Essen. Endlich Sonne! Ein Spaziergang durch verwinkelte Gassen macht bei gutem Wetter besonders Spaß. Wir stellen fünf weitere schöne Altstädte vor.
Wie eine kleine Reise wirkt der Besuch einer schmucken Altstadt mit Fachwerk oder Backstein. Noch besser: Wenn die Anfahrt schön kurz ist. Unseren ersten Überblick über fünf Altstädte in der Region haben sich daher viele Leserinnen und Leser mit Freude angeschaut. Hier kommt Nachschub für alle, die bei einem Spaziergang über kopfsteingepflasterten Marktplätzen und durch verwinkelte Gassen gedanklich noch tiefer in das Leben vergangener Zeiten tauchen möchten: fünf weitere Altstädte, deren Besuch sich lohnt.
Familienausflug in Hattingen-Blankenstein: Fachwerk zu den Füßen der Festung
Diese Aussicht! Der wuchtige Torturm von Burg Blankenstein, der einzige, der im Laufe der Jahrhunderte der Ruine geblieben ist, bietet einen fantastischen Blick – über die Ruhr und die kleine Siedlung „Freyheit Blankenstein“.
Einst diente die Burg der Verteidigung, später verfiel sie und verwandelte sich in einen Steinbruch, bevor die romantische Vorstellung von Rittern in Rüstung im 19. Jahrhundert die Ausflügler lockte. Das hat sich bis heute nicht geändert.
Wobei in Hattingen-Blankenstein eben nicht nur die Burg und die Aussicht sehenswert sind, sondern auch die Fackwerk-Häuser zu den Füßen der Festung. Über eine Steinbrücke gelangt man zu ihnen, vorbei an der evangelischen Kirche von 1767 – einst stand hier die Burgkapelle.
Noch mehr Lust auf Historie? Das Stadtmuseum in den alten Amtsgebäuden am Marktplatz ist wie ein begehbares Geschichtsbuch gestaltet: Schautafeln lassen sich blättern.
Und ein ausgeschilderter Rundweg führt zu weiteren sehenswerten Bauten, wie etwa zu den Schieferhäusern der Familie Gethmann von 1821. Der wohlhabende Tuchmacher Carl Friedrich Gethmann ließ einen Garten anlegen, der öffentlich zugänglich war. Ungewöhnlich für die damalige Zeit – und auch heute noch sehenswert. Auch hier kann man wieder die Aussicht auf die Ruhr genießen. Für alle kleinen Ritter: Einen Spielplatz gibt es auch.
Familienausflug in Essen-Werden: Zwischen Mittelalter und Moderne
Manche Städte sind gesegnet mit schönen Altstädten, so auch Essen, wo im Süden der Stadt gleichauf mit Kettwig auch Werden zu begeistern weiß. Rund um das Benediktinerkloster aus dem Jahr 800, das vom Missionar Liudger gegründet wurde, ist ein entzückendes Tuchmacherstädtchen gewachsen, das jede Menge hübsches Fachwerk zu bieten hat. So etwa das Weberhaus aus dem Jahr 1756, das unterschiedliche Geschosshöhen aufweist. Oder das älteste Essener Wohngebäude, ein romanisches Haus aus dem 12. Jahrhundert in der Hufergasse.
Natürlich zeichnet sich der Erholungswert auch durch die Nähe zur Ruhr aus, wobei die Brehminsel mit ihrem alten Baumbestand, Spiel- und Sportplätzen und einem Tretbootverleih ein fester Anlaufpunkt für viele Besucher ist.
In den Mauern des ehemaligen Werdener Klosters ist übrigens die Folkwang Universität der Künste untergebracht, in der sich die Studierenden unter anderem der Musik, dem Tanz und dem Theaterspiel widmen – ein moderner, kreativer Ort in einer historischen Kulisse.
In die Gässchen locken natürlich auch viele kleine, originelle Geschäfte die Besucher, genau wie die Konditoreien, Restaurants oder die Eisdielen Kikas oder Sorelli’s. Und wer mag, kann für einen Moment am Ludgerusbrunnen vor dem Rathaus Platz nehmen, das im Stil der Neo-Renaissance erbaut wurde – und schon für sich ein eigener Blickfang ist.
Familienausflug in Moers: Zwergengasse und Holzschuhhaus
Holzschuhe werden im schmalen roten „Klompenhaus“ aus dem 17. Jahrhundert zwar nicht mehr geschnitzt. Trotzdem wartet die Altstadt in Moers nicht mit Shopping-Einheitsbrei auf. Viele inhabergeführte Lädchen laden zum Einkaufsbummel ein. Und auch für eine Kaffeepause, etwa am Altmarkt mit dem Preußendenkmal und den schmucken Bürgerhäusern, stellt so manches Lokal die Stühle in die Herbstsonne.
Das älteste Bürgerhaus der Stadt befindet sich jedoch am Neumarkt: Das Peschkenhaus ist heute klassizistisch verputzt. Unweit: die Zwergengasse. Ein etwa 100 Jahre altes Fries zeigt farbenfrohe Wichte.
Wer viel Grün sehen möchte: Der Schlosspark ist nach wenigen Schritten erreicht. In der Ringburganlage des Hochmittelalters befindet sich ein kleines Theater und seit über 100 Jahren das Grafschafter Museum, das an die bewegte Geschichte des Hauses erinnert, die bis ins 12. Jahrhundert zurückreicht. Davor treffen sich die Menschen gerne „An der Henriette“, wie sie liebevoll die Bronzeskulptur nennen, die an die Kurfürstin von Oranien-Nassau erinnert, die im 17. Jahrhundert in der Burg gelebt hat.
Im Zuge einer Umgestaltung der Umgebung am Kastellplatz legten Archäologen – neben dem weißen Terheydenhaus im Biedermeierstil – Mauern frei. Die älteren gehörten womöglich zur Vorburg des Schlosses. Die jüngeren ließ Friedrich II. von Preußen Mitte des 18. Jahrhunderts errichten: ein Gefängnis.
Familienausflug in Unna: Süße Zierde, salzige Geschichte
Wer seinen Blick hebt und sich dreht, sieht mehr auf dem Unnaer Marktplatz: Dann fallen nicht mehr die Geschäfte, sondern die verschiedenen Baustile auf, die hübsch aufgereiht zu bestaunen sind. Neben Fachwerkhäusern entdeckt man das Gebäude mit einer Bogenhalle – das ehemalige Rathaus. Ein anderes erinnert mit seinen Verzierungen an Zuckerbäckerei. Passend: Es beherbergt ein Pralinengeschäft.
Wer sich genug gedreht hat, macht einen Abstecher zur Stadtbefestigung oder zum Lindenviertel. In der ehemaligen Lindenbrauerei wird heute wieder im kleinen Stil gebraut. Vor allem ist es aber ein Kulturhaus samt des Zentrums für Internationale Lichtkunst.
Auch eine kleine Burg hat Unna zu bieten – der Wehrturm stammt aus dem 14. Jahrhundert. Die Fassaden des angrenzenden Hellweg-Museums sind jünger. Es erzählt die Geschichte der Handelsstraße und die der Salzstadt. Im 17. Jahrhundert war die Salzgewinnung in Unna wirtschaftlich bedeutend. Damit erklärt sich auch, warum auf dem Marktplatz ein Eselsbrunnen zu sehen ist. Manche sagen, er symbolisiere die störrischen Unnaer. Die wissen es meist besser: Der Esel war einst ein wichtiges Lastentier.
Zum Schluss lässt man seinen Blick schweifen über die schiefen Wände der Fachwerkhäuser im Nicolaiviertel – benannt nach dem Pfarrer Philipp Nicolai, wie eines der Schildchen an den Häusern verrät, die zum weiteren historischen Rundgang einladen. In dem Viertel gibt es auch ein legendäres Café. Im Waffelstübchen werden seit über 40 Jahren Herzchen mit Zucker gepudert. Adresse: Güldener Trog 5.
Familienausflug in Haltern: Idyll am Rand des Münsterlands
Warum nicht gleich im Herzen von Haltern mit einer Besichtigung beginnen, am Marktplatz mit dem Rathaus und dem sprudelnden Marktbrunnen mit seinen Bronzeskulpturen davor. Das Alte Rathaus wurde zwar in den Jahren 1575 bis 1577 im Renaissance-Stil errichtet, aber da es im Zweiten Weltkrieg fast vollständig zerstört wurde, musste es danach wiederrichtet werden, wenn auch in vereinfachter Form. Auf der anderen Seite des Marktplatzes ragt der 80 Meter hohe Turm von St. Sixtus empor. Zwar blickt die Kirche auf eine Geschichte, die bis ins Jahr 800 zurückreicht, aber zu sehen ist heute der neogotische Backsteinbau aus dem Jahr 1877.
Von den Befestigungen aus dem Mittelalter ist heute nur der Siebenteufelsturm erhalten, der im Jahr 1502 erbaut wurde und zu dessen Namen es keine eindeutige Erklärung gibt. In Sichtweite des Turms steht die Skulptur „Der gescheiterte Varus“ des ostwestfälischen Künstlers Wilfried Koch, die die römische Vergangenheit Halterns mit dem Mittelalter in Verbindung setzen soll. Sie steht im Kardinal-von-Galen-Park, der grünen Lunge im Zentrum von Haltern. Hier steht auch ein Denkmal für den Münsteraner Geistlichen, der sich für die Verfolgten der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft eingesetzt hat.
Neben vielen Skulpturen wie dem Lohmännken, der Gänseliesel am Gänsemarkt und dem Mutter-Anna-Standbild lädt die Altstadt natürlich auch mit ihrer Gastronomie ein, etwa den Restaurants und Cafés rund um den Markt herum. Insbesondere wenn man vom Ausflug in Halterns grüne Umgebung erschöpft einkehren möchte.
Noch mehr Anregungen für Altstadt-Touren finden Sie bei Patrick Bierther: „Heimatschätze – Ausflüge zu den schönen Altstädten im Ruhrgebiet“ (Klartext, 143 S., 16,95 €)
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