Florenz. Eike Schmidt war Chef der Uffizien in Florenz. Nun will er Bürgermeister werden. Er verspricht: mehr Sicherheit und weniger Billigtourismus.
Eine Frau eilt auf Eike Schmidt zu. „Können wir ein Foto zusammen machen?“, fragt sie. „Natürlich, nehmen wir doch auch noch Ihre Tochter dazu“, antwortet Schmidt. Sein Italienisch ist perfekt, nur ein deutscher Akzent verrät, dass es nicht seine Muttersprache ist. Der gebürtige Freiburger möchte Bürgermeister der Renaissancestadt Florenz werden – und das mit Unterstützung rechter Parteien.
Dabei hatte Schmidt bislang mit Politik wenig zu tun. Der 56-jährige Kunsthistoriker leitete von 2015 bis 2023 die Uffizien in Florenz – eines der wichtigsten Museen Italiens. Wir treffen ihn bei einem Spaziergang mit Bürgern durch ein Wohnviertel der Stadt. Immer wieder wird Schmidt von Florentinern angehalten, die ihm von den aus ihrer Sicht größten Problemen der Stadt berichten. Viele beklagen die verschlechterte Sicherheitslage – und sie wollen sich mit „il tedesco“, dem Deutschen, fotografieren lassen.
Eike Schmidt: Bürgermeisterkandidat in Florenz mit Unterstützung von Giorgia Meloni
Als unabhängiger Kandidat erhält Schmidt Unterstützung von Italiens rechten Parteien – darunter die postfaschistischen Fratelli d’Italia unter Regierungschefin Giorgia Meloni und die rechtspopulistische Lega von Matteo Salvini, der ein Fan von Donald Trump ist. Auf europäischer Ebene arbeitet Salvini mit der AfD zusammen.
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Schmidt versucht sich zwar von rechter Politik zu distanzieren und sieht sich selbst als „Mann der Mitte“ und Antifaschist, doch die Gründe für die Unterstützung bleiben vage. Die Fratelli d’Italia seien ja auch gar nicht so rechts, meint er. „Meloni hat ihre Partei in den vergangenen zwölf Jahren immer weiter zur Mitte hin geöffnet“, sagt er. „Es sind auch viele ehemalige Christdemokraten Mitglieder, die italienische CDU sozusagen.“
Mit der Lega habe er sich auf gemeinsame Ziele geeinigt. „Sie hatten kein Problem mit meinen Programmvorschlägen“, sagt Schmidt. „Auf kommunalpolitischer Ebene gibt es keine Punkte, die in irgendeiner Weise radikal wären, das haben wir vorher abgesprochen.“ Schmidt betont, dass auf seiner Bürgerliste auch zwei „ehemalige Sozialdemokraten“ stehen.
Schmidts wichtigstes Wahlversprechen: mehr Sicherheit für Florenz
In seiner Zeit als Leiter der Uffizien profilierte er sich als erfolgreicher Manager des Museums, sorgte für Sicherheit und bekämpfte illegale Ticketverkäufer. International erntete er Anerkennung, weil er das Museum – auch inhaltlich – besser aufstellte, keine Innovationen scheute und somit Rekordbesucherzahlen und Rekordeinnahmen erreichte.
Der strukturierte deutsche Manager, der für Recht und Ordnung sorgt: So inszeniert Schmidt sich auch im Wahlkampf. Sein Hauptwahlversprechen: mehr Sicherheit in Florenz. Vor allem der Stadtpark am Fluss Arno, der Parco delle Cascine, sei „zu einem Zentrum des internationalen Drogenhandels geworden. Wir müssen nun die Sicherheit und die öffentliche Ordnung wiederherstellen.“
Urlaub in Italien: Schmidt kritisiert Billigtourismus
Auch die Vielzahl an Touristen in Florenz will der Bürgermeisteranwärter in Angriff nehmen. Schmidt kritisiert den Billigtourismus, der die Stadt belaste und wenig Geld einbringe. „Touristen, die mit Bussen anreisen und ihre eigenen Brötchen mitbringen oder sie an Fensterverkäufen kaufen, setzen sich auf die Stufen von Häusern und Kirchen. Dem muss Einhalt geboten werden“, sagt Schmidt.
Wer durch Florenz spaziert, kennt die zahlreichen kleinen Läden oder Fensterverkäufe, die die typische Schiacciata anbieten – aufgeschnittene Focaccia, üppig belegt mit Wurst, Käse oder Gemüse. Schmidt stört, dass diese Brötchen teilweise 14 Euro kosteten, während Touristen für den gleichen Preis eine Pasta in einem Restaurant genießen könnten. „Aber das wissen die Touristen natürlich nicht“, sagt er. „Wer sein Brötchen über eine Fenstertheke verkauft, der hat eine viel größere Gewinnspanne als jemand, der ein Restaurant führt“, erklärt Schmidt. Es stört ihn sogar so, dass er bereits bestehende Lizenzen dieser Fensterverkäufe reduzieren will, „weil einige Straßenzüge sich auf dieses unterste Qualitätsniveau hinuntergeschraubt haben“.
Doch was sind Schmidts konkrete Maßnahmen gegen die Vielzahl an Touristen? Eintrittsgelder wie in Venedig oder ein komplettes Verbot der Zimmervermietung über Airbnb? Für Letzteres gäbe es derzeit keine rechtliche Grundlage, erklärt er. Stattdessen will er Steuern für Reisebusse erhöhen. Auch will er Urlauber durch gute und kreative Restaurants oder neue Museen stärker aus dem Zentrum in andere Stadtteile von Florenz lenken. „Natürlich kann man die Uffizien nicht verlegen. Aber all diese Museen haben riesige Depots mit Kunstwerken. Das reicht auch noch für mehr Museen in anderen Teilen der Stadt.“ Doch ob diese Ideen letztlich ausreichen, um das an vielen Tagen überlaufene Stadtzentrum zu entlasten, wird sich zeigen müssen.
Ein Deutscher als Bürgermeister? „Er wird hier endlich für Ordnung sorgen“
Der Wahlkampf ist in der heißen Phase. Am 8. und 9. Juni wählen die Florentiner ihren neuen Bürgermeister oder ihre neue Bürgermeisterin. Obwohl Florenz seit Jahrzehnten als linke Hochburg gilt, ist Schmidt ein aussichtsreicher Kandidat. Eine Umfrage noch vor der offiziellen Bekanntgabe seiner Kandidatur zeigte ihn knapp hinter Sara Funaro, die sich Mitte-links positioniert. Sollte Schmidt die Wahl gewinnen, wäre dies ein politisches Beben in Italien.
Schmidt, der mit einer Florentiner Kunsthistorikerin verheiratet ist, betont, dass die Menschen auf der Straße ihn immer wieder gefragt hätten, ob er kandidieren möchte, und er selbst erst so auf die Idee gekommen sei. Warum viele Florentiner ausgerechnet einen Deutschen – mit italienischer Staatsbürgerschaft – unterstützen? „Er ist entschieden und strukturiert“, sagt ein älterer Mann beim Bürgerspaziergang durch Florenz. „Als Bürgermeister wird er hier endlich für Ordnung sorgen und die Touristen dazu bringen, die Stadt zu respektieren.“