Berlin. Putin lässt erst ukrainische Getreide-Silos bombardieren und verhandelt dann zum Schein mit Erdogan. Nicht nur die Ukraine leidet.
Wenn „brutaler Zynismus“ eine Disziplin bei Olympischen Spielen der internationalen Politik wäre, hätte der russische Präsident Wladimir Putin die Goldmedaille sicher. Erst lässt Putin die Getreidesilos in den ukrainischen Hafenanlagen bombardieren, dann mimt der den friedenswilligen Diplomaten. Das Gespräch mit dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan im Schwarzmeer-Badeort Sotschi war keine Sondierung für eine mögliche Verhandlungslösung. Der Kremlchef präsentierte ein Diktat: Eine Rückkehr zum Getreideabkommen, das der Ukraine den Export ihrer Ernte-Produkte ermöglichen würde, gibt es nur zu seinen Bedingungen. Also Rücknahme zumindest eines Teils der westlichen Sanktionen.
Dabei hat der Westen bereits Zugeständnisse gemacht. So sollte ein Tochterunternehmen der russischen Landwirtschaftsbank wieder an das internationale Finanzsystem Swift angeschlossen werden. Damit hätte Russland die Zahlungen für die eigenen Getreide-Ausfuhren einfacher erledigen können – trotz der generellen Sanktionskeule infolge der russischen Invasion in die Ukraine. Doch Putin war das zu wenig. Er wollte noch mehr Sanktionen abräumen.
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Die Wahrheit ist: Der Kremlchef treibt ein zynisches Spiel. Russland profitiert von der Getreide-Krise, die Ukraine und die besonders nahrungsmittelbedürftigen armen Länder leiden. Dadurch dass Moskau die ukrainischen Getreide-Exporte durch das Schwarze Meer blockiert, wird das weltweite Angebot radikal verknappt. Die Preise gehen durch die Decke, und Russland streicht dank üppiger Getreide-Ausfuhren satte Gewinne ein. Tarnen, täuschen, Nebelkerzen werfen: Der russische Präsident hat die Instrumente des alten Geheimdienstmannes nicht verlernt.