Lüdenscheid. Seit die Rahmedetalbrücke in Lüdenscheid gesperrt ist, hat sich der Arbeitsalltag von Lkw-Fahrer Oliver Hohlfeld verändert. Besuch im Fahrerhaus.

Seit rund neun Monaten steht Oliver Hohlfeld jeden Tag mit dem falschen Fuß auf. So kommt es ihm vor, sagt er. Und das hat einen guten Grund: Hohlfeld ist Lkw-Fahrer. Und die Spedition seines Arbeitgebers liegt direkt an der A45-Ausfahrt Lüdenscheid. Seit Sperrung der Rahmedetal-Brücke die letzte Ausfahrt auf der A45 in Richtung Norden – und damit Epizentrum des Verkehrschaos in der Stadt. Wir begleiten den 52-Jährigen auf einer alltäglichen Tour mit dem Lkw durch Lüdenscheid.

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Der Arbeitstag beginnt mit einer Tour nach Schalksmühle. Vorher will der Trucker noch einen Abstecher machen. Zu dem Ort, der dafür verantwortlich ist, dass er „im Moment überhaupt keinen Spaß an der Arbeit“ hat, wie er mit ruhiger Stimme erklärt: Die Talbrücke Rahmede.

Hunderte Meter stockender Verkehr

Von Betriebshof an der Bellmerei geht es in Richtung Brunscheider Straße. Bereits nach 200 Metern geht es über eine Autobahnbrücke an der A45-Ausfahrt Lüdenscheid. Von dort aus zu sehen: Hunderte Meter Autos und Lkws, die sich in Richtung der Ausfahrt quälen. „In der Schlange möchte man nicht stehen“, sagt Hohlfeld mit ruhiger Stimme. Mit der Situation hat er sich schon abgefunden. Das wird in diesem Moment deutlich.

Eigentlich sollte Hohlfeld gar nicht im Lkw sitzen. Angestellt ist er als Fuhrpark-Leiter, soll die Fahrzeuge des Speditionsunternehmens in Schuss halten. Weil seine Vorgesetzten aber keine Fahrer finden, sitzt er selbst hinterm Steuer. Seit Monaten geht das so.

Eigenes Speditionsunternehmen scheitert

Seine Erfahrung ist dem 52-Jährigen anzumerken. Selbst hatte er bereits ein eigenes Speditionsunternehmen. 70 Fahrzeuge hatte er auf der Straße. Dann sprang einer seiner wichtigsten Kunden ab. Und eins führte zum anderen. „Ich blicke gern auf die Zeit als Selbstständiger zurück. Es war viel Stress, aber es gab natürlich auch angenehme Seiten“, sagt er, während er Daumen und Zeigefinger aneinanderreibt und ergänzt: „Das Finanzielle zum Beispiel.“

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Einen wehmütigen Eindruckt macht er trotz der guten, vergangenen Zeiten nicht. Im Gegenteil: Hohlfeld ist Optimist. „Es geht immer weiter“, sagt er.

Weiter geht es allerdings nicht auf der Straße vor uns. Von der Werdohler Straße soll es an der nächsten Ampel rechts auf die Lennestraße gehen. „Hier steht man eigentlich immer“, sagt er. „Die Brückensperrung hat uns hier schon ganz schön aus dem Konzept gebracht. Für Strecken, die sonst zehn Minuten dauern, brauche ich jetzt über eine Stunde.“

Der Frust ist groß. Das ist auch zu spüren, als es auf die nächste Kreuzung zu geht. An der großen Kreuzung Lennestraße/Altenaer Straße blickt Hohlfeld durch sein Fenster. „Da sitzen die ganz wichtigen Leute“, sagt er ironisch und meint damit das Brückenbüro der Autobahn GmbH, das im Gebäude der Stadtwerke Lüdenscheid liegt.

Den Glauben daran, dass der Neubau Autobahnbrücke durch das Büro verkürzt wird, fehlt ihm, wie er sagt. Trotz eigenem Brücken-Büro.

Aus 45 Minuten werden 20

Nach kurzem Besuch der Rahmedetalbrücke geht es weiter zum Kunden. Fünf Holzspulen müssen bei Firma Lumberg in Schalksmühle abgeladen werden. Von dort aus geht es weiter zu Flühs Drehtechnik in Lüdenscheid. Hohlfelds Prognose: „An normalen Tagen brauche ich von hier aus etwa 45 Minuten bis dahin.“ Doch so schlimm soll es nicht kommen. 20 Minuten später rollt Hohlfeld auf den Betriebshof. „Heute kommen wir so gut durch wie noch nie in diesem Jahr. Unglaublich“, sagt er. Binnen weniger Minuten sind die nächsten sieben Paletten Metallteile aufgeladen. Dann geht es zurück zum Lager.

Auf dem Weg dorthin geht es durch die Baustelle auf der Heedfelder Straße. „Das kann doch nicht wahr sein!“, sagt der Trucker plötzlich. „Die letzten Monate stehe ich mir hier die Beine in den Bauch und ausgerechnet heute: nichts. Wirklich verrückt!“

Baustelle kostet viele Nerven

Die Baustelle Heedfelder Straße hat den Lüdenscheider in den letzten Monaten bereits viele Nerven gekostet. „Die Straße ist so eng, dass kaum zwei Lkws hier durch passen. Aber klar: Natürlich muss die Straße erneuert werden, wenn sowieso alles gesperrt ist“, ärgert er sich.

Die gesamte Situation ist für Hohlfeld eine Belastung. Das ist spürbar. „Es macht keinen Spaß zu wissen, dass man viel im Stau steht.“ Und dann sind da auch noch Autofahrer, die teilweise so aggressiv fahren, dass erhöhte Unfallgefahr besteht. „Der Respekt der Leute vor dem Beruf des Lkw-Fahrers fehlt. Ohne uns ist der Supermarkt einfach leer. Das Verständnis fehlt den Leuten.“

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Ob er schon darüber nachgedacht habe, seinen Job aufzugeben? – „Es ist schon nicht einfach aktuell und ich würde mir wünschen, dass es mit der Brücke schneller voran geht. Aber was bleibt uns anderes übrig, als die Situation zu nehmen wie sie ist?“