Hagen. . Tausendfach fällt Unterricht aus. Eine Umfrage unter Lehrern, Schülern und Eltern zeigt: Zu wenig Lehrer sind die Hauptursache.
Sie weiß, wovon sie spricht. Sie ist zwölf Jahre zur Schule gegangen, hat im Sommer ihr Abitur am Theodor-Heuss-Gymnasium in Hagen gemacht.
Für Franziska Heinisch, Mitglied im Vorstand der Landeschülervertretung NRW, fällt die Vertretungsstunde unter die Kategorie Unterrichtsausfall, „wenn ein Lehrer allgemeine Arbeitsaufträge erteilt“. Dann habe der Unterricht zwar offiziell stattgefunden, „aber der Lerneffekt ist natürlich ein anderer“. Es ist ein Beispiel wie das frühere rot-grüne Schulministerium den Unterrichtsausfall schön gerechnet hat. Danach fielen nur 1,8 Prozent der Stunden aus.
Zählen allein hilft nicht
Dass die neue Landesregierung ab 2018/2019 eine schulscharfe, digitale Erfassung der Unterrichtsstunden an allen Schulen über das gesamte Schuljahr einführen will, ist für die 18-Jährige keine Lösung: „Die Statistik mag dann qualitativ aussagekräftiger sein, aber das behebt den Personalmangel nicht, sondern schiebt den Schulen den Missstand in die Schuhe nach dem Motto, die Gründe für den Ausfall liegen an der schlechten Organisation.“ Seit mindestens 2010 sei bekannt, dass im Land 3500 Lehrerstellen fehlen würden. „Die Kollegien an den Schulen sind unterbesetzt.“
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Mit ihren Erfahrungen liegt die Hagenerin nicht weit weg von den Ergebnissen einer Umfrage, die „Die Zeit“ und „Zeit online“ mit dem Marktforschungsinstitut Statista erhoben haben. Danach werden 10 Prozent des Unterrichts an deutschen Schulen irregulär oder gar nicht erteilt. Und 50 Prozent aller Stunden, die nicht regulär unterrichtet werden können, fallen aus, so die Erkenntnisse. Woche für Woche würden eine Million Unterrichtsstunden nicht so stattfinden, wie es der Lehrplan verlange. Die stellvertretende Landesvorsitzende der Bildungsgewerkschaft GEW, Maike Finnern, weiß warum: „Ohne eine Vertretungsreserve an den Schulen kann der Unterrichtsausfall nicht aufgefangen werden.“
Auch wenn das Schulministerium für das Schuljahr 2018/19 eine genauere Erhebungsmethode der ausgefallenen Stunden ankündige, „durch Zählen allein fällt der Unterrichtsausfall nicht weg“. Nicht zuletzt sei er eine Folge der personellen Unterbesetzung. Die Spirale nach unten an den Schulen, so ihre Befürchtung, setze sich weiter fort, wenn nicht zwingend mehr Personal eingestellt werden würde. Lehrerinnen und Lehrer könnten ihren Auftrag, jedes Kind zu fördern, nicht erfüllen. „Sie werden mit der Integration und Inklusion alleine gelassen. Nicht nur beim Unterrichtsausfall.“
Offizielle Zahlen sind geschönt
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Aus Sicht von Peter Silbernagel, Vorsitzender des Philologen-Verbandes NRW, ein unhaltbarer Zustand. „Die Kinder gehen nur einmal zur Schule.“ Und der 65-Jährige weiß, die offiziellen Zahlen bezüglich des Unterrichtsausfalls in NRW „entsprechen nicht der Schulrealität“. So würden Fächer, die mangels Lehrer nicht angeboten würden, „gar nicht erst in der Statistik auftauchen“.
Aus dem Sauerland kommt eine gute Nachricht. Thomas Lampe, stellvertretender Schulleiter des St.Ursula-Gymnasiums in Arnsberg-Neheim, sieht keine nennenswerten Defizite beim Unterrichtsangebot. „Wir haben wenig Krankenstand, die personelle Besetzung ist gut.“ Landesweit vermisst er eine statistische Auswertung der Vertretungspläne der Schulen.