Wuppertal. Die Grünen in NRW sehen sich als Verteidiger des Asylrechts: Die Pläne der Länder-Ministerpräsidenten seien unmenschlich und sinnlos.

In der Diskussion über eine verschärfte Asylpolitik wird die Kluft zwischen den NRW-Grünen auf der einen und CDU und SPD auf der anderen Seite größer. Die Vorschläge der Ministerpräsidentenkonferenz für Maßnahmen zur Einschränkung der Zuwanderung rufen heftige Abwehrreflexe bei den Grünen hervor.

„Niemand wird an das individuelle Asylrecht in Deutschland gehen. Punkt“, sagte NRW-Vize-Ministerpräsidentin Mona Neubaur bei einem Landesparteitag der Grünen in Wuppertal.

Flüchtlingskrise: Grünen-Kritik am "Kurs der Ausgrenzung" von CDU und SPD

„Wir Grüne stehen in der Flüchtlings- und Integrationspolitik für einen Kurs der Realität und nicht für einen Kurs der Ausgrenzung“, betonte Grünen-Landesvorsitzender Tim Achtermeyer gegenüber dieser Redaktion.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Bundestags-Oppositionsführer Friedrich Merz sowie die Ministerpräsidenten Boris Rhein (Hessen, CDU) und Stephan Weil (Niedersachsen, SPD) haben Möglichkeiten für einen Migrationspakt ausgelotet, der am 6. November von Bund und Ländern geschlossen werden soll. Im Gespräch sind beschleunigte Asylverfahren bei Geflüchteten aus Ländern mit einer Anerkennungsquote unter fünf Prozent, die Einführung einer „Bezahlkarte“ für Asylbewerber und mehr Grenzkontrollen.

Zuwanderung: "Humanität ist nicht konjunkturabhängig", warnt der Grünen-Landeschef

Grünen-Landeschef Achtermeyer hält dagegen: Beschleunigte Asylverfahren würden „praktisch wirkungslos“ bleiben und seien auch aus menschlichen Grünen falsch. „Denn hier geht es insbesondere um die Maghreb-Staaten, in denen Oppositionelle und Journalisten politisch verfolgt werden. Das Gros der Geflüchteten kommt aber aus Syrien, Afghanistan und der Ukraine. Will man künftig einer unterdrückten Frau aus Afghanistan sagen: Du darfst hier kein Asyl mehr beantragen?“ Es gebe Werte, die nicht konjunkturabhängig seien, und dazu gehörte die Humanität.

Die NRW-Grünen setzen auf Migrationsabkommen mit Herkunftsstaaten von Geflüchteten, auf eine solide Finanzausstattung der Städte und auf den Abbau von Arbeitsverboten für Asylbewerber. Eine Bezahlkarte ändere nichts an der Zuwanderung. NRW plant derzeit auch keine Einführung von Bezahlkarten für Geflüchtete.

Flüchtlingskrise: Grüne Jugend fordert NRW auf im Bundesrat mit Nein zu stimmen

Beinhaltet die sich zuspitzende Asyl- und Zuwanderungsdebatte auch Sprengstoff für die schwarz-grüne Landesregierung in NRW? Darauf gibt es erste Hinweise. Die Spitze der Grünen Jugend in NRW, Nicola Dichant und Renas Sahin, fordert den CDU-Teil der Landesregierung nämlich auf, die Bedenken der Grünen ernst zu nehmen. „Wir erwarten, dass NRW im Bundesrat gegen diese Beschlüsse der Ministerpräsidenten stimmt“, sagten sie dieser Zeitung. Die Lösung der Probleme sei nicht die „Entrechtung“ von Geflüchteten. Diese Forderung richtet sich auch gegen NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) persönlich, denn er hat den Vorschlag, die Asylverfahren zu beschleunigen, Ende letzter auf den Tisch gelegt.

In Baden-Württemberg streiten Grüne über den Asyl-Kurs

Die Nachwuchs-Grünen und Teile der Partei warnen auch in anderen Bundesländern vor Experimenten beim Asylrecht. In Baden-Württemberg lässt die Grünen-Landespitze um Winfried Kretschmann Sympathien für die Vorschläge der Ministerkonferenz durchblicken. Dagegen regt sich Widerstand an der dortigen Grünen-Basis.

Der Duisburger Grünen-Bundestagsabgeordnete Felix Banaszak kritisierte CDU-Chef Friedrich Merz für dessen Kurs in der Migrationsdebatte: „Ich erwarte vom staatstragenden Konservatismus, dass er nicht mit dem Feuer spielt.“

Die sächsische Justizministerin Katja Meier (Grüne) warnte auf dem Parteitag in Wuppertal: "So, wie die Debatte über Zuwanderung geführt wird, verlieren nicht nur die konservativen Parteien, sondern die ganze Gesellschaft." Es sei ein Fehler, sich den Rechtspopulisten anzubiedern.