Berlin. Parkinson ist eine Krankheit, bei der menschlichen Nervenzellen zerstört werden. Eine Ärztin erklärt, wie man dagegen vorgehen kann.
- In Deutschland leben etwa 400.000 Menschen mit Parkinson
- Die Früherkennung der Krankheit wird immer ausgefeilter
- Mit einigen Umstellungen lassen sich die Krankheitssymptome gut behandeln
Neurologische Krankheiten wie Alzheimer oder Schlaganfälle gelten meist als Erkrankungen des Alters, können aber auch Jüngere treffen. In der Serie „Die Hirn-Docs“ der Funke Tageszeitungen klären fünf Experten der Deutschen Hirnstiftung über die neusten Erkenntnisse in der Neurologie auf.
Zu diesen besonders belastenden Krankheiten zählt Parkinson, eine Erkrankung, die den Betroffenen das Leben und den Alltag auf lange Sicht deutlich erschwert. Im aktuellen Beitrag erklärt Prof. Dr. Daniela Berg, Fachbeirätin der Deutschen Hirnstiftung, woran man Parkinson erkennt, wie man vorbeugen kann und welche Therapieformen es gibt.
Tipp: Für Fragen rund um das Thema Parkinson bietet die Deutsche Hirnstiftung eine telefonische Sprechstunde an, bei der Sie sich mit Ihrem Anliegen melden können. Jeden Montag (14 bis 18 Uhr) und Mittwoch (10 bis 14 Uhr) können Sie dort unter der Rufnummer 030/ 531437935 (kostenfrei, es fallen die normalen Telefongebühren Ihres Betreibers an) Ihre Anfragen stellen. Alternativ können Sie Ihr Anliegen auch schriftlich unter https://hirnstiftung.org/beratung/ einreichen. Wichtig: Diese Beratung ersetzt keine ärztliche Behandlung!
So funktioniert die Diagnostik bei Parkinson
Die meisten Menschen holen sich ärztlichen Rat ein, wenn die ersten „typischen“ Symptome auftreten: Bewegungsverlangsamung, Muskelsteifheit (sog. Rigor) oder Zittern (sog. Ruhe-Tremor). Typisch sind auch eine bewegungsarme Mimik sowie ein kleinschrittiger Gang. Die Ausprägung einzelner Symptome kann bei den Betroffenen unterschiedlich sein, in der Regel beginnen sie auf einer Seite, die auch im Verlauf der Erkrankung immer die stärker betroffene bleibt.
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Anhand dieser motorischen „Haupt-Symptome“ wird auch die Diagnose gestellt. Liegt eine Bewegungsverlangsamung sowie ein Rigor oder Tremor vor und wenn sich die Symptome unter Therapie mit Levodopa (eine Dopaminvorstufe, auch L-Dopa genannt) nicht verbessern, geht man von einer Parkinson-Diagnose aus.
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Es sollte jedoch immer noch eine weiterführende Diagnostik erfolgen, um andere neurodegenerative Erkrankungen auszuschließen, die mit ähnlichen Symptomen einhergehen können. Dafür soll frühzeitig eine MRT des Kopfes erfolgen. Im Rahmen der weiteren Abklärung und bei speziellen Fragestellungen können weitere Untersuchungen notwendig werden.
Etwa zehn Prozent aller Parkinson-Fälle sind genetisch bedingt. Eine genetische Untersuchung erfolgt aber nur auf Patientenwunsch und nur dann, wenn zum Beispiel zwei Verwandte ersten Grades bereits erkrankt sind.
Therapie bei Parkinson-Patienten: So wird vorgegangen
Bislang gibt es keine Therapie, die die Parkinson-Erkrankung heilen kann. Die wichtigsten Säulen der medikamentösen Parkinson-Therapie sind sogenannte Dopaminagonisten und Dopaminvorstufen. Ein Beispiel: Mit bestimmten Medikamenten wird das Enzym Monoaminoxidase B (MAO-B) oder die Catechol-O-Methyltransferase (COMT) gehemmt. Das mindert einerseits den Abbau von Dopamin und verlängert auf der anderen Seite die Wirkung von Levodopa. Das ist wichtig, da die Wirkung von Levodopa im Krankheitsverlauf nachlässt und Schwankungen in der Wirksamkeit auftreten können.
Wenn die orale Medikamenteneinnahme nicht mehr ausreicht, kann eine Pumpentherapie mit einem Dopaminagonisten eingesetzt werden. Solche Pumpensysteme geben das Medikament unter die Haut oder in den Darm ab. Vorteil: die Dosis der bisherigen Medikamente kann verringert werden, und das bei gleichmäßigerer und besserer Wirkung.
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„Die Pumpensysteme sorgen dafür, dass bei Betroffenen, die unter starken tageszeitlichen Schwankungen leiden, wieder eine gleichmäßigere Beweglichkeit im Tagesverlauf und damit eine höhere Lebensqualität erreicht werden kann. Das verzögert und verhindert sogar oft eine Pflegebedürftigkeit“, erklärt die Kieler Parkinson-Expertin Berg.
Hirnstimulation und Ultraschallverfahren gegen Parkinsonsymptome
Die Tiefe Hirnstimulation (THS) ist ein invasives Verfahren für Parkinson-Betroffene, bei denen eine konservativ-medikamentöse Behandlung nicht mehr ausreichend ist. Die THS, die seit Jahren erfolgreich durchgeführt wird, kann in Kombination mit den Medikamenten die Symptome deutlich lindern und die Lebensqualität verbessern. In einem chirurgischen Eingriff werden dauerhaft Elektroden in bestimmte Hirnregionen implantiert. Die elektrischen Impulse werden dann von einem individuell programmierbaren Impulsgenerator ausgesendet, ähnlich dem Prinzip eines Herzschrittmachers.
Ein in Deutschland relativ neues Verfahren, das bei Parkinson insbesondere zur Behandlung des Tremors eingesetzt wird, ist der sogenannte MRT-gesteuerte, fokussierte Ultraschall (MRgFUS). Der hat im Vergleich zur THS den Vorteil, dass er von außen durch die geschlossene Schädeldecke zur Anwendung kommt. Die Ultraschallwellen bündeln sich in dem zuvor berechneten Punkt und setzen dort gezielt eine thermische Läsion ein, also eine Gewebeschädigung durch Hitze. Dadurch wird das neurologische Netzwerk unterbrochen, das den Tremor bedingt.
Parkinson: Vielseitige Therapieansätze können Symptomatik verbessern
Grundsätzlich ist bei Parkinson-Erkrankten eine multidisziplinäre Versorgung entscheidend und kann zur Verbesserung der Symptomatik und Lebensqualität beitragen. Große Bedeutung haben bewegungsintensive Therapieansätze wie Physio- und Ergotherapie, Logopädie und Sporttherapie. Auch Musiktherapie, Tanztherapie, Kunsttherapie oder Theatertherapie können die Lebensqualität verbessern, da Stimmung, Selbstwertgefühl und Selbstständigkeit verbessert bzw. erhalten werden. Tanztherapie und rhythmisches Gangtraining können außerdem motorische Funktionen und das Gleichgewicht verbessern.
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Sport ist auch eine wichtige Maßnahme bei kognitiven Störungen im Zuge einer Parkinson-Krankheit. Neben dem kognitiven Training wird aerobes Ausdauertraining empfohlen (zwei- bis dreimal für je 45 bis 60 Minuten pro Woche).
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Prof. Berg: „Außerdem ist es wichtig, auch frühzeitig nicht-motorische Symptome wie Depressionen und Stimmungsschwankungen zu berücksichtigen und zu therapieren. Diese werden oft angesichts der typischen Bewegungsstörungen vernachlässigt. Dabei sind es gerade diese Symptome, die die Lebensqualität der Betroffenen häufig stark einschränken.“ Dazu zählen auch vegetative Symptome wie gestörte Blutdruck- und Wärmeregulation, Probleme beim Wasserlassen, Verstopfung oder beeinträchtigte Sexualfunktionen.
Neues zur Prävention und Früherkennung
Eine Besonderheit der Parkinson-Krankheit ist die sogenannte Prodromalphase. Prodromalsymptome (auch Frühsymptome) können Jahrzehnte vor der späteren Diagnose auftreten, so beispielsweise Störungen des Geruchssinns, Störungen des Traum-(REM)-Schlafs und Stimmungsschwankungen wie Depressionen oder Reizbarkeit. „Aus ethischer Sicht ist die Beratung von Menschen in der Prodromalphase, für die noch keine Medikamente zur Verfügung stehen, bezüglich Präventionsmöglichkeiten besonders relevant“, erklärt Prof. Berg und ermutigt alle Betroffenen: „Durch Sport, gesunde Ernährung und ausreichend Schlaf lässt sich Einfluss auf den Verlauf der Krankheit nehmen.“
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Noch liegt für die klinische Routine kein „einfacher Bluttest“ zur Frühdiagnose von Parkinson vor, aber die Forschung arbeitet auf Hochtouren daran. Die Erforschung der Ursachen für Parkinson erhärtet zunehmend den Verdacht, dass neben „Lifestyle“ auch Umweltfaktoren bzw. -toxine eine Rolle spielen, beispielsweise auch Pestizide. In Frankreich wird die Parkinson-Erkrankung bei Menschen, die in der Landwirtschaft Pestiziden ausgesetzt waren (etwa in Weinanbaugebieten), bereits als Berufskrankheit anerkannt. Aber auch andere Substanzen wie industrielle Lösungsmittel stehen im Verdacht, die Krankheitsentstehung zu begünstigen.