Berlin. Manuka-Honig soll antibakteriell wirken, hat aber seinen Preis. Ein Experte erklärt, ob er sein Geld wert ist und wie man echten Manuka-Honig erkennt.
Wenn die Nase läuft, der Hals schmerzt und der Husten quält – Manuka-Honig liegt als bekömmliches Heilmittel derzeit im Trend. Die neuseeländische Honigvariation findet sich in den Gesundheitsabteilungen vieler Drogerien, im Internet und angebotsweise beim Discounter. Wegen seiner stark antibakteriellen Wirkung gilt er als Hausmittel gegen Infektionen und Magenerkrankungen, aber auch Akne.
Doch was macht Manuka-Honig so besonders, wie wird er angewandt und welche Belege gibt es für seine Wirksamkeit? Thomas Henle, Professor für Lebensmitteltechnik an der Technischen Universität (TU) Dresden, forscht hierzu seit Jahren mit seinem Team.
Professor Henle, die meisten haben Honig schon oft gegessen – doch nicht alle kennen Manuka-Honig. Was ist dran an der nachgesagten Wirkung?
Thomas Henle: An der TU Dresden haben wir ungefähr 2006 angefangen, zum Thema Honig zu forschen, und sind dabei auf den Manuka-Honig gestoßen. Studien, die zeigen, dass er besondere antibakterielle Eigenschaften besitzt, hat es damals schon gegeben, in Deutschland war Manuka-Honig aber eher unbekannt.
Wir konnten in unseren Untersuchungen Methylglyoxal, kurz MGO, identifizieren und zeigen, dass diese Verbindung unmittelbar und direkt für den antibakteriellen Effekt verantwortlich ist. Ansonsten hat Manuka-Honig einen holzigen, rauchigen Geschmack, der sehr eigen ist und nicht jedem gefällt. Er ist meist dunkelbraun und etwas zäher als anderer Honig in der Konsistenz.
Wie hoch muss der Gehalt an MGO sein, wenn der Honig Wirkung zeigen soll?
Henle: MGO-Gehalt wird in Milligramm pro Kilogramm angegeben und kann von etwa 100 bis zu 800 und darüber hinaus reichen. Der MGO-Gehalt ist ein Qualitätskriterium: Je höher der Gehalt, desto stärker die antibakterielle Wirksamkeit des Honigs. Diese Wirkung steigt exponentiell an, sodass ein Honig mit höherem MGO-Gehalt signifikant stärker wirkt als einer mit niedrigerem Gehalt.
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Gibt es diese Verbindung auch in anderen Honigsorten?
Henle: Die Verbindung gibt es auch in anderen Lebensmitteln und Honigsorten, allerdings in sehr geringen Mengen. Sie entsteht bei der Erhitzung von zuckerhaltigen Lebensmitteln, wie zum Beispiel beim Kaffeerösten oder der Bierherstellung. In normalem Honig liegt der MGO-Gehalt im Bereich von 2-3 Milligramm pro Kilogramm oder ist gar nicht nachweisbar, während er im Manuka-Honig deutlich höher liegt – oft im dreistelligen bis vierstelligen Milligrammbereich pro Kilogramm.
Wirkung nicht zu 100 Prozent erwiesen
Manuka-Honig wird im Internet unter anderem bei anderen gesundheitlichen Problemen wie Erkältung, Halsschmerzen oder auch Akne empfohlen. Sind die Wirkungen wissenschaftlich nachgewiesen?
Henle: Es gibt zwei Bereiche, in denen Manuka-Honig wissenschaftlich gut erforscht ist. Zum einen bei der Wundheilung, wo er Bakterien effektiv abtötet. In Kliniken wird dafür speziell gereinigter Honig in Wundauflagen verwendet, z. B. bei Wunden nach Krebs-OPs oder Verbrennungen. Zum anderen zeigt er vielversprechende Ergebnisse im Magen-Darm-Bereich, besonders gegen das Bakterium Helicobacter pylori, das Magengeschwüre verursacht. Allerdings sind hier noch nicht alle Fragen geklärt.
Für andere Anwendungsbereiche gibt es keine validen Studien. Es gibt zwar Berichte von Ärzten, dass der Honig bei Infektionen, Hautunreinheiten oder sogar zum Spülen bei Nebenhöhlenentzündungen genutzt wurde, doch das beruht eher auf anekdotischen Erfahrungen. Es wäre nicht fair zu behaupten, dass es keine Erfolge gibt, aber viele dieser Anwendungen sind noch nicht ausreichend erforscht.
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Wie erkennt man echten Manuka-Honig, und kann man sicher sein, dass der Honig aus Discountern authentisch ist?
Henle: Echter Manuka-Honig wird durch den MGO-Gehalt und besondere chemische Verbindungen identifiziert. Es gibt monofloralen Honig, der überwiegend aus Manuka-Nektar stammt, und multifloralen Honig, der auch andere Blütennektare enthält. Verfälschungen, wie das Mischen mit billigeren Honigsorten, durch spezielle Analysen aufgedeckt werden.
Bei den meisten Manuka-Honigen kann man in der Regel sicher sein, dass strenge Qualitätskontrollen durchgeführt werden und die gesetzlichen Vorschriften eingehalten sind. Wichtige Hinweise auf die Echtheit sind der MGO- oder UMF-Wert auf dem Etikett. Es ist vergleichbar mit der Angabe des Alkoholgehalts auf Bier – wenn ein Wert draufsteht, wurde er getestet.
Ein Glas Manuka-Honig mit einem mittleren MGO-Gehalt kostet um die 30 Euro. Warum ist er teurer als andere Honigsorten und wird die Beliebtheit bei uns zu einem Problem?
Henle: Manuka-Honig ist teurer, weil die Produktion auf etwa 7000 Tonnen begrenzt ist. Zum Vergleich: Die Weltproduktion an Honig liegt bei ca. 1,8 Millionen Tonnen. Neuseeland hat eben auch nur eine begrenzte Fläche für den Anbau von Manuka-Sträuchern, obwohl in den letzten Jahren zusätzliche Plantagen angelegt wurden. Für diese Plantagen wurde oft totes Land renaturiert – davon profitiert die Ökologie Neuseelands sogar.
Zusätzlich ist die Erzeugung von Manuka-Honig sehr arbeitsintensiv. Die Bienenstöcke befinden sich häufig in abgelegenen Gebieten, und die Imker müssen ihre Bienen teilweise mit Hubschraubern transportieren. Dies macht die Produktion aufwendiger und verhindert eine Massenproduktion. Zudem gilt auch das Prinzip von Angebot und Nachfrage.
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Manuka-Honig verlockt zu Selbsttherapie
Die bei den Bienen beliebte Manukamyrte wächst natürlich ausschließlich in Neuseeland und Australien. Ließen sich die Konditionen in Europa anpassen, um auf ähnlichen Honig zu kommen?
Henle: Manuka-Sträucher benötigen spezielle klimatische Bedingungen, da sie nicht frostresistent sind. Daher gedeihen sie nur in bestimmten Anbaugebieten wie Neuseeland. Es wäre theoretisch möglich, sie in wärmeren Regionen Europas, etwa Spanien oder Teneriffa, anzubauen. Ob das bereits geschieht, weiß ich nicht. Aber selbst wenn der Anbau in Europa erfolgreich wäre, hängt die Qualität des Honigs stark von den spezifischen Inhaltsstoffen ab, die nur unter idealen Bedingungen erreicht werden.
Gibt es Gefahren im Umgang mit Manuka-Honig? Worauf sollte man achten?
Henle: Ich warne davor, Manuka-Honig ohne Rücksprache mit einem Arzt anzuwenden, besonders bei ernsthaften Erkrankungen. Auch wenn der Honig potenzielle Heilwirkungen hat, sollte man sich nicht auf Selbsttherapie verlassen.
Würden Sie raten, Manuka-Honig für den Hausgebrauch auszuprobieren?
Henle: Man kann Manuka-Honig überall dort verwenden, wo man normalerweise normalen Honig einsetzen würde. Zum Beispiel im Tee, denn MGO ist in der Tat hitzestabiler als viele andere Inhaltsstoffe. Es könnte sein, dass es eine positive Wirkung hat. Wenn man den Honig als Hausmittel verwenden möchte, ist es einen Versuch wert.
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