Düsseldorf. Martin Gütgemann (34) ist Vertretungslehrer am Gymnasium. Er beklagt, dass trotz des Lehrermangels viele Pädagogen keine Stelle bekommen.
Martin Gütgemann (34) ist Gymnasiallehrer in Köln für die Fächer Latein und Geschichte und hier Berufsanfänger. Zwar hangelt er sich derzeit von Stelle zu stelle, dennoch ist er optimistisch und startet voller Zuversicht ins nächste Schuljahr:
„Ich bin Vertretungslehrer an einem Kölner Gymnasium, mein Vertrag endet aber im August. Davor war ich eine Zeit lang auf Arbeitssuche und habe zwei Jahre lang an einer Grundschule in Wuppertal unterrichtet. Wie und wo ich im kommenden Jahr arbeiten kann, weiß ich noch nicht. Ich habe 20 Bewerbungen auf Vertretungsstellen abgeschickt und acht auf feste Stellen.
Es ist schon kurios: Alle reden vom Lehrkräftemangel in NRW, dennoch gibt es viele ausgebildete Pädagogen, die wegen ihrer Fächerkombination nicht so leicht in den Lehrberuf kommen, insbesondere an Gymnasien. Als ich den Schülern sagte, dass ich hier nach den Sommerferien aufhöre, sagte jemand: „Das ist ja voll unfair, dass die Sie einfach so rauswerfen!“. Aber die Schule hat eben im nächsten Schuljahr wirklich genug Lateinlehrer.
Es war ein cooles Schuljahr
Für mich persönlich war es ein gutes, ja sogar ein richtig cooles Schuljahr. Die Arbeit vorher in der Grundschule war eine gute Erfahrung, weil sie so anders war als an einem Gymnasium. Aber jetzt durfte ich Latein und Geschichte unterrichten, und das war immer mein Traum. Es ist toll, mit alten Texten zu arbeiten und den Bezug zum Hier und Jetzt herzustellen.
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Schülerinnen und Schüler sollen etwas lernen, aber es darf auch unterhaltsam und spannend sein im Unterricht. In einer 6. Klasse in Geschichte haben wir zum Beispiel Internet-Recherche geübt. Auf einer Webseite stand „Gefördert durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.“ Da meldete sich ein Junge und fragte: Warum steht denn da nicht auch Männer? Und dann ist man auf einmal, völlig ungeplant, mitten in einer spannenden und relevanten Diskussion.
Es fehlt Geld im System
Ich komme auch supergut mit Jugendlichen im Pubertätsalter zurecht. Manchmal sind diese Mädchen und Jungen ultra-albern, aber ich bin ein sehr geduldiger Lehrer, und dann wird eben mal fünf Minuten gelacht, und Lehrkräfte haben zum Glück viel Freiheit beim Gestalten des Unterrichts.
Es fehlt leider Geld im System Schule, andere Länder in Europa investieren viel mehr in Bildung. Die Politik müsste mehr Mut beim Thema Schule haben und Geld ins System geben, mehr Studienplätze schaffen, auch wenn man die Resultate erst in fünf oder zehn Jahren sieht.
Man beschwert sich darüber, dass es zu wenige Grundschul-Lehrkräfte gibt, aber viele scheitern an den Zulassungsbeschränkungen fürs Studium. Inklusion gibt es auch nicht zum Nulltarif. Es gibt an den Schulen in NRW zu wenige Sonderpädagogen, Sozialarbeiter und Schulpsychologen, und das verstehe ich nicht.“