Washington. Die im US-Kongress herbeigewürgte Militärhilfe für die Ukraine kommt hoffentlich nicht zu spät. Der Wegbereiter riskiert seinen Job.
Der Winston Churchill zugeschriebene Satz, wonach die USA am Ende eben doch immer das Richtige tun (aber erst, nachdem man alle Alternativen ausgeschöpft hat), erfuhr am Wochenende seine historische Bestätigung.
Nach monatelanger Hängepartie hat der Souverän der Supermacht doch noch die parlamentarischen Weichen für eine existenziell wichtige Last-Minute-Militär-Hilfe der Ukraine gestellt, die vor allem eines verhindern kann: den unmittelbaren Kollaps des vor 26 Monaten von Russlands angegriffenen Landes mangels Munition und Abwehrsystemen.
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Dass das 60-Milliarden-Dollar-Paket beizeiten den Kriegsverlauf auf den Kopf stellen und Kiew in die Pole-Position bringen wird, damit ist nicht zu rechnen.
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Vor der nahenden Frühjahrs-OffensivePutins kann aber russische Überlegenheit bei Mann und Material ansatzweise ausgeglichen werden. Das ist nicht nichts. Ohne den Durchbruch von Washington wäre Wolodymyr Selenskyj vielleicht schon im Herbst gezwungen gewesen, die weiße Fahne zu hissen und sich einem von Moskau diktierten „Frieden“ zu beugen.
Die USA dürfen keine Zeit verplempern
Wer die Verhandlungsposition der Ukraine bei Verhandlungen in unbestimmter Zukunft aber wirklich stärken will, muss viel mehr tun, als nur leere Munitionslager aufzufüllen. Die Schlagkraft, und damit ist die Kraft zur strategischen Abwehr gemeint, der Ukraine muss nachhaltig verstärkt werden.
Zwingend ist daher, dass die USA und ihre europäischen Verbündeten Kiew endlich bei Mittelstreckenraketen vom Typ ATACMS mit höherer Reichweite, den deutschen Taurus-Marschflugkörpern und den Patriot-Abwehrsystemen behutsam, aber nachhaltig unter die Arme greifen. Hier darf keine Zeit verplempert werden.
Die Überwindung der schäbigen Ukraine-Blockade, die drei Dutzend Republikaner unter erst aktivem, später passivem Zusehen Donald Trumps aufgebaut hatten, spricht einerseits für die Selbstheilungskräfte des durch Polarisierung extrem anfällig gewordenen Systems der USA, wenn es darauf ankommt.
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Aber zur Wahrheit gehört auch: Ohne einen radikalen Meinungsumschwung beim Mann an den Schalthebeln – Mike Johnson, Sprecher des Repräsentantenhauses – wäre die Abstimmung voraussichtlich nicht zustande gekommen.
Donald Trump und Wladimir Putin: Die großen Verlierer des Wochenendes
Das Ergebnis beweist, dass mit einer republikanischen Partei auf Dauer kein Staat zu machen ist, in dem der Schwanz fortlaufend mit dem Hund wackelt. Dem zerstörerischen Lager am rechten Rand müssen endlich Grenzen aufgezeigt werden. Die „Grand Old Party” braucht einen Sanktionskatalog für parteischädigendes Verhalten.
Für Europa stellt die Abstimmung von Washington nur eine Atempause dar. Denn die Unsicherheit, die von Amerika ausgeht, bleibt mindestens bis zur Amtseinführung des neuen Präsidenten im Januar 2025. Die kommenden neun Monate dürfen nicht ungenutzt vertan werden. Mehr militärische Verantwortung wagen, würde Willy Brandt sagen.
Zum Schluss noch ein Wort zu den großen Verlierern des Wochenendes. Präsidentschafts-Kandidat Donald Trump war bis vor wenigen Tagen der lebendige Bremsklotz für die Militär-Hilfe. Wladimir Putin und seine kriminellen Meinungs-Hacker fluteten die sozialen Netzwerke in den USA mit Desinformation. Beide haben das Nachsehen. Der Glaube im Kreml, man könne im US-Wahljahr auf eine ermüdete, eher dem Isolationismus zuneigende politische Klasse setzen, war ein Irrtum. Trump ist am Ende eingeknickt. Er hat sich einer unerwartet großen Koalition der Vernunft beugen müssen. Wer hätte das gedacht.