Berlin. Mit welchem Sport lässt sich am besten abnehmen? Was ist in welchem Alter zu beachten? Sportwissenschaftler Ingo Froböse gibt Tipps.

Wer abnehmen und sein Körpergewicht im Anschluss auch dauerhaft reduzieren möchte, kommt neben einer Ernährungsumstellung nicht um das Thema Bewegung herum. Denn: Sport wird allgemein empfohlen, um den eigenen Körper gesund und leistungsfähig zu halten und die überschüssigen Kilos abzuwehren.

Doch welche Sportart ist dabei die richtige? Sollte man dabei eher Ausdauerläufe machen oder lieber ins Fitnessstudio gehen? Oder vielleicht doch eine Ballsportart wählen? Wie man die richtige Sportart für seine individuellen Bedürfnisse findet, weiß der Sportwissenschaftler Prof. Dr. Ingo Froböse, ehemaliger Leistungssportler und Professor der Sporthochschule Köln.

Dauerhaft abnehmen: Ohne Muskelaufbau geht es nicht

Vorneweg: Um dauerhaft abzunehmen, braucht es sowohl Ausdauertraining als auch Krafttraining. Dr. Froböse: „Das Wichtigste ist, dass ich das Verhältnis von Fettmasse zu Muskelmasse in Balance halte. Bei Frauen sollten es 30 Prozent Muskelmasse sein, bei Männern um die 40 Prozent.“ Das Ziel für den Körper müsse es einerseits sein, die Muskelmasse hochzufahren, um mehr Kraft zu bekommen. Die Muskelmasse ist also so etwas wie der Hubraum des Körpers, in dem die Kraft verwertet werde.

Über Ausdauertraining andererseits müsse man die Muskulatur dazu bringen, mehr Energie in dem jeweiligen Zeitabschnitt als bisher zu verbrauchen. „Das geschieht, in dem ich regelmäßiges Kardiotraining betreibe, wodurch ich Mitochondrien erhalte, die mich länger leistungsfähiger machen“, sagt Froböse. Mitochondrien lieferten Energie, die von den Zellen benötigt wird, um Nahrung und eingelagerte Reserven zu verbrennen. Wenn die Muskulatur ein Hochfahren des Hubraums sei, dann bedeute die Anzahl an Mitochondrien automatisch mehr PS.

Welche Sportart man betreibt, spielt am Anfang keine Rolle

Für das Ausdauertraining gilt: Ob man radelt, schwimmt, rudert oder Nordic Walking betreibt, ist nicht entscheidend. „Es gibt keine Ausdauersportart, die besser ist als die andere. Es geht allein um die Umstellung im Körper“, sagt Froböse. Spazieren gehen reiche nicht aus, da dort die erhöhte Atemfrequenz fehle, die man brauche, um die Prozesse im Körper anzukurbeln. Es müsse aber auch kein Intervalltraining mit hoher Intensität sein. „Moderat, ruhig und lange sind die entscheidenden Komponenten.“

Auch interessant

Wer Sport betreiben will, sollte sich grundsätzlich eine Aktivität suchen, die er oder sie mag. Froböse rät dazu, dass man sich etwas aussuche, das zur eigenen Körperkomposition passe. „Wenn ich übergewichtig bin, empfiehlt es sich nicht, mit dem Joggen zu beginnen. Lieber sollte ich Rad fahren, weil die Körpermasse auf dem Sattel lastet und nicht auf den Gelenken.“ Dabei biete sich auch Schwimmen an. Elementar sei jedoch, dass Sport barrierefrei betrieben werden könne „Wenn das nächste Hallenbad 30 Kilometer entfernt liegt, ist das eine sehr hohe Barriere.“

Welche Sportart ist die richtige? Alter spielt wichtige Rolle

Den richtigen Sport im richtigen Alter zu betreiben, ist für den Körper ebenfalls entscheidend. Froböse rät, dass die Gruppe der 20-35-Jährigen einmal alles ausprobieren sollte, um ein oder zwei Sportarten für das ganze Leben zu finden. „Ab 35 sind Gesundheit und Fitness dann primär eine Frage des Ausdauertrainings.“ Viele Menschen hätten sehr viele Sitzungen und Meetings im Arbeitsleben. Da sei es effektiv, aufs Rad zu steigen oder zu Fuß zu gehen und Bewegungspunkte für das Herz-Kreislauf-Training zu sammeln. „Ab dem 55. Lebensjahr etwa wird das Training der Muskulatur immer wichtiger. Dadurch behalte ich mein Gewicht viel besser im Griff und investiere auf lange Sicht in meine Mobilität und Selbständigkeit. Muskeltraining ist eine wirkungsvolle Altersvorsorge!“

Badminton mixed doubles
Sport in der Gruppe – wie im Badminton – bietet laut Experte Ingo Froböse einen entscheidenden Vorteil © iStock | simonkr

Vereinssport hat entscheidenden Vorteil

Vereinssport zu betreiben, findet Froböse besonders deshalb spannend, weil man dort eine soziale Bindung habe und sowohl eine Verantwortung gegenüber einem selbst als auch gegenüber anderen trage. Heißt: Der Druck, zum Sport zu gehen, ist einfach höher.

Bei Bewegung in den eigenen vier Wänden dagegen sieht Froböse keine richtige Nachhaltigkeit. Natürlich hätten viele Menschen über digitale Medien den Zugang zu Sport gefunden. „Ich würde das aber immer nur additiv sehen und niemals alternativ, weil die positive Stimulation und der Austausch mit anderen nicht so präsent sind und man es wahrscheinlich auch nicht schafft, sich jeden Tag dafür zu motivieren.“

Rückschläge verkraften: Arzt gibt entscheidenden Tipp

Wie geht man mit Rückschlägen beim Abnehmen um? „Wir wissen, dass es nach etwa sechs bis acht Wochen immer Motivationstiefs gibt“, sagt Froböse. Deshalb sei es geboten, sich kleine, realistische Ziele zu setzen. „Wenn ich mir vornehme, in den nächsten sechs Wochen zwei Kilo statt 20 Kilo zu verlieren, bleibt meine Motivation erhalten. Nach einer kleinen Belohnung kann ich mir ein neues Etappenziel setzen. So komme ich voran.“

Wem es allein schwerfällt, mit Sport zu starten oder wer noch mehr Beratung sucht, dem empfiehlt Froböse, seine Krankenkasse zu kontaktieren. Dort bekomme man Partnerorganisationen genannt. Auch der Sportverein in der Nähe biete in der Regel Möglichkeiten, um sich zu informieren. Weiterhin könne man sich im Fitnessstudio beraten lassen oder Probetrainings absolvieren. „Ich würde mich immer in professionelle Hände begeben, wenn ich mit dem Sport beginne oder nach langer Pause das Training aufnehmen, wenn ich nicht weiß, wer im Internet hinter einem Sportangebot steckt.“