Arnsberg. . Schwertransporte aus Südwestfalen müssen zu ihren Kunden Umwege fahren. Ausweichrouten kosten Zeit. Die Sorge vor Firmenverlagerungen wächst.
Eine Eröffnung mit Symbolcharakter. Zu Beginn der Sitzung der Regionalrates Arnsberg fehlt der Vorsitzende Hermann-Josef Droege (CDU). Stau. Der Weg aus Wilnsdorf nach Arnsberg ist immer länger geworden. 25 Minuten verspätet er sich. „Verkehr, Verkehr, Verkehr. Schranken, Schulbusse, Holztransporter. Schlimm“, gibt er sich einsilbig.
Er weiß, es ist nicht nur an diesem Tag so. Die vielfach maroden Straßen ächzen unter der Last des Verkehrs. Und das politische Gremium, das Südwestfalen in Sachen Infrastruktur groß denkt, denken muss, ist mitten im Thema.
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Heute: Verkehr, genauer Schwerlastverkehr. Jörg Reißing aus dem Verkehrsministerium in Düsseldorf, zuständig für Brücken, Tunnel und Großraum-Schwertransporte aller Art. Er liefert einen Straßenzustandsbericht ab.
Bei 44 Tonnen fängt das Problem an
Und fängt bei Adam an: Was ist ein Schwertransport? So, als ob sich das Gremium noch nie mit diesem Problem beschäftigt hätte. Alle kennen die Fakten, die er nennt. Ein Schwertransport fängt bei 44 Tonnen Gesamtgewicht an, in NRW gibt es 4700 Kilometer Bundesstraße und 2200 Kilometer Autobahn. Klingt interessant, ist es aber nicht. Auch sein Satz: „Das Straßennetz ist im Großen und Ganzen gut ausgebaut, aber nicht in einem guten Zustand“, lockt ein müdes Lächeln hervor. Alle im Saal im zweiten Stock der Bezirksregierung wissen, die Brücken der Sauerlandlinie (A 45) sind in den Jahren 1955 bis 1970 für eine geringere Belastung, 24 bis 38 Tonnen, gebaut worden. Zweifellos sind sie für die hohen Verkehrsbelastungen und den wachsenden Güterverkehr zu schwach konstruiert.
Auch die Ergebnisse der 2013 vom Ministerium ins Leben gerufenen Projektgruppe „Großraum- und Schwertransporte“ lösen keine Begeisterungsstürme aus.
Warum?
Weil sich auch vier Jahre später die Lage für die Unternehmen, die ihre tonnenschweren Bestellungen an die Kunden ausliefern wollen, vor großen Problemen stehen. „Es ist für sie nach wie vor ein Abenteuer, ein Hindernislauf mit vielen Verzögerungen“, sagt Ludwig Schulte von der CDU-Fraktion. „Nicht zuletzt dauert das Genehmigungsverfahren viel zu lange.“
Gemeint ist die Erlaubnis für die Sondernutzung der extra entwickelten Ausweichrouten für den Schwerlastverkehr aus Siegen und Hilchenbach zu den Häfen in Gelsenkirchen und Duisburg. Die Umfahrung wenig tragfähiger Brücken macht die Transporter länger und teurer. Hermann-Josef Droege: „Ein Schwertransport von Siegen nach Hamburg hat früher eine Nacht gedauert, heute sind es vier Nächte.“
139 553 Anträge in NRW
Dass die Mühlen der Bürokratie bei den Verfahren so langsam mahlen, begründet der Vertreter aus dem Ministerium mit den vielen Zuständigkeiten. Der Antrag für die Genehmigung eines Schwertransports werde in der Regel in der Kommune gestellt, in der das Unternehmen seinen Sitz habe, oder der Antragsteller gemeldet sei. Also entscheide beispielsweise die Straßenverkehrsbehörde in Friedrichshafen, ob und welchen Weg der Transport auch im Sauerland und Siegerland nehme. Das erschwert das Verfahren und braucht Zeit, die zu Lasten des Unternehmens geht.
Die Zahl der Anträge für Schwertransporte in NRW verdeutlicht die Entwicklung und die Notwendigkeit zu handeln. 2016 haben 17 Mitarbeiter von Straßen NRW 139 553 Anträge bearbeitet. Allein im Kreis Siegen-Wittgenstein sind pro Nacht bis zu 15 Schwertransporte unterwegs.
Der Vertreter aus dem Ministerium versichert, in den nächsten Jahren die letzten Schwachstellen auf Autobahnen und Bundesstraßen auszuräumen. Eine Beruhigungspille, die nicht wirkt. „Es geht einfach zu langsam voran“, sagt Droege. „Die Dringlichkeit für die betroffenen Unternehmen bei uns wird nicht geringer.“ Schon jetzt würden Firmen Zweige ihrer Produktion aus der Region in andere Bundesländer verlagern.