Düsseldorf. Am Mittwoch blieb der Ministerpräsident noch stumm, als es um den „Tabubruch“ im Bundestag ging. Heute reagiert er auf Vorwürfe der SPD.
NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hat kurz vor der Abstimmung im Bundestag über das umstrittene „Zustrom-Begrenzungsgesetz“ nachdrücklich für eine „Allianz der Mitte“ unter den demokratischen Parteien geworben.
„Dafür gibt es jetzt kurz vor der Bundestagswahl die Chance, auch in dieser emotional aufgeheizten Lage“, sagte Wüst am Donnerstag zu Beginn der Landtagsdebatte, nachdem SPD-Oppositionsführer Jochen Ott der Union vorgehalten hatte, sie habe in Kauf genommen, dass ein Asyl-„Antrag auf Verfassungsbruch“ mit den Stimmen der Rechtspopulisten eine Mehrheit bekommen konnte. „Das ist ein ungeheuerlicher Tabubruch“, sagt Ott. Weder Konrad Adenauer noch Helmut Kohl noch Angela Merkel hätten dem je zugestimmt.
Wüst entgegnete: „Die Bundestagsfraktion der Union hat klargemacht, dass sie für Gespräche über das Asylrecht bereitsteht. Lassen Sie uns gemeinsam die Chance ergreifen, um eine Antwort zu geben auf die Sorgen der Menschen. Zeigen wir gemeinsam Handlungsfähigkeit aus der demokratischen Mitte.“ Es dürfe nicht passieren, dass nur der rechte Rand die schnellen Antworten gebe.
Kurt darauf ging ein politisches Beben durch Berlin: Altbundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) warf dem Unions-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz Wortbruch vor.
SPD-Vorwurf: Union bricht mit der Tradition von Adenauer, Kohl und Merkel
Jochen Ott hatte diese Reaktion des Ministerpräsidenten mit einem Vorstoß außerhalb der Tagesordnung eingefordert. In Berlin werde gerade der „Konsens der Demokraten“ durch die Union zerstört. „Zum ersten Mal seit dem 23. März 1933, zehn Tage, nachdem Konrad Adenauer als Oberbürgermeister von Köln von den Nazis abgesetzt wurde, haben Konservative und Liberale mit Rechtsextremisten gemeinsame Sache gemacht“, sagte er. Nun sei der Bundesrat das „letzte Bollwerk“, um ein „Zustrom-Begrenzungsgesetz“ noch zu stoppen, wenn dieses am Freitag von Bundestag mit AfD-Stimmen beschlossen werden sollte.
Wüst über die AfD: „Dieser Partei fehlen Anstand und Respekt“
Hendrik Wüst nutzte die Gelegenheit, um sich selbst, die NRW-CDU und den grünen Koalitionspartner deutlich von der AfD abzugrenzen. „Ich will den Aufstieg dieser Partei verhindern.“, sagte er mit Blick auf die AfD-Abgeordneten im Landtag. „Diese Partei dort ist in Teilen rassistisch, europafeindlich, sie will lieber in einem Bündnis sein mit Russland als mit der Nato. Dieser Partei - wir haben es gestern in der Debatte weder gesehen - fehlen Anstand und Respekt“, sagte Wüst.
Am Mittwoch hatte sich der NRW-Landtag in einer sehr emotionalen Aktuellen Stunde mit der Gewalttat von Aschaffenburg und den Folgen für NRW beschäftigt. Der Ministerpräsident hatte sich dazu zunächst nicht geäußert. Das holte er am Donnerstag nach.
Landesintegrationsrat sieht Parallelen zu 1933
Tayfun Keltek, Vorsitzender des Landesintegrationsrates NRW, warf Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz am Donnerstag „Wortbruch“ vor. „Der inszenierte Tabubruch vom 29. Januar 2025 hat die Büchse der Pandora geöffnet“, warnte Keltek in einer Mitteilung. Damit seien ein schwerer Schaden für die Akzeptanz des demokratischen Rechtsstaats und eine Schwächung der Europäischen Gemeinschaft verbunden.
Der Verbandsvorsitzende erinnert an den Vorabend des 30. Januar 1933, als konservative Kräfte in völliger Verkennung der Lage angenommen hätten, Adolf Hitler steuern zu können. „Es war ein politischer Trugschluss, der Millionen Menschen Freiheit und Leben kostete, ermöglicht durch die Steigbügelhalter aus dem konservativen Lager.“