Hagen/Hallenberg/Arnsberg. . Das Erhaltungsprogramm für Landesstraßen weist Lücken für Südwestfalen auf. Ein Beispiel: Die L617 zwischen Hallenberg und Medebach.

Wieder sackt der Wagen nach unten, bricht vorne links leicht aus. Treffer. Das Rad hat das Schlagloch voll erwischt. Unterwegs auf dem Weg von Sundern nach Arnsberg. Früher ist das Fahrwerk vom Auto auf einer Marterstrecke auf seine Tauglichkeit hin getestet worden. Das wäre so eine Straße. Nummern von Landesstraßen kennt der Autofahrer nicht. Diese sollte er sich merken. Es handelt sich um die L 685.

Ein Beispiel von vielen in Südwestfalen. Vielfach passiert seit Jahren nichts. Die Landesregierung will das ändern. Mit 160,85 Millionen Euro für das Erhaltungsprogramm in diesem Jahr, gibt Schwarz-Gelb 33,35 Millionen Euro mehr aus als Rot-Grün. Eine Bestandsaufnahme.

Der Straßenzustand

Der jüngst vorgestellte Zustandsbericht der Landesstraßen in NRW ist keine Unterhaltungslektüre. Es geht um Risse, Griffigkeit, Flicken, Kantenschäden, Ebenheit der Fläche, längst wie quer. Am Ende wird die Substanz einer Straße auf einer Skala von 1,0 (sehr gut) bis 4,00 (ungenügend) bewertet. Und gut sieht es nicht aus.

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Das Straßennetz umfasst 13 100 Kilometer, zehn Prozent aller Straßen in NRW. Davon sind nach Angaben des Verkehrsministeriums 35 Prozent mit der Note 4,5 in miserablem Zustand,

Der Anteil sehr guter Strecken, Note 1,5 und besser, liegt bei 28 Prozent. Zum Vergleich: Im Jahr 2004 sah es noch erheblich besser aus. 17 Prozent waren in einem schlechten und 35 Prozent in einem sehr guten Zustand.

Der Sanierungsbedarf bleibt erheblich. Der Landesrechnungshof warnt, an der Erneuerung der Straßen zu sparen. Dies führe am Ende zu höheren Ausgaben. Um den Zustand der Landesstraßen wenigstens auf dem Niveau von 2011 zu halten (schlechter Zustand 39 Prozent, sehr guter 26 Prozent) müssten jährlich 195 Millionen Euro ausgegeben werden.

Die Lage in Südwestfalen

Kritisch begleitet die Industrie- und Handelskammer (IHK) Arnsberg Hellweg-Sauerland die Verkehrspolitik aus Düsseldorf. 2014 hat sie zum ersten Mal die schlechtesten Straßen im Kammerbezirk gesucht. Vier Jahre später startet sie die Aktion zum zweiten Mal. „Die Situation ist nicht besser geworden“, sagt Thomas Frye, Bereichsleiter Standortpolitik, „der Nachholbedarf aus den vergangenen Jahrzehnten vor unserer Haustür ist einfach riesig.“

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Er habe so gar nicht das Gefühl, „dass die Landesstraßen die Startrampen der Weltmarktführer in Richtung globalisierter Märkte ist“. Eine Formulierung, die aus dem Verkehrsministerium in Düsseldorf stammen soll.

In Südwestfalen seien 60 Prozent der Landesstraßen in einem sehr schlechten, 40 Prozent in einem überwiegend schlechten Zustand. Es könne nicht sein, dass Lkws auf dem Weg zu den Unternehmen über Rumpelstrecken fahren müssten. „Hightech und Schlaglochpisten passen nicht zusammen“, sagt Frye, „Das fällt auf das Image der Region zurück.“ Er will sich nicht am Schönreden beteiligen. Auch wenn es heiße, die Substanz sei besser geworden, stelle sich die Frage: die Substanz von was? Nicht nur ihm sind Geschwindigkeitsbegrenzungen in Folge von Straßenschäden in der Region ein Dorn im Auge.

Die vergessene Straße

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Nicht auf der Liste aus dem Verkehrsministerium steht die L 617 zwischen Medebach und Hallenberg auf. Der Asphalt ist durchlöchert, die Straßendecke geht in Teilen auf der Felge. „Ich hoffe, die neue Landesregierung hat diese Straße nicht vergessen“, sagt Bürgermeister Michael Kronauge. Die enge, kurvenreiche und marode Straße sei für die heimische Wirtschaft, für den Schulbusverkehr und die Pendler von elementarer Bedeutung. Doch seit Jahren passiert nichts. Die Straßenmeisterei hat den Auftrag, die Strecke intensiv zu überwachen, um die Verkehrssicherheit zu gewährleisten. Schließlich lägen „keine Auffälligkeiten hinsichtlich des Unfallgeschehens vor“, heißt es in einer Antwort, die der SPD-Landtagsabgeordnete Gordan Dudas (SPD) auf seine Kleine Anfrage zum Zustand der Straße im September erhalten hatte. Die örtlichen CDU-Fraktionen beider Kommunen wollen das nicht hinnehmen und drängen in Düsseldorf vehement auf den Ausbau in diesem Abschnitt.

Die Bewertung

Der Straßenbauexperte der Universität Wuppertal, Prof. Dr. Hartmut Beckedahl, bewertet das Programm der Landesregierung positiv. „Mit jedem Euro, der mehr für den Erhalt ausgegeben wird, sind wir auf dem richtigen Weg.“ Nur so lasse sich der sogenannte Verzehr der Straßen aufhalten und der bisherige Zustand festigen. „Wenn es an die Substanz geht, wird es richtig teuer. Früher seien pro Quadratmeter Landesstraße im Jahr 75 Cent ausgegeben worden. „Definitiv zu wenig. Jetzt liegen wir immerhin bei 1,30 bis 1,50 Euro pro Quadratmeter.“, so der Wissenschaftler, der nichts von Flickschusterei hält. .