Berlin. FDP und BSW sind raus. Das kann zu bemerkenswerten Konstellationen führen, denn Linke und AfD haben die Sperrminorität. So funktioniert sie.

Das vorläufige Ergebnis der Bundestagswahl 2025 steht fest. Klar ist: FDP und BSW sind nicht im Bundestag vertreten. Dadurch können sich allerdings überraschende Konstellationen ergeben: AfD und die Linke könnten die Sperrminorität bekommen.

Eine Sperrminorität hat eine Partei dann, wenn sie mehr als ein Drittel der Sitze in einem Landtag oder im Bundestag hat. Die Folgen können weitreichend sein: Gesetze, die eine Zwei-Drittel-Mehrheit benötigen, um beschlossen zu werden, könnten von einer – oder mehreren Parteien – blockiert werden.

Für eine Sperrminorität im Bundestag sind 210 Sitze nötig. Allein überschreitet die in Teilen als rechtsextrem eingestufte AfD diese Grenze nicht, sie hat künftig 152 Sitze. Mit den 64 Abgeordneten der Partei Die Linke könnte die AfD aber auf über ein Drittel aller Sitze kommen. Sie könnten also gemeinsam bestimmte Gesetze blockieren.

Sperrminorität: Für diese Gesetze braucht es eine Zwei-Drittel-Mehrheit

Welche Gesetze machen eine Zwei-Drittel-Mehrheit erforderlich? Das betrifft auf Bundesebene alle Änderungen des Grundgesetzes. Vorhaben wie Veränderungen am Wahlrecht, Neuregelungen für das Bundesverfassungsgericht, Reformen zum Umgang mit extremistischen Parteien oder Regeländerungen bei der Parteienfinanzierung könnten mit einer Sperrminorität also verhindert werden.

Viele Demokratinnen und Demokraten dürfte beruhigen: Die AfD hat auf Bundesebene auch in der kommenden Wahlperiode keine Chance, sich künftig als alleinigen „Machtfaktor“ zu inszenieren. Was aber, wenn AfD und Linke gemeinsam Gesetzesänderungen blockieren würden?

Sperrminorität: Bei diesem Thema könnten AfD und Linke gemeinsam blockieren

Dass die Parteien eine ähnliche Linie in mehreren Themenfeldern verfolgen, ist unwahrscheinlich. Aber: Auch Reformen der Schuldenregeln oder eine Anpassung der Schuldenbremse, die im Grundgesetz festgeschrieben sind, können Parteien mit Sperrminorität unmöglich machen. Gegen ein erneutes Sondervermögen für die Bundeswehr, wie Robert Habeck (Grüne) es etwa fordert, könnten sowohl AfD als auch die Linke stimmen.

Im ARD-Fernsehen sagte Linken-Parteichef Jan van Aken, dass seine Partei bei einer Reform der Schuldenbremse für Gespräche bereit wäre. Bei Militärausgaben schloss er das in dem Interview hingegen aus. Ines Schwerdtner, Vorsitzende der Partei Die Linke, teilte dieser Redaktion auf Anfrage mit: „Die Linke lehnt Aufrüstung ab, der AfD kann die Aufrüstung nicht groß genug sein. Ich sehe nicht, wie da ein gemeinsames Abstimmungsverhalten vorstellbar wäre. Grundsätzlich ist es Aufgabe des Antragstellers, Sorge dafür zu tragen, eine Mehrheit ohne die AfD für den eigenen Antrag zusammenzubekommen.“

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Sperrminorität: In diesen Bundesländern kann die AfD Gesetze blockieren

In Brandenburg und Thüringen hat die AfD bereits als alleinige Partei die Sperrminorität: Damit kann sie Einfluss auf die Justiz nehmen und mit allen AfD-Stimmen beispielsweise Änderungen der Landesverfassung verhindern. Auch Anpassungen des Wahlgesetzes – wie zum Beispiel die Absenkung des Wahlalters oder eine Reform des Landeswahlrechts – kann die AfD in diesen beiden Bundesländern unterbinden. Sie hat auch bei der Ausrufung von Neuwahlen, bei Landtagsdebatten unter Ausschluss der Öffentlichkeit oder bei der Wahl des Präsidenten des Landesrechnungshofs die Möglichkeit, ihr Veto einzulegen.

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AfD hat in Thüringen bereits ihre Sperrminorität ausgespielt

Anfang 2025 hat die AfD in Thüringen erstmals von ihrer Sperrminorität Gebrauch gemacht und den dortigen Richterwahlausschuss blockiert. Die Folge: Ohne die Ausschüsse können in dem Bundesland keine Richterinnen und Richter eingestellt oder befördert werden. Der Verein „Neue Rich­ter­ver­ei­ni­gung“ kri­ti­siert das Verhalten der AfD: Sie sieht eine Gefahr für das Jus­tiz­we­sen und für das Ver­trau­en der Bür­ge­rin­nen und Bür­ger in die De­mo­kra­tie.