Berlin. Nachteulen riskieren ihr Leben - das legt eine neue Schlaf-Studie nahe. Zwillinge spielen in der Untersuchung eine zentrale Rolle.

Die innere Uhr macht manche Menschen zu Frühaufstehern, andere möchten dagegen vor dem ersten Kaffee nicht angesprochen werden und fühlen sich generell abends fitter. Manch einer hat sich damit abgefunden. Die Ergebnisse einer Langzeitstudie aus Finnland lassen nun aber aufhorchen.

Demnach gefährden Nachteulen mit ihrem Tagesrhythmus merklich ihre Gesundheit und riskieren einen früheren Tod. Dabei geht es vor allem um schädliche Gewohnheiten, die die Betroffenen pflegen. "Das erhöhte Sterberisiko, das mit der klaren Zuschreibung einer 'Abend-Person' verbunden wird, liegt anscheinend hauptsächlich an einem höheren Tabak- und Alkoholkonsum", sagte der Hauptautor der Studie, Christer Hublin vom Finnischen Institut für Arbeitsmedizin in Helsinki.

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Bei der Studie, die am Freitag in der Zeitschrift "Chronobiology International" veröffentlicht wurde, handelt es sich um eine Fortsetzung der finnischen Zwillingskohortenstudie von 2002. Die neue Studie beobachtete knapp 24.000 Zwillinge zwischen 1981 und 2018, um die Ursachen von Krankheiten und gesundheitsbezogenem Verhalten zu ergründen.

Zum Auftakt der Studie sollte jeder Teilnehmende beantworten, ob er oder sie sich als "Morgen-Mensch" bezeichnen würde oder eher als "Nachtmensch". Zur Auswahl standen die Antwortmöglichkeiten:

  • "Ich bin definitiv ein Morgen-Mensch"
  • "Ich bin teilweise ein Morgen-Mensch"
  • "Ich bin definitiv ein Nacht-Mensch"
  • "Ich bin teilweise ein Nacht-Mensch"

Zehn Prozent der befragten Zwillinge bezeichneten sich selbst als eindeutige Nachteulen. 33 Prozent gaben an, dass sie abends eher länger aufbleiben. Gut 29 Prozent nannten sich selbst eindeutig "Morgen-Menschen", weitere 27,7 Prozent sahen sich zumindest teilweise als "frühe Vögel".

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Für die neue Studie untersuchten die Forschenden die Sterberegister einer Teilmenge der ursprünglichen Studie (8729 Teilnehmende wurden ausgewertet). Folgende Faktoren wurden berücksichtigt:

  • Bildungsstand
  • Alkoholkonsum
  • Rauchen
  • Body Mass Index (BMI)
  • Schlafdauer

Unter Auswertung dieser Aspekte ergab die neue Studie, dass "Nacht-Menschen" im Vergleich zu Frühaufstehern ein um rund neun Prozent höheres Risiko haben, früher zu sterben. Dies ist demnach vor allem auf den Lebensstil der "Lerchen" zurückzuführen, schreiben die Forschenden.

"Wir wissen schon lange, dass Menschen mit einer Vorliebe für den Abend übermäßig viel Alkohol trinken, unter Alkoholabhängigkeit leiden oder auch andere Substanzen wie Tabak konsumieren", sagte Dr. Bhanu Prakash Kolla, ein Schlafmediziner am Zentrum für Schlafmedizin an der Mayo Clinic in Rochester (US-Bundesstaat Minnesota) gegenüber CNN. Ein erhöhtes Sterberisiko von neun Prozent sei signifikant. Kolla war mit seinem Institut nicht an der finnischen Studie beteiligt.

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Schlaf: Nachteule oder Frühaufsteher - daran liegt es

Jeder Mensch hat einen eigenen Biorhythmus. Dieser regelt, wann das Hormon Melatonin zur Förderung des Schlafes ausgeschüttet wird. Viele Forschende gehen davon aus, dass dieser Biorhythmus erblich ist. Ist man von Natur aus ein Frühaufsteher, gibt der Körper das Melatonin viel früher frei, kommt also früher in den Schlaf. Am Morgen ist es entsprechend wieder früher abgebaut und man startet voller Energie in den Tag.

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Umgekehrt wird der Botenstoff bei "Nachteulen" deutlich später am Tag ausgeschüttet. Das führt dazu, dass sie morgens später in die Gänge kommen und ihre aktive Hochphase am Nachmittag und Abend liegt.

Gesundheitlich haben beide Ausprägungen verschiedene Folgen: Frühaufsteher neigen dazu, in der Schule besser abzuschneiden. Tagsüber sind sie gemeinhin aktiver. Dies könnte zum Teil erklären, warum sie laut anderen Studien ein geringeres Risiko haben, an Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu leiden.

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Bei Nachteulen sieht es anders aus: Verschiedene Untersuchungen deuteten in den Vergangenheit darauf hin, dass spät aufstehende Menschen oftmals das Frühstück auslassen und dafür später am Tag mehr essen. Es gibt Hinweise darauf, dass viele Nachteulen körperlich inaktiver sind als Frühaufsteher und sowohl im Ruhezustand als auch bei körperlicher Aktivität weniger Fett verbrennen. Nachteulen wiesen in früheren Untersuchungen auch größere Mengen an Bauchfett auf, was als ein wichtiger Risikofaktor für Diabetes Typ 2 und Herzerkrankungen gilt.

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Schlaf: "Lerche" oder "Eule" - So kann man seinen Rhythmus anpassen

Auch wenn es möglicherweise erblich ist - man kann den Biorhythmus doch ein Stückweit beeinflussen. Experten raten Nachteulen dazu, folgende Tipps zu beherzigen:

  • Licht hereinlassen, sobald der Wecker klingelt
  • Am besten ist natürliches Tageslicht
  • In der dunklen Jahreszeit kann man Tageslichtlampen nutzen
  • Auf diese Weise trainiert der Körper, früher in Gang zu kommen
  • Am Abend sollte man frühzeitig auf helle Lichtquellen wie Smartphone- und Tablet-Bildschirme verzichten - das blaue Licht verhindert die Ausschüttung von Melatonin
  • Ausnahme: Wenn der Bildschirm einen Filter hat, um das blaue Licht in ein wärmeres umzuwandeln
  • Abends keine anstrengenden Workouts mehr machen - lieber sanfte Dehnübungen oder eine Yoga-Einheit, damit der Körper zu Ruhe und Entspannung findet

Schlaf: Diese Warnzeichen sollten Sie ernstnehmen

Zum "Tag des Schlafes" am 21. Juni betont die Internistin und Schlafmedizinerin Martina Wenker gegenüber dem Evangelischen Pressedienst (epd), welche Warnzeichen Menschen beachten sollten. Bedenklich werde es dann, "wenn ich morgens wie gerädert aufwache und mich tagsüber müde und kraftlos fühle, womöglich sogar spontan einnicke". Dies könne gelegentlich vorkommen, aber "wenn dieses Gefühl der Energielosigkeit die Tage öfter oder über einen längeren Zeitraum beherrscht, sollte ich das abklären lassen".

Schlaf sei niemals ineffizient verbrachte Zeit, sagt Wenker. "Wir sollten ihn in seiner elementaren Bedeutung für ein ausgeglichenes und gesundes Leben wertschätzen."

Zudem passiere im Schlaf viel Gutes für den Körper: Stoffwechselprozesse, Erholung, Reparaturarbeiten und psychische Verarbeitung - das sei ein echter "Hochleistungsbetrieb", sagt die Schlafwissenschaftlerin. (mja)