Hagen. . Die Schützenliesel hat es wirklich gegeben. Sie war eine Kellnerin in München. Doch mit dem Lied wird sie zum größten Schützenfest-Hit aller Zeiten.
- Die Schützenliesel hat es wirklich gegeben.
- Sie war eine Münchner Kellnerin
- Die Schützenlisel-Polka von 1953 ist bis heute ein Ohrwurm.
Wenn der berühmte Künstler Friedrich August von Kaulbach nicht so viel Durst gehabt hätte, müsste die große Trommel heute weniger Krach schlagen. So aber begegnet der Münchner Malerfürst 1878 im Sterneckerbräu einem 18-jährigen Biermadl namens Coletta Möritz und ist hin und weg. Unbedingt will er das junge Ding malen. Weil die Jungfer sich aus moralischen Gründen weigert, in sein Atelier zu kommen, porträtiert Kaulbach sie in der Wirtschaft: mit keckem Dekolleté auf einem rollenden Fass und mit einer Schützenscheibe statt Hut. Die Schützenliesel ist geboren, das erste Pin up Girl Deutschlands und später die Namensgeberin des berühmten Liedes.
Schützenliesel, dreimal hat’s gekracht
Biermädchen haben damals einen zweifelhaften Ruf. Doch Coletta soll es zur berühmtesten Wirtin Münchens bringen. Denn das fünf Meter hohe Ölbild von ihr schmückt beim 7. Deutschen Bundesschießen im Juli 1881 eine Bierbude, die den Namen „Zur Schützenliesel“ trägt. Die Darstellung ist für die damalige Zeit freizügig. Alle Mannsleute wollen sie sehen, die selbstbewussten Münchner sprechen sogar von einer weltweiten Wallfahrt. Bald ziert das Konterfei der koketten Coletta Postkarten, Pfeifenköpfe, Aschenbecher, alles Merchandising-Produkte rund ums Bier, wie man heute sagen würde. Kaulbach schenkt das raumhohe Porträt dem Festausschuss. Das ärgert ihn später. Denn an der Vermarktung seiner Schützenliesel verdient der bestbezahlte deutsche Porträtmaler gar nichts. Immer noch hängt das originale Gemälde in der Gaststätte Augustiner Schützengarten in Obersendling.
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Schützenliesel, du hast mir das Glück gebracht
Wie wird aus einer bayerischen Kellnerin nun der größte Schützenfest-Hit aller Zeiten? Das ist rund 70 Jahre später einem ungewöhnlich erfolgreichen Trio zu verdanken. Nach 1945 ist die Welt grau. Die Textdichterin Fini Busch, der Kabarettist und Sänger Fred Rauch und der Komponist Gerhard Winkler wollen ein bisschen Farbe und Träume in die Nachkriegsdepression bringen. Sie erinnern sich an das Gemälde von Kaulbach und landen 1953 einen Hit: „Heut’ ist Schützenfest im ,Gold’nen Lamm’ /alle kommen z’samm.“ Wie ein Fieber breiten sich Melodie und Text über Deutschland aus. Besonders heimisch wird die Schützenliesel in den Hochburgen des Schützenwesens auch im Sauerland. Dort hält sie bis heute Hof, als wichtigste Frau nach der Königin. Und wenn es heißt „Dreimal hat’s gekracht“, dann darf die große Trommel endlich mal zeigen, was in ihr steckt.
Ja Schützenliesel, dafür dank’ ich dir
Ihre musikalischen Erfinder haben übrigens noch ganze andere Vögel von der Stange geholt. Fred Rauch (1909–1997) hat das Wunschkonzert im Radio moderiert und ist der Entdecker der Original Oberkrainer; Gerhard Winkler (1906–1977) prägt mit seiner Musik zu unzähligen Heimatfilmen die Wirtschaftswunderzeit und komponiert auch die „Capri-Fischer“ - übrigens schon 1943. Erscheinen konnte der Titel aber erst 1949. Und Fini Busch (1928–2001) ist mit 1500 Texten die wohl erfolgreichste Schlagerautorin der Welt. Aus ihrer Feder stammen unter anderem „Seemann, deine Heimat ist das Meer“, „Ein Schiff wird kommen“, „Der weiße Mond von Maratonga, „Sugar Baby“ und „Du musst bleiben, Angelino“.
Jetzt bin ich der Schützenkönig und du bleibst bei mir
Die Schützenliesel hat es zu einer Operette gebracht und zu einem Film. Sie ist ein Zufallstreffer, der sich in einen Ohrwurm verwandelt, den man bis heute nicht wieder loswerden will. Als Polka versetzt sie jedes Festzelt sofort in Stimmung. Nur der Mann oder die Frau an der Trommel müssen hier aufpassen. Wenn sie ihre Einsätze verpassen, kriegt das wirklich jeder mit. Ansonsten haben die Blasorchester viel Spaß mit der farbigen Partitur - frei nach dem Motto: Hauptsache zusammen anfangen und aufhören.