Essen. In NRW finden Hausärzte kaum noch einen Nachfolger. Was, wenn die Praxis schließt? Patienten sollten ihre Rechte kennen, sagen Fachleute.

Muss der Hausarzt seinen Patienten sagen, dass er die Praxis abgeben möchte?Muss die Nachfolgerin alle Versorgungen übernehmen? Und was ist mit Menschen, die keinen Hausarzt haben, aber ein Antibiotikum gegen das Fieber benötigen? Das sind einige Antworten.

Ist ein Hausarzt verpflichtet, seinen Patienten mitzuteilen, dass er seine Praxis aufgibt?

Nein. Ein Hausarzt ist laut Kassenärztlicher Vereinigung Nordrhein nicht dazu verpflichtet, seine Patienten zu einem bestimmten Zeitpunkt über die Praxisaufgabe zu informieren. Im Alltag tun Hausärzte das aber mit durchaus längerem Vorlauf, um Patientinnen und Patienten die Chance zu geben, sich gegebenenfalls nach einer neuen Praxis umzusehen. Sollte man eine Praxis verlassen, haben Patienten das Recht, ihre Akte einzusehen oder eine Kopie zu erhalten. Die elektronische Patientenakte erleichtert das naturgemäß.

Muss der Praxis-Nachfolger die Behandlung der alten Patienten übernehmen?

Im Regelfall hat ein Praxisnachfolger Interesse daran, das zu tun. Denn er hat nicht unwesentlich für den Patientenstamm mitgezahlt, als er die Praxis übernommen hat. Und sein Verdienst hängt davon ab, dass er Patienten behandelt. Grundsätzlich kann ein Nachfolger es aber ablehnen, einen Patienten zu übernehmen. Das kann geschehen, wenn eine Praxis ihre Kapazitätsgrenzenerreicht hat.

Gibt es eine Ausnahme?

Ja. Eine Notfallbehandlung muss der Arzt immer durchführen.

Darf ein Hausarzt vor Aufgabe seiner Praxis Rezepte „auf Vorrat“ ausstellen, wenn ein chronisch kranker Patient so schnell keinen neuen Hausarzt findet?

Nein. Die Verordnung von Arzneimitteln unterliegt laut Kassenärztlicher Vereinigung Nordrhein formal dem Wirtschaftlichkeitsgebot in der Gesetzlichen Krankenversicherung. Sie habe sich am „Maß des Notwendigen“ zu orientieren – darüber wachen insbesondere die Krankenkassen. „Eine überverhältnismäßige Bevorratung mit Arzneien ist daher unzulässig“, erklärt die KV. Auch Verordnungen für einen Zeitraum, der über das Quartal hinaus geht, sind in der Regel nicht möglich.

An wen wenden sich Patienten, wenn eine Praxis ohne Nachfolge schließt?

Wenn eine Praxis ohne Nachfolger schließt, können sich Patienten zunächst an die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) wenden. In NRW gibt es zwei: die KV Nordrhein und die KV Westfalen-Lippe. Man erreicht beide unter der bundesweiten Terminservice-Stelle 116117, deren Mitarbeitende einen Überblick über die Arztversorgung in der Region haben. Die Techniker Krankenkasse rät auch dazu, sich im Bekannten- und Kollegenkreis umzuhören oder Arzt-Bewertungsportale zur ersten Orientierung zu nutzen.

Gibt es ein „Recht auf hausärztliche Versorgung“?

Nein. Aber es gibt ein Recht auf eine ärztliche Behandlung und die freie Arztwahl. Darauf verweist die Techniker. Ob diese Behandlung durch einen Haus- oder Facharzt erfolgt, sei dabei unerheblich und hänge von den medizinischen Bedürfnissen im Einzelfall ab. Umgekehrt gibt es auch keine Hausarzt-Pflicht. Man muss also keinen Hausarzt haben. Wer ohne ist, muss das auch nicht etwa seiner Krankenkasse melden.

Was passiert, wenn ich keinen Hausarzt finde und krank werde?

Im Krankheitsfall hilft der ärztliche Bereitschaftsdienst unter der Telefonnummer 116117 weiter. Er kann an eine der rund 90 Notfallpraxenin NRW verweisen, die nachts, am Wochenende und feiertags geöffnet haben.

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