Hagen. . Bezirksregierung Arnsberg macht Geheimnis um offene Stellen an Schulen. Sicher ist, Lehrermangel an Grundschulen bleibt weiter ein Problem
- Bezirksregierung Arnsberg macht Geheimnis um offene Stellen an Schulen
- Lehrermangel an Grundschulen bleibt weiter ein Problem
- Staatssekretär Hecke (Grüne) bittet um Mithilfe
Unbesetzte Stellen an Schulen? Im Regierungsbezirk Arnsberg? In den Kreisen? In Hagen und Siegen? Wie viele? Fragen über Fragen. Die Antwort fällt gleich aus. Eine derartige Aufstellung sei nicht verfügbar, lautet die Auskunft. Zahlen, die unter Verschluss gehalten werden. Offenbar.
Dafür listet die Bezirksregierung sorgsam sämtliche Einstellungen in allen Schulformen seit Mai auf. Beispiel Grundschulen: Hochsauerlandkreis 26, Kreis Siegen-Wittgenstein 36, Hagen 17, Ennepe-Ruhr-Kreis 26, Märkischer Kreis 20, Kreis Olpe 16. Das Gegenstück über unbesetzte Stellen bleibt sie schuldig.
Ob nur die guten Taten im näher rückenden Wahlkampf zählen? Ob der verlängerte Arm von Rot-Grün in Arnsberg deshalb nicht mehr sagen darf? Das bleibt vorerst ein gut gehütetes Geheimnis.
Staatssekretär bittet um Hilfe
Lüften lässt sich die Lage an den Schulen beim Nachfragen der Akteure vor Ort. „Von aktuell 13 offenen Stellen sind an den Grundschulen im Kreis Olpe vier besetzt worden“, sagt Mike Ochmann. Er ist Kreisvorsitzender des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE). „Der Arbeitsmarkt für Lehrer ist leer gefegt.“ Der 41-jährige Grundschullehrer weiß, was das im Alltag bedeutet: „Die Mehrarbeit müssen andere zusätzlich leisten. Dass die Qualität im Alltag darunter leidet, muss ich nicht näher erklären.“
Wie groß die Not ist, verrät eine E-Mail an alle Grundschulen in NRW, die Staatssekretär Ludwig Hecke jüngst verschickt hat. Darin konstatiert der Grüne, dass das Ministerium „zur Sicherung der Unterrichtsversorgung“ weiterhin auf die Mithilfe der Schulleiter angewiesen sei: „Ich gehe davon aus, dass Sie selbst bereits alle Möglichkeiten ausgeschöpft haben, um Stellen für eine Dauerbeschäftigung und auch Vertretungsbedarfe zu besetzen.“
Er bitte darum, „alle für geeignet gehaltene Lehrkräfte“ anzusprechen, um sie für den Unterricht zu gewinnen. Hecke denkt dabei an die vorzeitige Rückkehr aus einer Beurlaubung, einen späteren Eintritt in den Ruhestand oder die Wiedergewinnung pensionierter Lehrkräfte. Bildungspolitik, die den Namen nicht verdient.
Spirale dreht sich nach unten
Diplom-Sozialpädagogin Christiana Kuhnert will das nicht bewerten. Die 55-Jährige, die an der Marienschule und der St. Nikolai-Schule in Meschede mit Kindern arbeitet, spricht von einer „prekären Lage“ im Alltag, wenn Stellen weiterhin unbesetzt bleiben: „Mit weniger Personal verliert die Qualität der Arbeit deutlich.“ Das Vorstandsmitglied der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) im Kreisverband HSK weiß, „wie sich die Spirale nach unten dreht, wenn Belastungen ständig zunehmen“.
Ansprüchen nicht gerecht
Bei allem Engagement und bei aller Einsatzbereitschaft der Mitarbeiter sei irgendwann eine Grenze erreicht, „die die Leute krank macht“. Viele würden nicht zuletzt darunter leiden, „ihren pädagogischen Ansprüchen nicht mehr gerecht zu werden“.
Ein Satz, der nicht nur für die Grundschulen gilt. Auch Axel Krüger, Lehrer am Berufskolleg in Olsberg und Personalrat bei der Bezirksregierung Arnsberg, kann ein ein Lied vom Leiden der Lehrer singen: „,Wo Integration erfolgen soll, haben wir eindeutig zu wenig Personal. Das ist krass.“
Der Anspruch an die internationalen Förderklassen der Flüchtlinge, sie in einem Jahr fit für den Hauptschulabschluss zu machen und ihnen Deutsch beizubringen, sei in der jetzigen Form nicht zu erfüllen. „In den Klassen sind bis zu 20 Flüchtlinge. Sie sind sehr heterogen zusammengesetzt“, sagt der 60-Jährige, „vom Analphabeten bis zum Studenten. Das alles in mehreren Sprachen. Das kann kein Lehrer alleine leisten. Wie auch?“
Eine Frage, die Krüger nicht der Bezirksregierung stellen sollte. Sie antwortet, wenn es genehm ist. Und nur dann.