiger ist?
Die EU-Kommission hat vor vier Jahren neue EU-Beihilferegeln für Airports verabschiedet. Bis zu zehn Jahre dürfen Flughäfen Steuergelder in Anspruch nehmen. Dann müssen sie aus eigener Kraft profitabel sein. Werden Sie von einem Ende der Subventionspraxis bei Wettbewerbern wie Dortmund und Kassel-Calden stark profitieren?
Ich glaube nicht an ein Ende der Subventionspraxis. Viele europäische Airports würden bei regelkonformem Wettbewerb nicht überleben. Schon in der Vergangenheit wurden Verstöße nicht geahndet. Ich glaube nicht daran, dass irgendein Flughafen in Europa geschlossen wird. Es wird leider weiter Airports geben, die nicht-kostendeckende Entgelte verlangen und sich mit Steuergeldern Passagiernachfrage erkaufen.