Chongqing. Bundeskanzler Olaf Scholz erreicht die Nachricht vom iranischen Angriff auf Israel im Kanzlerflieger. Seine Reaktion ist eindeutig.
Hinter Olaf Scholz liegen der Jangtse-Fluss und die hypermoderne Hochhausfassade von Chongqing. Der Kanzler hat auf der ersten Station ein Projekt zur Überwachung der Wasserqualität besucht, das vom Freistaat Sachsen gefördert wird. Zuerst einmal müsse er aber zu einer „sehr ernsten Angelegenheit“ kommt, setzt Scholz an. „In den letzten Stunden hat Israel einen furchtbaren Angriff überstehen müssen.“
Scholz und seine Berater hatten im Vorfeld der Reise nach China befürchtet, dass der Iran losschlagen könnte, wenn der Kanzler unterwegs ist. Zwar sprach niemand über Details. Die Zeichen, die auf einen bevorstehenden Angriff hindeuteten, hatten sich zuletzt aber verdichtet. Die Ahnung, dass die Lage in der Region bald eskalieren könnte, reiste also mit, als der Kanzler am Samstag in Berlin in den Airbus A350 der Luftwaffe stieg.
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Irans Angriff auf Israel: Scholz – „Das ist eine schlimme Eskalation der Lage“
Die Nachricht von dem massiven Angriff auf Israel erreichte Scholz schließlich in der Luft, etwa auf der Hälfte der Strecke, fünfeinhalb Stunden vor der Landung in Chongqing. Während des nächtlichen Flugs ließ sich Scholz nach Angaben aus seinem Umfeld laufend über die Entwicklungen im Nahen Osten unterrichten: „Die Delegation stand in engem Kontakt mit den deutschen Sicherheitsbehörden.“
Die Zeit im Flieger nutzten Scholz und seine Berater, um eine Erklärung zu verfassen. Direkt nach der Ankunft verurteilte der Kanzler darin mit „aller Schärfe“ die „schweren Luftangriffe“ auf Israel. Am Ufer des Jangtse fügt Scholz hinzu: „Das ist eine schlimme Eskalation der Lage und das ist in keiner Weise akzeptabel, nachvollziehbar und hinnehmbar.“
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Scholz zeigt sich „beeindruckt“, wie Israel und befreundete Nationen den Angriff abgewehrt haben. Die Bundeswehr ist mit mehreren Missionen in der Region präsent. Die Fregatte „Hessen“ ist etwa im Roten Meer unterwegs, um Schiffe gegen Angriffe der mit dem Iran verbündeten Huthi-Milizen zu schützen. Eine direkte militärische Unterstützung für Israel leistet die Bundeswehr nicht.
Die Eskalation prägt den Auftakt des Kanzlerbesuchs in China. Mit todernster Miene stieg Scholz in Chongqing aus dem Flugzeug. Eine sofortige Rückreise stand nicht zur Debatte. Der Delegation stellten sich aber organisatorische Fragen: Ändert Scholz sein Programm? Wann telefonieren die Staats- und Regierungschefs der G7-Länder miteinander? Mitgereist war ein IT-Spezialist aus dem Kanzleramt, um eine sichere Leitung aufbauen zu können. Bei Besuchen in China ist die Sorge vor Abhöraktionen groß.
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Scholz in China: Krisenschalte angesetzt – Jangtse-Fahrt fällt aus
Scholz absolvierte schließlich wie geplant den Besuch einer Fabrik des deutschen Bosch-Konzerns für Wasserstoffantriebe und einen Stadtspaziergang zum Thema Urbanismus im Ballungsraum Chongqing, wo auf der Fläche Österreichs rund 32 Millionen Menschen leben. Eine Bootsfahrt auf dem Jangtse ließ der Kanzler ausfallen. Beratungen der Bundesregierung und die G7-Krisenschalte wurde für den Abend chinesischer Zeit angesetzt.
Am Dienstag will sich Scholz in Peking mit dem chinesischen Staatschef Xi Jinping treffen. Dann dürfte Scholz sich darum bemühen, dass die chinesische Führung den Angriff des Iran klar verurteilt. Scholz betont: „Wir können nur alle warnen, insbesondere den Iran, so weiterzumachen.“
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