Hagen. Warum die Stadtwerke in Arnsberg und Menden sich zu Initiatoren der Teststrecke gemacht haben und wie Bürger und Politik die Pläne bewerten.
Von der angeblichen Technologiefeindlichkeit der Deutschen ist diesmal weniger zu spüren. Es gibt Skeptiker, die sich gruseln bei dem Gedanken an Autos, die nicht von einem Menschen gelenkt werden. Es gibt Kritiker, die fordern, Geld in den Ausbau von Umgehungsstraßen statt in Teststrecken zu stecken. Doch es gibt viele positive Leser-Reaktionen auf die Berichterstattung der WESTFALENPOST zu der geplanten Teststrecke für autonomes Fahren zwischen Soest, Arnsberg, Menden und Iserlohn.
Innovationen gewöhnt
Für Bernd Reichelt, Geschäftsführer der Stadtwerke Menden und damit einer der beiden Initiatoren des Projekts, keine Überraschung. „In einer Region mit vielen innovativen mittelständische Unternehmen, sind die Menschen eben gewöhnt, mit Innovationen umzugehen“, ist er überzeugt. Zumal, wenn es um Autos gehe.
Automobilzulieferer Hella gesprächsbereit
Der Automobilzulieferer Hella aus Lippstadt gehört beim Thema Autonomes Fahren im Bereich Radartechnik und Software zu den Technologieführern und erprobt entsprechende Systeme.
Eine Teststrecke in Südwestfalen sei interessant. Hella stehe dem „grundsätzlich offen gegenüber“, allerdings befinde sich das Projekt offenbar noch in einem sehr frühen Stadium.
Gestartet ist das Projekt mit einem kleinen Unfall – in der Kommunikation. Eigentlich hatten die Stadtwerke Arnsberg und Menden am Montag noch gar nicht an die Öffentlichkeit gehen wollen, doch Staatssekretär Nathanael Liminski hatte auf der Zukunftskonferenz in Arnsberg geplaudert. Ein Schaden ist daraus nicht entstanden, der Plan bekomme im Gegenteil nun richtig Anschub, so Bernd Reichelt. So könnten sich nun weitere mögliche Projektpartner melden. Diese miteinander zu vernetzen, haben sich die Stadtwerke zur Aufgabe gemacht.
Die beiden Energieversorger wollen sich mit der Teststrecke auch ein neues Geschäftsfeld aufbauen, so Reichelt. „Daseinsvorsorge ist heute mehr als Gas, Wasser und Elektrizität“, bestätigt Karlheinz Weißer, Geschäftsführer der Arnsberger Stadtwerke. Heute gehe es auch um Breitbandversorgung, E-Mobilität – und nun eben auch autonomes Fahren, so Reichelt.
Auch interessant
Die klassischen Geschäftsfelder blieben für die Stadtwerke nur interessant, wenn man genügend Kunden habe. Deshalb müsse man die Bürger in der Region halten mit solche innovativen Projekten. Und gerade im ländlichen Raum habe das autonome Fahren für die älter werdende Bevölkerung große Bedeutung, so Reichelt.
Umgekehrt: „Der ländliche Raum kann in diesem Punkt seine Vorteile als Experimentierraum ausspielen“, sagt Regierungspräsident Hans-Josef Vogel: „Die Verkehrs-Infrastruktur in Größstädten und Ballungsräumen ist für eine solche Teststrecke zu komplex. Wir sollten dieses Vorhaben allerdings nicht nur als Technik-Test verstehen. Vielmehr geht es hier um die Möglichkeit, die fahrerlosen Autos als Teil des öffentlichen Personen-Nahverkehrs zu sehen und über entsprechende Apps zu integrieren.“
Überrumpelt
Auch interessant
Auch Kommunen sind den Plänen gegenüber aufgeschlossen, doch offenbar etwas überrumpelt: „ Sobald sich diese innovative und fortschrittliche Idee konkretisiert, freuen wir uns darauf, das die Stadtwerke uns die Details des Projektes erläutern“, sagt Sebastian Arlt, erster Beigeordneter der Stadt Menden.
„So wird die Region noch bekannter; das hat einen enormen Werbeeffekt“, lobt Volker Verch, Geschäftsführer des Unternehmensverbandes Westfalen-Mitte das Projekt. Grund für Technologie-Skepsis sieht auch er nicht: „Es sitzt schließlich noch ein Mensch im Wagen. Das ist unkritisch.“