Helden. . Sollte die Afrikanische Schweinepest den Kreis Olpe erreichen, fürchten die heimischen Landwirte katastrophale Folgen für ihre Bestände.
Wie aufgeschreckte Hühner flüchten die jungen Schweine aus dem Außenstall unter das sichere Dach über dem Kopf, als wir uns ihnen nähern: „Am Anfang sind die etwas schreckhaft, aber dann siegt schnell die Neugierde, und sie wollen sehen, was los ist“, grinst Landwirt Josef Mertens (66), von Kindesbeinen an unter Schweinen, Rindern, Hühnern und Erntemaschinen groß geworden. Der Vater war schon Landwirt, der Großvater auch.
Und Mertens will es trotz Erreichen des Rentenalters auch noch einige Jahre bleiben. Die Kinder haben sich für andere berufliche Karrieren entschieden, so dass der 66-Jährige den Betrieb am Heldener Gilberg gemeinsam mit seiner Frau Marianne (57) weiterhin leitet. Einige Ferienwohnungen und Forstwirtschaft gehören dazu.
Größte Gefahr durch Wildschweine
Was dem erfahrenen Landwirt und Schweinemäster momentan aber Sorgenfalten auf die Stirn treibt, nähert sich Deutschland Stück für Stück: die Afrikanische Schweinepest (ASP). Und dass schon ein einziger nachgewiesener Fall für die ganze Branche schlimme Folgen haben werde, kann Mertens sofort begründen: „Auch, wenn wir hier nicht direkt betroffen wären, würde Deutschland vom Schweinefleisch-Export abgekoppelt, der Absatz von jetzt auf gleich wegfallen. Und das geht einher mit einem spürbaren Preisverfall.“
Bereits jetzt seien vor allem durch den Druck der Discounter mit der Schweinemast keine Reichtümer zu verdienen: „Der durchschnittliche Preis für das Kilogramm Schweinefleisch liegt bei etwa 1,35 Euro.“ Da könne jeder Cent weniger durch einen von der Schweinepest verursachten Preisrutsch fatal sein.
Mertens ist sich wie viele seiner Kollegen sicher, dass die größte Gefahr durch Wildschweine drohe. Deshalb hat er einen stattlichen und stabilen grünen Zaun aus Stahl vor seinen Außenstall gebaut: „Da kommt auch ein Wildschwein nicht durch“, ist er sicher. Dass das nötig sei, davon ist er angesichts der waldnahen und einsamen Lage seines Hofes überzeugt: „Wir haben schon aus dem Küchenfenster eine Rotte von sieben, acht Wildschweinen ackern sehen“, sagt er und zeigt mit dem Finger auf eine gerade einmal 50 Meter entfernte Lichtung. Jäger aus der Umgebung hätten von Rotten mit bis zu 50 Tieren berichtet: „Wildschweine sind für uns allgegenwärtige Nachbarn.“
Der Stall
Vom Außenstall gehen wir ins Innere des nahezu vollautomatisch mit Futter versorgten Zuhauses von rund 220 Schweinen, die im Schnitt etwa 35 Kilogramm schwer sind und nach einem knappen halben Jahr Kotelett, Filet, Wurst und Gulasch liefern. Dann mit rund 120 Kilogramm Lebendgewicht. In einem zweiten Stall haben noch einmal ebensoviele Grunzer Platz auf dem Gilberg.
Während ihres kurzen Lebens haben die Tiere allerdings doppelt so viel Platz in ihrem Stall wie das gesetzlich vorgeschrieben ist, versichert der Heldener Landwirt. Statt 0,75 nämlich 1,50 Quadratmeter, dazu überwiegend Futter aus eigenem Getreideanbau - Winterweizen und Gerste.
Auf das Thema der Afrikanischen Schweinepest, erinnert sich Mertens, sei er durch einen Expertenvortrag während einer Fortbildung 2013 aufmerksam geworden: „Eine Wissenschaftlerin von der Bundesforschungsanstalt auf der Insel Riems war damals der Ansicht, dass es nur eine Frage der Zeit sei, bis die ASP auch Deutschland erreiche.“
Herz für 1860 München
Dass Mertens seinen Humor trotz des Damoklesschwertes über der Branche nicht verloren hat, hat einen Grund. Der heißt Clemens Tönnies, Chef des Fußballbundesligisten Schalke 04. Tönnies ist hauptberuflich einer der größten Fleischverarbeiter der Republik, und der Schalker beliefert die Aldi-Märkte für deren neue Produktionslinie „Fair & Gut“. Und bei diesem Projekt ist Mertens eingestiegen: „Wir sind zu fünf, vier aus NRW, einer aus Niedersachsen.“
Voraussetzung für die Teilnahme sei der doppelte Platz für die Tiere, Zugang zur frischen Luft, Stroh im Stall und kein genverändertes Futter. Den Außenstall, so Mertens, hätten seine Tiere aber schon immer gehabt, ebenso das größtenteils eigene Futter.
Schalke-Fan, grinst Mertens, habe er dafür nicht werden müssen, aber da sein Herz für 1860 München schlägt, „stimmt es zumindest mit der Farbkombination weiß und blau.“ Ehefrau Marianne, die aus Finnentrop stammt, schaut da eher skeptisch rüber: „Ich habe früher selbst Fußball gespielt, bin aber für den FC Bayern.“ Das sollte Mertens seinem neuen Vertragspartner aus Rheda-Wiedenbrück lieber verschweigen, Schweinepest hin, Schweinepest her.