Berlin. Viele Menschen greifen in Herbst und Winter zu Vitamin D. Experten warnen vor Überdosierung. Was das bedeutet, zeigt eine neue Studie.

Vitamin D ist der übergeordnete Begriff für eine Gruppe fettlöslicher Vitamine, die Calciferole. Diese sind wichtig für die Gesundheit, weil sie die Aufnahme von Kalzium und Phosphor im Körper unterstützen und so unter anderem zur Stärkung von Knochen, Muskeln und des Immunsystems beitragen. Auch zur Verringerung der Krebssterblichkeit kann Vitamin D Studien zufolge einen wichtigen Beitrag leisten.

„Etwa 90 Prozent der benötigten Calciferole stellt der menschliche Körper selbst her“, sagt Sara Jansen, Wissenschaftlerin am Max Rubner-Institut, dem Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel. Dies geschehe in der Haut mithilfe der UV-B-Strahlung des Sonnenlichts. Ein wichtiger Faktor dabei ist der Aufenthalt im Freien. In hellen Innenräumen funktioniert das nicht.

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In Herbst und Winter sind nach Angaben des Bundesamts für Strahlenschutz die Intensität und Dauer der Sonneneinstrahlung in Deutschland zu gering, um ausreichend Vitamin D im Körper zu bilden. Der Organismus greift dann auf die in Fett und Muskeln gespeicherten Reserven zurück. Durch körperliche Aktivität kann es wieder freigesetzt werden. Aber nicht immer reicht das aus, um die empfohlene Konzentration von mindestens 50 Nanomol pro Liter Blutserum (nmol/l) zu erreichen.

Vitamin D: Tabletten, Tropfen oder sogar Gummibärchen

Nach Schätzungen des Deutschen Krebsforschungszentrums haben bis zu 70 Prozent der Menschen in Deutschland zumindest eine suboptimale Versorgung. Das Robert Koch-Institut (RKI) geht nach Auswertung einer Langzeitstudie von etwa 55 Prozent aus. Um den damit verbundenen Nachteilen vorzubeugen, greifen viele Menschen in Herbst und Winter zu Vitamin D-Präparaten. Als Tabletten, Tropfen oder sogar Gummibärchen werden diese in Apotheken, Drogeriemärkten oder auch im Online-Handel angeboten.

Auffallend dabei ist die sehr unterschiedliche Dosierung. Auf den Packungen wird diese meist in sogenannten Internationalen Einheiten (IE) angegeben. Die Zahlen schwanken hier von 200 bis 20.0000. Sehr hohe Dosen sind also auch ohne ärztliche Konsultation zu bekommen.

Aus Sicht des RKI und des Bundesamtes für Risikobewertung (BfR) ist das eine Gefahr: „Neben einem Mangel kann es ebenfalls zu einer Vergiftung mit Vitamin D kommen“, erklärt das RKI. „Während Vergiftungen über die körpereigene Vitamin-D-Bildung und die natürliche Ernährung nicht erreicht werden können, sind sie durch übermäßig hohe Einnahmen von Nahrungsergänzungsmitteln oder hoch dosierten Medikamenten möglich.“

„Verschlechterung bei herzkranken Menschen beobachtet“

Eine extreme Überdosierung zeigt sich laut BfR durch eine ausgeprägte Erhöhung der Kalziumwerte im Blut. Mögliche Symptome dieser Hypercalcämie seien Müdigkeit, Muskelschwäche, Übelkeit, Herzrhythmusstörungen und Gewichtsverlust. Besteht die Hypercalcämie für längere Zeit, könne es zu Nierensteinen und einer Nierenverkalkung bis hin zu einer dauerhaften Abnahme der Nierenfunktion kommen, so das BfR. Laut RKI gebe es eine akute und eine schleichende Überdosierung. Dies könne auch zu Appetitlosigkeit, Bauchkrämpfen und Erbrechen führen, in schweren Fällen auch zu Bewusstlosigkeit und Tod.

In Medizin und Wissenschaft ist die Höhe einer risikobehafteten Dosierung umstritten. Nach Angaben des BfR „ist in einigen klinischen Studien bei der täglichen Einnahme von 4000 IE Vitamin D über längere Zeit im Vergleich zur Kontrollgruppe eine stärkere Verringerung der Knochendichte bei älteren Frauen, eine Erhöhung des Sturzrisikos sowie eine Verschlechterung der Herzfunktion bei herzkranken Menschen beobachtet worden“.

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Das Institut empfiehlt deshalb, bei einer eigenständigen Nahrungsergänzung tägliche nicht mehr als 800 IE einzunehmen. Dies sei „auch langfristig gesundheitlich unbedenklich und reicht aus, um die Serumkonzentration des Blutmarkers 25-Hydroxyvitamin D auf angemessene 50 Nanomol pro Liter Blutserum zu heben“. Höhere Dosierungen sollten nur unter ärztlicher Kontrolle eingenommen werden.

Vitamin D: „Das spricht stark für die Sicherheit“

Eine andere Empfehlung geben die Autoren einer großen Langzeitstudie aus den USA mit fast 26.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. „Wir halten wir es für vernünftig, eine tägliche Vitamin-D-Dosis von 2000 IE zu empfehlen, wenn jemand um Rat bezüglich einer wirksamen und sicheren Vitamin-D-Dosierung zur Vorbeugung und Behandlung von Vitamin-D-Mangel bittet“, schreiben sie im Fachjournal „Nutrients“.

Über 5,3 Jahre hatten die älteren Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer täglich 2000 iE Vitamin D eingenommen. Es sei zu einer stabilen Anhebung der Serumskonzentrationen gekommen, nicht aber zu extrem hohen Kalziumwerten im Blut. „Das spricht stark für die Sicherheit einer täglichen Vitamin-D-Dosis von 2000 IE“, so die Autoren.

Ihrer Auffassung nach könnte eine Dosis von täglich 2000 IE einen möglichen Mangel nachhaltiger beheben als niedrigere Dosen. „Die Verwendung herkömmlicher Vitamin-D-Dosen wie 600 bis 800 IE könnte für viele Personen nicht ausreichen, um die konservative Zielkonzentration von mindestens 50 nmol/l zu erreichen“, heißt es in der Studie. Und: Eine Hyperkalzämie werde erst erreicht, wenn die Serumskonzentration einen Wert von 375 nmol/l überschreite und über einen langen Zeitraum täglich mehr als 20.000 IE eingenommen werden.