Berlin. Putins Besuch in Peking zeigt: Die Bande zwischen Russland und China werden immer enger –und sie schließen weitere Akteure mit ein.
Russland und China rücken immer näher zusammen: Die Reise des russischen Präsidenten Wladimir Putin am 16. und 17. Mai nach Peking ist das vierte Tête-à-Tête mit seinem Amtskollegen Xi Jinping seit Beginn des Ukraine-Krieges. Der enger werdende militärische, wirtschaftliche und politische Schulterschluss ist gegen den Westen gerichtet. Er passt sich ein in die Achse der Autokratien, die von Russland über den Iran und China bis nach Nordkorea reicht.
Die militärische Achse: Lieferung von Waffen und Dual-Use-Gütern
Russland – China: Russland wird im Ukraine-Krieg von den Autokratien im Iran, in China und in Nordkorea gestützt. Große Sorge bereitet dem Westen Chinas Hilfe für Russland. Offiziell erklärt sich die Volksrepublik zwar als neutral. De facto hat Peking aber die russische Invasion in die Ukraine nie verurteilt und spricht vielmehr von einer „felsenfesten Beziehung“ zu Moskau.
Die EU sieht in letzter Zeit Anzeichen dafür, dass China Güter mit zivilem und militärischem Verwendungszweck (Dual Use) nach Russland verschickt. So unterstütze Peking Moskau mit Drohnen- und Raketentechnologie sowie Werkzeugmaschinen. Russland könne damit seine militärischen Fähigkeiten für den Ukraine-Krieg steigern. Laut US-Außenminister Antony Blinken liefert die Volksrepublik auch Halbleiter, die sich zum Raketenbau eignen.
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China – USA: Während der wirtschaftliche Austausch zwischen China und Russland floriert, legen die Vereinigten Staaten immer härtere Bandagen an. US-Präsident Joe Biden schraubte am Dienstag die Einfuhrzölle auf chinesische Elektroautos von 25 auf 100 Prozent hoch. Zudem verhängen die Amerikaner neue oder stark erhöhte Zölle für Solarzellen, Halbleiter, Hafenkräne und Medizinartikel. China flute die globalen Märkte mit künstlich verbilligten Exporten, begründete die US-Regierung diesen Schritt. Die Führung in Peking kündigte „entschlossene Maßnahmen“ an.
Russland – Iran: Nach Angaben westlicher Sicherheitskreise hat Russland bereits 1500 Kampfdrohnen sowie mehrere Hundert ballistische Raketen iranischer Bauart gegen die Ukraine eingesetzt. Die Kamikazedrohnen können in Schwärmen angreifen und sollen die Luftverteidigungssysteme der Ukraine verschleißen. Der Iran erhält im Gegenzug militärisches Know-how und Rüstungsgüter aus Moskau – Waffen auch für den Konflikt mit Israel. Teheran hatte im November von Russland Su-35-Kampfjets und Mi-28H-Kampfhubschrauber gekauft.
Russland – Nordkorea: Auch Nordkorea flankiert Putins Krieg gegen die Ukraine. Nach Angaben des südkoreanischen Geheimdienstes schickt Diktator Kim Jong-un Munition und Kurzstreckenraketen nach Russland und bekommt dafür billiges Öl.
Die wirtschaftliche Achse: Handel wächst und konterkariert Sanktionen
Russland – China: Der Handel mit China ist einer der Gründe, warum die russische Wirtschaft durch die westlichen Sanktionen nicht in die Knie gezwungen wurde. Russland ist inzwischen der wichtigste Öllieferant der Volksrepublik. Europäer und Amerikaner werfen Peking vor, Russland zunehmend mit Dual-Use-Gütern wie Computerchips auszustatten, die auch zur Waffenproduktion genutzt werden können. Im vergangenen Jahr ist das bilaterale Handelsvolumen auf den Rekordwert von rund 219 Milliarden Euro angewachsen. Tendenz: steigend.
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Die politische Achse: Schulterschluss gegen den Westen wird noch enger
Russland – China: Die Volksrepublik hat ein Interesse daran, dass der Westen seine Energien durch die Unterstützung der Ukraine erschöpft. Sollte Putin mit seinem Einmarsch in die Ukraine durchkommen, sähe China darin eine Blaupause für eine „friedliche Wiedervereinigung“ mit Taiwan. Staatschef Xi hat explizit ausgeschlossen, dass Peking bei der Erreichung dieses Ziels auf die Anwendung von Gewalt verzichte. US-Präsident Joe Biden hat mehrmals betont, dass Amerika Taiwan im Falle eines Angriffs verteidigen werde. Der demokratische Inselstaat wird von der Volksrepublik als abtrünnige Provinz betrachtet.
Seit Jahren reklamiert die Volksrepublik die rohstoffreichen Gewässer des Südchinesischen Meeres immer aggressiver für sich. Das Militärbündnis zwischen den USA, Australien und Großbritannien im Pazifik (Aukus) bezeichnet Peking als feindliche Allianz. Die Entsendung der Bundeswehrfregatte „Baden-Württemberg“ und des Einsatzgruppenversorgers „Frankfurt am Main“ in den Indopazifik wird von der Volksrepublik scharf kritisiert.
Fazit: Verbindendes Element ist die Abneigung gegenüber dem Westen
Hinter der Achse der Autokratien zwischen Russland, dem Iran, der Volksrepublik und Nordkorea steckt ein ideologisches Bündnis zur Neuordnung der Welt. Das große Stichwort lautet „Multipolarität“. Die Botschaft: Der Einfluss Amerikas und Europas schwinde zugunsten neuer Kraftzentren wie der aufstrebenden Wirtschaftsnationen China und Indien oder der Schwellenländer des globalen Südens. Der gemeinsame Feind ist der Westen rund um die Führungsmacht USA. Es ist eine breite Ablehnungsfront gegen „westliche Institutionen“ wie Demokratie, Marktwirtschaft, Regeln des Völkerrechts sowie Menschenrechte.
Russland sieht sich in der Ukraine im Krieg mit den Vereinigten Staaten und der Nato. Das Mullah-Regime kämpft im Nahen Osten gegen den „großen Satan“ (Israels Verbündeter USA) und den „kleinen Satan“ (Israel). China betrachtet Amerika und die Nato als Eindringlinge in die selbst beanspruchte Machtsphäre im Indopazifik. Nordkorea wittert eine weltweite Verschwörung gegen sich, die angeblich vom XXL-Drahtzieher Washington orchestriert wird.
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Der Ukraine-Krieg vor den Toren der Europäischen Union ist kein rein regionaler Waffengang. Er ist mit zwei weiteren Brandherden verbunden: mit dem Gaza-Krieg einschließlich des Konflikts zwischen Israel und dem Iran sowie mit den zunehmenden Spannungen in Ostasien rund um Chinas wachsenden Machtanspruch. Die Kriege und Krisen stehen in Wechselwirkung zueinander. Das verbindende Element ist die Front gegen den Westen, insbesondere Amerika.
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